Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
Vom Netzwerk:
Guten wenden.«
    Lance seufzte. Wie war es möglich, dass sein vor kurzem noch so sorgloses Leben eine so dramatische Wendung erfahren hatte? Er füllte ihre Gläser aufs Neue, und sie stießen miteinander an. Beiden war klar, dass nichts von dem, was sie gerade gesprochen hatten, dieses Zimmer verlassen durfte.
     
    Am anderen Morgen holte Sarah wie vereinbart Milo und Jessie ab und spazierte mit ihnen ans Meer hinunter. Der Himmel war bedeckt, aber es war fast windstill. Sarah wusste von Edna, dass Lance wieder zur Arbeit in die Bank gegangen war, weil Evan und Charlton seine Hilfe nicht mehr benötigten: Die restliche Ernte konnten sie auch allein einbringen. In der Nacht hatte es leicht geregnet. Für das feuchte Getreide würden sie keinen so guten Preis mehr erzielen, doch der weitaus größte Teil lagerte zum Glück bereits in der Scheune und war von bester Qualität. Edna vermutete, Lance war vor allem deshalb zur Bank gegangen, weil er sich um Olivia sorgte. Olivia war eine empfindsame junge Frau, und sie war Lance sehr zugetan, wie Edna wusste.
    Als Sarah die Kinder kurz vor Mittag zurückbrachte, war niemand im Haus. Schließlich entdeckte sie Amelia im Stall. Sie stand neben Clyde und streichelte ihn abwesend. Ein eigenartiger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Sarah beschlich ein ungutes Gefühl.
    »Wir sind wieder da!«, rief sie, doch Amelia reagierte nicht. Erst als Milo zu ihr lief und seine Ärmchen um ihre Beine schlang, schreckte sie hoch.
    »Oh! Ihr seid schon zurück. Hat’s Spaß gemacht?«
    Jessie streckte ihr ein Taschentuch voller Muscheln hin. »Musseln«, sagte sie stolz.
    »Muscheln«, verbesserte Amelia lächelnd. »Sind es schöne Muscheln?«
    Jessie nickte ernst.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Sarah. »Sie machen einen … einen so abwesenden Eindruck.«
    Amelia streckte die Hand nach Clyde aus und streichelte ihm übers Fell. »Mir ist plötzlich etwas eingefallen … etwas von früher«, sagte sie und zog die Stirn kraus.
    Sarah schlug das Herz bis zum Hals, und ihr Mund wurde trocken. »Von früher? Was denn?«
    »Ich erinnere mich, dass ich mal ein Pferd hatte. Es hieß Sugar Plum.«
    Sie irrte sich nicht: Sarah entsann sich an einen Eintrag in Amelias Tagebuch. Ihr Vater hatte ihr das Pferd geschenkt. »Tatsächlich?«, stieß sie atemlos hervor. Auf ihrem Spaziergang hatte sie von ihrer gemeinsamen Zukunft mit Lance geträumt. Sollte jetzt, wo die Erfüllung ihrer Träume in greifbare Nähe gerückt war, alles zu Ende sein?
    »Ja. Es war eine Stute. Sie war sehr lebhaft und wieherte immer, wenn sie mich sah. Und sie liebte Möhren und Äpfel über alles. Ich konnte mich sehen, wie ich auf ihr durchs Gelände ritt. Wie kann das sein? Ich meine, wie kann ich ein Pferd besessen haben, wo ich doch eine Dienstmagd war?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Sarah mit zittriger Stimme. Sie hatte das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. »Vielleicht gehörte das Pferd den Leuten, für die Sie gearbeitet haben.«
    »Nein, nein, es war mein eigenes Pferd, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Können Sie sich sonst noch an etwas erinnern?«
    »Nein, aber Dr. Thompson meinte, dass mir nach und nach weitere Kleinigkeiten einfallen könnten. Vielleicht ist das der Anfang, und ich kann mich bald wieder an alles erinnern«, sagte Amelia, plötzlich ganz aufgeregt. Allerdings gab es Dinge, an die sie sich lieber nicht erinnern würde, doch sie würde es nehmen müssen, wie es kam. Sich an Unerfreuliches zu erinnern war immer noch besser, als auf eine Vergangenheit zurückzublicken, die einem gähnenden schwarzen Loch glich.
    Sarah murmelte einen Gruß und ging nach Hause. Sie war wie betäubt und zitterte vor Angst, ihr Plan könnte zunichte gemacht werden. Das durfte nicht geschehen! Das würde sie nicht zulassen – nicht nach allem, was sie durchgemacht hatte!
    Als sie das Haus betrat, rief Charlton sie zu sich in den Salon.
    »Wie war dein Spaziergang?«, erkundigte er sich leutselig.
    »Ach, ganz nett, Onkel«, erwiderte sie zerstreut.
    »Scheint dir aber nicht gut bekommen zu sein«, meinte er, wobei er sie besorgt musterte.
    »Wie meinst du das?«, fragte sie ängstlich.
    »Du bist leichenblass, mein Kind.«
    »Aber mir geht es gut, Onkel. Mach dir keine Sorgen.« Sie deutete auf den Brief, den er in der Hand hielt. »Gibt es Neuigkeiten?«
    »Ja, von Brian Huxwell. Der Ärmste ist nach seiner Rückkehr schwer erkrankt, deshalb wird sich die Abwicklung des Nachlasses hinauszögern. Er

Weitere Kostenlose Bücher