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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Krieg lag, fand man immer einen Hafen, in dem man ungehindert anlanden konnte. Piraten begründeten ganze Städte wie Port Royal auf Jamaika oder Hopital auf Hispaniola. Sie traten offen auf und rühmten sich ihrer Taten, bis ihr Treiben der internationalen Seefahrt zu bunt wurde.
    Die Reeder begannen, auch Handelsschiffe mit Geschützen auszurüsten, man ächtete endlich die Piraterie. Auf Dauer führte das zur Absetzung der korrupten Gouverneure, die sie unterstützten. Die Anzahl der Häfen, in denen Piraten Asyl fanden, schrumpfte dramatisch. Und wenn sich eine Gelegenheit ergab, dann griff auch mal ein französisches Schiff zugunsten der Spanier ein, egal, wie gespannt sich das Verhältnis zwischen den beiden Nationen sonst zeigte. Zurzeit schienen die aber ohnehin nicht miteinander im Krieg zu liegen – aber vielleicht war es auch nur der Triumph des Sieges, der die Mannschaften und Offiziere der Jeanne d’Arc und der Isabella Santa ausgelassen miteinander feiern ließ.
    Der Kapitän der Jeanne d’Arc stieß überaus freundschaftlich mit dem Ersten Offizier der Isabella Santa auf die erfolgreicheRettung an – und vielleicht wechselte ja auch etwas Gold als Dankeschön den Besitzer. Uneinigkeit zwischen den Spaniern und den Franzosen bestand lediglich darüber, was man nun mit den gefangenen Freibeutern anstellen sollte. Dreiundzwanzig Männer der Mermaid hatten den Schiffsuntergang und die Kämpfe überlebt. Die Franzosen wollten die Piraten nach Port-au-Prince oder Cap-Français bringen, die Spanier nach Santo Domingo.
    »Was wäre denn besser?«, fragte Bonnie bang.
    Sie stand neben dem seit der Gefangennahme stoisch schweigenden Jefe, wie alle anderen mit gefesselten Händen und Füßen. Das Messer hatte man ihr abgenommen.
    Sanchez lachte bitter. »Das kommt drauf an, ob du lieber Froschschenkel oder Paella isst«, spottete er. »Sofern man als Henkersmahlzeit nationale Spezialitäten serviert. Mach dir keine Hoffnungen, Kleiner. Ob Santo Domingo, Cap-Français oder Port-au-Prince – hängen wirst du auf jeden Fall.«
    Die Entscheidung der Sieger fiel schließlich zugunsten der Franzosen, schon deshalb, weil die Freibeuter auf dem Kriegsschiff besser bewacht werden konnten als auf der Fregatte. Die Jeanne d’Arc steuerte zudem ohnehin Cap-Français an, musste ihre Route also nicht ändern. Die Spanier hätten dagegen zurücksegeln müssen, sie waren zeitlich sowieso längst in Verzug. Sie würden froh sein, ihre brisante Fracht endlich im Mutterland loszuwerden.
    »Glaubst du, Dr. Dufresne kommt zu unserer Hinrichtung?«, fragte Bonnie beklommen in Jefes Richtung. Man hatte die Piraten vom Entscheid der Sieger in Kenntnis gesetzt und sie dann in einen stickigen, feuchten Raum unter Deck gesperrt. »Und … die … die Missis …?« Sie dachte an das, was Sanchez ihr über Jefe und Deirdre erzählt hatte. Plötzlich schien es kein großes Gewicht mehr zu haben. Jefe mochte von einem Lebenmit der schönen Weißen geträumt haben, jetzt würde er mit Bonnie zusammen sterben.
    Jefe antwortete nicht, er gab nur einen erstickten, verzweifelten Ton von sich. Seit sich die Piraten auf der Isabella ergeben hatten, schwieg er und starrte wie paralysiert vor sich hin. In seinen Augen spiegelte sich seine ganz persönliche Hölle.
    »Die sind doch … die sind doch öffentlich, diese Hinrichtungen?«
    Captain Seegall nickte. »Ja, ein wahres Volksfest«, bemerkte er grimmig. »Und ich erwarte von jedem von euch, dass er die Würde behält. Sie wollen ein Spektakel, und wir werden es ihnen bieten.«
    Er warf einen Blick auf die Luke, durch die man sie in ihr Verlies geworfen hatte. Davor waren die geretteten Güter von der Mermaid gestapelt, unter anderem die Bordapotheke und die Seekisten des Captains und des Quartiermeisters. Wenn die Richter gnädig waren, würden sie ihnen erlauben, in ihren »Galauniformen« zum Galgen zu schreiten, wie Blackbeard und seine Männer es getan hatten.
    Die Mannschaftsmitglieder nickten. Bonnie fiel auf, dass sie alle ruhig blieben und dass keiner von ihnen Jefe einen Vorwurf machte. Sie hatten etwas gewagt, und sie waren gescheitert – nun würden sie das Schicksal ihrer berühmten Vorgänger teilen.
    Es dauerte gerade mal einen Tag, bis sie Cap-Français erreichten. Bonnie sah gleich nach vertrauten Gesichtern aus, als man sie in Fesseln von Bord, durch das Hafengelände und zur Gendarmerie führte. Sie fühlte sich fast etwas getröstet, das Hafenviertel und die

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