Die Insel der roten Erde Roman
zukünftige Bräutigam ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter machte. »Es muss ja auch einiges vorbereitet werden.«
Lance sah vor seinem geistigen Auge, wie seine Mutter ein großes Fest im Gemeindesaal veranstaltete und die ganze Stadt einlud. Es brach ihm das Herz, wenn er daran dachte, wie tief Olivia dadurch gedemütigt würde.
»Ich möchte keine große Feier, Mutter«, sagte er mürrisch und verbesserte sich dann: » Wir möchten keine große Feier, nicht wahr, Amelia?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie leise. Immerhin schien er sich mit der Situation abgefunden zu haben, wie sie erfreut feststellte. Sie hatte schon befürchtet, er würde aufbegehren.
»Wie ihr wollt«, meinte Edna ein wenig enttäuscht. »Dann werden wir eben nur Samstagnachmittag zu uns zum Tee einladen.«
Ohne ein weiteres Wort drehte Lance sich um und stapfte zu seinem Haus hinüber. Sarah blieb mit hochrotem Kopf zurück.
»Ach ja, Evan«, sagte sie in das betretene Schweigen hinein, »darf ich morgen mit Milo und Jessie an den Strand hinunter, während die anderen in der Schule sind? Wir könnten Muscheln sammeln.« Sie hatte ein paarmal mit den beiden gesprochen, und sie schienen sie zu mögen. Von Sissie wusste sie, dass am nächsten Tag die Schule anfing und alle schon ganz aufgeregt waren. Sarah hatte überlegt, wie sie Lance beweisen könnte, dass sie eine gute Ehefrau und Mutter war, und sich einen Plan zurechtgelegt.
»Sicher, warum nicht«, erwiderte Evan.
»Fein. Dann hole ich sie nach dem Frühstück ab.«
Am Abend genehmigten sich Lance und Gabriel einen wohl verdienten Brandy. Die Ashbys hatten beide zum Essen eingeladen, doch sie hatten unter dem Vorwand abgelehnt, rechtschaffen müde zu sein. Gabriel konnte tun und lassen, was er wollte; ihrem Sohn aber nahm Edna die Absage übel. Amelia würde traurig sein, wenn er nicht herüberkäme. Doch sie würde gewiss verstehen, dass die Männer abgekämpft waren, zumal Lance nicht an schwere körperliche Arbeit gewohnt war.
»Ehrlich gesagt, war ich sehr überrascht, als ich von deiner Verlobung mit Miss Divine hörte«, sagte Gabriel, nachdem sie eine Weile schweigend beisammen gesessen hatten.
»Was meinst du, wie überrascht ich erst bin«, murmelte Lance.
Gabriel warf ihm einen verdutzten Blick zu. »Du scheinst nicht gerade begeistert von der Idee, sie zu heiraten.«
»Natürlich nicht!«, fuhr Lance auf. »Sie behauptet, ich hätte sie verführt. Aber das ist eine glatte Lüge!« Seine Eltern wären entsetzt, wenn sie wüssten, dass er erst Olivia und jetzt Gabriel in die wahren Gründe für die überstürzte Verlobung eingeweiht hatte. Aber es tat ihm unendlich gut, sich jemandem anzuvertrauen – und Gabriel war ein aufrechter, integrer Mann.
Gabriel traute seinen Ohren nicht. »Aber was bezweckt sie damit?«
»Dass ich sie heiraten muss! Sie hat sich von Anfang an eingebildet, ich würde etwas für sie empfinden. Dabei bin ich immer nur freundlich zu ihr gewesen.«
»O je. Das muss hart für dich sein, Lance.« Nach seinen Erfahrungen mit Carlotta wusste Gabriel, wovon er sprach.
»Ich musste Olivia sagen, dass wir uns nicht mehr sehen können. Es hat ihr das Herz gebrochen«, fuhr Lance bedrückt fort. Er griff zur Brandyflasche, schenkte sich ein weiteres Glas randvoll ein und stürzte es in einem Zug hinunter. »Sag mal, warum musstest du Evan eigentlich um Erlaubnis fragen, ob du bei mir wohnen darfst?«
Gabriel hatte diese Frage schon erwartet. »Weil ich ihm vor meiner Abreise gestanden hatte, dass Sarah Jones und ich uns lieben. Ich habe dir nichts davon gesagt, weil ich zuerst mit Evan sprechen wollte. Außerdem hielten wir es für besser, dass möglichst wenige Leute davon wissen. Zuerst hat Evan ziemlich sauer reagiert, aber inzwischen akzeptiert er unsere Beziehung. Er möchte nur, dass wir diskret sind, solange Sarah noch bei ihm arbeitet.«
Noch vor ein paar Tagen hätte Lance ihm vermutlich entgegnet, er sei ein Narr; diese Frau sei zwar eine Schönheit, aber eine Zuchthäuslerin, und er, Gabriel, mache sich zum Gespött, wenn er eine Beziehung mit ihr einging. Doch seit der schmerzlichen Trennung von Olivia sah Lance manche Dinge anders.
»Kümmert euch nicht um die Meinung der Leute. Wichtig ist nur, dass ihr euch liebt. Ich wünsche euch alles Glück der Welt.«
»Danke, Lance.« Gabriel, der eigentlich Vorhaltungen erwartet hatte, zeigte sich gerührt. »Ich wünsche dir, dass die Dinge sich für dich auch noch zum
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