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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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einen Augenblick innehalten. Er sah, dass Sarah über dem Abgrund hing. Amelia hatte ihren Arm gepackt, würde sie aber nicht mehr lange halten, geschweige denn hinaufziehen können; dazu fehlte ihr die Kraft. Verzweifelt klammerte Sarah sich an Amelias Ärmel, doch ihre Hand rutschte ab. »Nein!«, kreischte sie in Todesangst. »Halt mich fest!«
    Augenblicke später war Lance bei ihnen angelangt. Er ließ sich neben Amelia auf die Knie fallen und packte Sarah am anderen Arm. Gemeinsam zogen sie die junge Frau hoch und über den Klippenrand in Sicherheit.
    Von einem Weinkrampf geschüttelt, brach Sarah zusammen.
    »Was hast du dir dabei gedacht?«, schalt Lance, der immer noch nach Atem rang, seine zukünftige Frau. »Um ein Haar wärst du in die Tiefe gestürzt!«
    Sarah, in deren Innerem ein Aufruhr der Gefühle tobte, fand keine Worte. Sie hatte Amelia in die Tiefe stoßen wollen und wäre beinah selbst abgestürzt. Wäre Amelia nicht gewesen …
    Amelia hat mir das Leben gerettet! Der Gedanke traf sie wie ein Keulenschlag. Doch statt Dankbarkeit zu empfinden, war sie außer sich vor Wut, weil ihr Plan fehlgeschlagen war.
    Lance schaute zu der echten Amelia auf. »Wenn Sie nicht so schnell reagiert hätten, Sarah, wäre sie jetzt nicht mehr am Leben«, sagte er beinahe ehrfürchtig.
    »Ich weiß selbst nicht, wie ich es geschafft habe, dass ich sie noch rechtzeitig zu fassen bekam«, antwortete Amelia, der der Schreck noch im Gesicht geschrieben stand. »Aber allein hätte ich sie niemals heraufziehen können. Wenn Sie nicht gekommen wären …« Sie beendete den Satz nicht. »Alles in Ordnung?«, fragte sie Sarah, die leichenblass war.
    Sarah nickte nur. Sie hätte schreien mögen vor ohnmächtigem Zorn. Das Schicksal hatte ihr abermals einen grausamen Streich gespielt.
    »Kommt, gehen wir zurück«, meinte Lance.
     
    Lance berichtete seinen Eltern umgehend von der Heldentat, die Evans Farmhelferin vollbracht hatte. »Sie hat Amelia das Leben gerettet!«
    »Was?« Edna griff sich entsetzt an den Hals, und Charlton stand der Mund offen.
    »Das stimmt nicht ganz«, wehrte Amelia bescheiden ab. »Sie waren es, der sie nach oben gezogen hat.«
    »Was aber nur möglich war, weil Sie sie festgehalten haben«, gab Lance zurück und erzählte seinen Eltern, was passiert war.
    Wunderbar, dachte Sarah sarkastisch. Jetzt ist Amelia auch noch eine Heldin! Wahrscheinlich könnte sie in Pferdemist fallen und würde wie eine Rose duften, wenn sie wieder aufsteht!
    »Was habt ihr denn da oben gemacht, Amelia? Du weißt doch, wie gefährlich das ist«, sagte Edna mit leisem Tadel.
    Als Sarah schwieg, antwortete Amelia: »Ich wollte wissen, wie der Blick von dort oben ist. Aber Sie haben Recht – es war leichtsinnig von uns.«
    Sarah starrte sie an. Jetzt nahm sie sie auch noch in Schutz! Wollte sie sich zur Märtyrerin machen? Dadurch konnte sie ihre Schuld auch nicht sühnen.
    »Mein Gefühl hat mich also nicht getrogen«, meinte Edna. »Ein Glück, dass euch nichts zugestoßen ist. Das ist ein Grund zum Feiern, meint ihr nicht auch? Ich werde Evan und die Kinder für heute Abend einladen. Charlton, sei so gut und sag Gabriel Bescheid! Polly, du und Lance, ihr könntet die Möbel im Salon zur Seite schieben, damit wir Platz zum Tanzen haben!«
    Nachdem Edna jedem gesagt hatte, was zu tun war, begleitete sie Amelia nach Faith Cottage. Evan und die Kinder waren in der Küche. Evan tischte gerade den Eintopf auf.
    »Wo bist du gewesen?«, fuhr er Amelia unwirsch an.
    »Sie hat meinem Mündel das Leben gerettet«, erklärte Edna mit unüberhörbarem Stolz.
    Evan hielt mitten in der Bewegung inne. »Was ist denn passiert?«
    »Amelia wäre fast von der Klippe in die Tiefe gestürzt, aber Miss Jones hat sie in letzter Sekunde halten können.«
    »Zum Glück kam Lance Ashby hinzu und hat sie hochgezogen«, fügte Amelia verlegen hinzu. Sie stand nicht gern im Mittelpunkt.
    »Ich wollte Sie einladen, Evan. Wir geben heute Abend ein kleines Fest aus Dankbarkeit, dass Amelia am Leben ist, und zu Ehren von Miss Jones, die ihr das Leben gerettet hat. Es gibt Musik und Tanz!«
    »Sind wir auch eingeladen?«, fragte Rose eifrig.
    »Rose!«, tadelte Evan.
    »Aber natürlich! Ihr alle seid herzlich willkommen.«
    »Sarah hat uns beigebracht, wie man Walzer tanzt«, fuhr Rose lebhaft fort. »Wir zeigen es Ihnen, wenn wir dürfen.«
    »Ich würde mich freuen«, erwiderte Edna und staunte insgeheim, dass eine Farmhelferin Walzer tanzen konnte.

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