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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Weg ging.
    »Weswegen hat er die Besprechung denn abgesagt?«, fragte Edna ihren Sohn.
    »Clare geht es nicht gut, deshalb konnte er nicht aus dem Laden weg.«
    »Ach herrje! Schon wieder! Ich werde morgen mal nach ihr sehen.« An Sarah gewandt fuhr Edna fort: »Clare ist Willards Frau. Sie ist ein liebes Ding, aber sie kränkelt sehr. Ständig hat sie etwas anderes.«
    »Das könnte damit zu tun haben, dass sie gern eine Zigarre pafft, wenn Willard nicht hinsieht«, bemerkte Lance trocken.
    »Da magst du Recht haben«, stimmte Edna ihm schmunzelnd zu. »Diese Dinger stinken fürchterlich! Mir kommen sie jedenfalls nicht ins Haus. Ich verstehe nicht, was Clare daran findet.« Obwohl sich in einer kleinen Stadt kaum etwas geheim halten lässt, wussten nur Clares engste Freunde, dass sie außer Zigarren noch eine zweite Leidenschaft hatte: Sherry. Sobald sie nachmittags den Laden verlassen hatte, schenkte sie sich den ersten ein. Wenn Willard nach Hause kam, fand er unweigerlich ein angebranntes Essen und eine schlafende Frau vor.
    Sarah spürte immer noch Bettys stechenden Blick auf sich ruhen. Um von sich abzulenken, sagte sie zu Lance: »Wir wollten doch abends noch einmal zur Mole hinunter, um die Pinguine zu beobachten.«
    »Stimmt! Wie wär’s mit heute Abend? Hättest du Lust?«
    »O ja, das wäre wunderbar!«
    »Es scheint ein schöner Abend zu werden. Aber zieh dir trotzdem etwas Warmes an. Die Brise, die vom Meer her weht, würde sogar die Hölle gefrieren lassen, so verdammt kalt ist sie.«
    »Lance!«, sagte Edna tadelnd.
    Er verdrehte in gespielter Verzweiflung die Augen. »Jetzt habe ich schon wieder vergessen, dass du aus Hobart Town kommst, Amelia. Du hast ja selbst am Meer gewohnt. Entschuldige.«
    »Macht doch nichts«, erwiderte Sarah mit einem nervösen Seitenblick auf Betty, die sie immer noch ernst und eindringlich musterte.
    Betty hatte das sonderbare Gefühl, dass diese junge Frau an einem Ort gelebt hatte, von wo aus sie das Meer nicht sehen konnte – hinter Mauern, eingesperrt wie ein Tier. Betty sagte nichts, doch sie machte sich große Sorgen um Edna. Warum gaukelte ihr Mündel ihr etwas vor?
    »Ich werde einen kleinen Spaziergang machen«, sagte Sarah unvermittelt und stand auf. »Bis heute Abend, Lance!« Plötzlich hatte sie es eilig. Mit Lance allein zu sein erschien ihr auf einmal nicht mehr so wichtig. Sie meinte ersticken zu müssen und konnte es kaum erwarten, an die frische Luft zu kommen.
    Lance, der ihre Nervosität gespürt hatte, schaute ihr verdutzt nach.
    Edna schenkte Tee ein. »Möchtest du auch eine Tasse, Lance?«
    »Gern, Mutter. Was gibt’s heute Abend zu essen?« Er setzte sich auf den Stuhl, auf dem Sarah gesessen hatte, und nahm sich ein Stück Obstkuchen von der Kuchenplatte auf dem Tisch.
    »Ich glaube, Polly macht eine Hühnerpastete.«
    »Hmmm, Pollys Pasteten sind köstlich!« Ihm lief schon beim bloßen Gedanken daran das Wasser im Mund zusammen. »Leg bitte ein Gedeck für mich auf. Wie geht’s Ihnen denn, Betty?«
    »Gut, Mr Ashby.«
    Sie brachte es nicht über sich, Lance beim Vornamen zu nennen, obwohl er sie schon etliche Male darum gebeten hatte.
    »Betty hatte gerade eine Vision von dieser Zuchthäuslerin, die zusammen mit Amelia das Schiffsunglück überlebt hat«, berichtete Edna.
    »Tatsächlich?« Lance beugte sich gespannt vor. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatte er Bettys Visionen spöttisch belächelt. Seit sie ihm jedoch prophezeit hatte, er werde einen Reitunfall haben, und zwei Tage später sein vermeintlich gesundes zweijähriges Pferd tot unter ihm zusammengebrochen war, dachte er anders darüber. Betty hatte ihm auch vorhergesagt, er werde eine bezaubernde neue Kollegin bekommen. Binnen eines Monats hatte Olivia Horn ihre Stelle in der Bank angetreten. Das war vor einem Jahr gewesen. Seitdem zweifelte Lance nicht mehr an Bettys Gabe.
    »Ja. Sie meinte, die junge Frau sei in Schwierigkeiten, aber ich habe ihr gesagt, dass sie im Gefängnis war. Das würde erklären, weshalb Betty spürt, dass Unannehmlichkeiten von ihr ausgehen.«
    »Die junge Frau ist nicht diejenige, die Ärger macht, Missus«, widersprach Betty energisch. »Sie kommt aus einer anständigen Familie.«
    »Merkwürdig. Ich frage mich, was in ihrem Leben wohl schief gegangen ist«, murmelte Edna nachdenklich.
    »Eines Tages werden Sie es herausfinden, Missus.« Betty erhob sich.
    »Ich?« Edna blickte sie verwundert an. »Wieso ich? Ich glaube nicht, dass ich

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