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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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den Tod all seiner Männer angesehen und jedem, der seinen Blick vor dem Weg zum Galgen suchte, noch einmal zugenickt hatte, und die beiden Schwarzen.
    Bonnie, die sich zuletzt in einer Ecke verkrochen hatte, um nichts mehr sehen zu müssen, stand auf. Sie befürchtete, Jefe aufhelfen zu müssen, er machte keine Anstalten, sich allein zu erheben.
    »Gut, Captain, Sie sind dran!«, erklärte der Wächter. »Kommen Sie rauf, dann geht’s gleich runter zur Hölle.« Er lachte.
    »Und … wir?«, fragte Bonnie erstickt.
    »Ach ihr … hat man euch das nicht gesagt?« Der Wächter wirkte verwundert. »Für euch gilt das Urteil nicht. Schwarze Seeräuber werden nicht gehenkt. Die kommen auf den Sklavenmarkt.«
    Bonnie hatte keine Zeit, seine Worte auch nur zu begreifen, als Jefe einen mörderischen Schrei ausstieß. Er sprang auf die Füße, rannte zur Leiter und wäre vielleicht hinaufgestürmt, hätte ihm der Wächter keine Muskete entgegengehalten.
    »Ihr wollt mich nicht mal hängen?«, brüllte er. »Ich bin schuld an all dem, und ihr wollt mich nicht mal hängen?«
    Der Wächter lachte erneut. »Nun überschlag dich mal nicht vor Dankbarkeit«, höhnte er.
    »Aber … aber Black Caesar wurde gehenkt …« Jefe wandte sich Hilfe suchend an Seegall. »In … Virginia …«
    Der Wächter hob die Schultern. »Muss ’ne englische Kolonie sein«, mutmaßte er. »Die Engländer hängen sie, wahrscheinlich haben die Sklaven genug. Hier fehlen jedoch Arbeitskräfte. Also Glückwunsch, Kleiner«, er grinste Bonnie zu, »und Großer. Captain?«
    Seegall erklomm würdevoll die Leiter. Er schenkte den Zurückbleibenden keinen Blick mehr, auch Bonnie fand keine Worte des Abschieds. Sie war zu erschüttert ob ihrer plötzlichen Rettung und Jefes heftiger Reaktion. Der junge Mann schrie, rüttelte an der Leiter und dann an den Gittern nach draußen, während Seegall unter den Galgen trat. Das himmelblaue Seidenjacket des Kapitäns leuchtete in der Sonne, er übergab dem Henker würdevoll seinen Dreispitz und legte sich dann selbst die Schlinge um den Hals. Bonnie wandte sich ab, bevor sein Todeskampf begann, Jefe jedoch sah zu, bis die Menge um den Galgen sich verlief.
    Und dann begann er, haltlos zu weinen.
    Auf dem Marktplatz kämpfte Amali immer noch gegen die Übelkeit an, die sie gleich zu Beginn der Hinrichtungen befallen hatte. Es war inzwischen heiß auf dem Platz, und es stank nach Schweiß, Urin und Exkrementen. Dennoch hatten Amali und Sabina ausgeharrt bis zum Tod des letzten Mannes. Vielleicht hätte ihnen Victor diese Last abgenommen, aber er weilte mit Deirdre auf Nouveau Brissac und wurde erst am nächsten Tag zurückerwartet. Die Hinrichtung der Crew des Piratenschiffes würde dann immer noch Stadtgespräch sein. Deirdre würde davon erfahren und schlaflose Nächte verbringen, bis Victor herausgefunden hätte, ob Bonnie und der große Schwarze unter den Verurteilten gewesen waren. Entschlossen, ihrer Freundin diese Qualen zu ersparen, hatte Amali die Köchin überredet, mit ihr der Hinrichtung beizuwohnen.
    »Na, jetzt du kannst atmen auf«, bemerkte Sabina gelassen, als die Frauen sich endlich auf den Heimweg machten. »Du kannst beruhigen Madame: War nicht seine Schiff.«

KAPITEL 3
    D eirdre Dufresne durchlebte ein Wechselbad der Gefühle, seit Jefe sie verlassen hatte. Es begann mit dem heftigen Schmerz des Verlustes, der dann aber bald in Wut darüber umschlug, dass er nicht mal ein Wort des Abschieds gefunden hatte. Die Wut wich schließlich der Trauer und letztlich nagender Furcht. Sie war sich sicher, dass ihr Caesar sie liebte und nur deshalb zurück auf die Mermaid gegangen war, um reich zu werden und ihr dann ein standesgemäßes Leben bieten zu können. So, wie Deirdre ihn einschätzte, würde er dabei unwägbare Risiken eingehen. Deirdre bebte vor Angst, wenn sie nur daran dachte.
    Tagsüber schaffte sie es meist, sich irgendwie abzulenken, doch nachts lag sie stundenlang wach und stellte sich vor, was ihrem Geliebten bei Stürmen und Seeschlachten, Kaperfahrten und Schenkenprügeleien passieren konnte. Sie war ruhelos und gereizt und ließ es ihre gesamte Umgebung spüren. Amali und sogar Nafia konnten ihr nichts mehr recht machen, sie wechselte im Laufe eines Vormittags dreimal den Speiseplan für eine abendliche Gesellschaft – ihre Ehe mit Victor geriet in eine ernsthafte Krise.
    Paradoxerweise führte gerade die Trennung von ihrem Geliebten dazu, dass sie die Zärtlichkeiten ihres Mannes

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