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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Schrank.
    »Sehr gut, Missus«, erwiderte Betty. Sie fand es eigenartig, dass keine Trauer von Sarah ausging. Dennoch spürte sie Kummer und Leid. Das Mädchen hatte kein leichtes Leben gehabt. Besonders die letzten Jahre waren hart gewesen. Wie konnte das sein? Ednas Mündel musste doch ein sorgloses Leben geführt haben.
    »Und die Kinder?«, fragte Edna. »Wie geht es denen?«
    Betty lächelte und zeigte ihre wunderschönen weißen Zähne. »Oh, die werden von Tag zu Tag größer, Missus. Sie wachsen wie verhexte kleine Raupen!«
    »Und John? Charlton hat ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.«
    »Er hat viel zu tun, Missus. Er arbeitet für Percy Kirkbright.«
    »Percy bringt die Ernte ein, und John hilft ihm dabei, nicht wahr?«, meinte Charlton, der soeben hereinkam, schwer mit den Einkäufen beladen. »Der Hafer soll dieses Jahr gut stehen.«
    »O ja.« Betty nickte. »Und wenn Percy Kirkbrights Hafer eingebracht ist, müsste unser Weizen fast reif zum Ernten sein.« Sie redete mit Charlton, doch ihre Blicke folgten Sarah.
    Nachdem Charlton alles hereingebracht hatte, ging er noch einmal hinaus, um das Pferd abzuschirren und auf die Koppel zu bringen.
    Edna bemerkte, dass Betty keinen Blick von ihrem Mündel wandte. Sarah schnitt den Obstkuchen auf, den Polly tags zuvor gebacken hatte. »Was ist denn, Betty? Siehst du etwas, das Amelia betrifft?«
    Sarah drehte sich um und schaute verwirrt von Edna zu Betty.
    »Betty kann Dinge sehen«, erklärte Edna. »Sie steht mit ihren Ahnen in Verbindung und spricht mit ihnen.«
    Sarah riss die Augen auf. »Wie meinst du das?«
    »Sie hat übersinnliche Gaben. Würde sie bei ihrer Sippe leben, wäre sie eine weise Frau, eine Art Mittlerin zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Betty hat Visionen, und sie irrt sich nie. Einmal hatte ich meinen Ehering verloren, und sie hat mir ganz genau gesagt, wo er zu finden ist. Ein anderes Mal sagte sie, unser Gärtner würde uns bestehlen. Und so war es auch. Er hatte einige unserer Gartengeräte und sogar Wäschestücke von der Leine gestohlen. Betty hat es gewusst.« Edna wandte sich ihr zu. »Wahrscheinlich siehst du etwas, das mit dem Schiff zu tun hat, mit dem Amelia gekommen ist. Es ist vor der Küste gekentert und gesunken. Gott sei Dank konnte Amelia sich retten.«
    Betty musterte Sarah stumm und mit prüfendem Blick. Verbindung mit den Ahnen? Das ist doch alles fauler Zauber!, dachte Sarah. Betty konnte unmöglich spüren, geschweige denn wissen, dass sie in die Identität von Amelia Divine geschlüpft war.
    »Siehst du etwas? Hat es mit dem Schiffsunglück zu tun?«, fragte Edna gespannt.
    Sarah wünschte, sie würde die Sache auf sich beruhen lassen.
    »Ja, Missus«, antwortete Betty zögernd. »Ich sehe eine junge Frau …«
    »Wirklich?« Edna war ganz aufgeregt. »Das muss die Zuchthäuslerin sein!«
    Betty hatte aus unerklärlichen Gründen das starke Gefühl, die junge Frau sollte hier bei ihnen sein. Aber wieso?
    Edna schaute Sarah an. »Ich habe dir doch gesagt, dass sie besondere Fähigkeiten hat!«
    »Sie ist in Schwierigkeiten«, sagte Betty unvermittelt.
    »Wer?«, fragte Edna verdutzt.
    »Die junge Frau, Missus.«
    »Sie war in Schwierigkeiten, Betty. Sie war im Gefängnis; jetzt verbüßt sie ihre restliche Haftstrafe auf einer Farm am anderen Ende der Insel.«
    »Etwas stimmt hier nicht, Missus«, sagte Betty langsam. Etwas, das sowohl mit Sarah als auch mit der anderen jungen Frau zu tun hatte – aber das behielt Betty für sich.
    Panik erfasste Sarah. Wurde ihr Betrug jetzt aufgedeckt? Das Herz schlug ihr plötzlich bis zum Hals, und sie bekam feuchte Hände. Sie wollte sich schon entschuldigen und gehen, als Lance ins Zimmer kam.
    »Guten Tag allerseits«, rief er fröhlich, scheinbar ohne Sarahs blasses Gesicht zur Kenntnis zu nehmen.
    »Du kommst aber früh heute«, meinte Edna, als er ihr einen Kuss auf die Wange gab.
    »Eigentlich hätte ich noch eine Besprechung mit Willard Thomas gehabt, aber er hat abgesagt, und da dachte ich mir, ich mache Schluss für heute. Ich habe in letzter Zeit genug Überstunden gemacht.«
    »Du arbeitest zu viel, mein Junge.« Ednas mütterlichem Blick entgingen die Anzeichen der Erschöpfung in seinem Gesicht nicht. »Wir haben dich letzte Woche ja kaum gesehen.«
    Lance blickte betreten drein, doch da hatte Edna sich bereits zu Sarah umgewandt. »Willard Thomas gehört der General Store.«
    »Oh.« Sarah fragte sich nicht zum ersten Mal, ob Lance ihr aus dem

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