Die Insel der roten Mangroven
Baby, und Namelok heißt ›wunderschön‹. Aber Mèz nicht erlauben. Weil nicht kann aussprechen diese Name aus Afrika. Er nennen ›Natalie‹.«
Amali begriff jäh. »Leon, Sankau, du weißt, zu welche Stamm gehört sie? Sie kommen aus Afrika, oder?«
Leon nickte. »Sie immer sich nannte Massai. Sie aussehn anders. Schwarz und ganz dünn, sie …«
Amali und Sabina lauschten interessiert, und Bonnie nickte. Sankau hatte offensichtlich zum gleichen Stamm gehört wie Nameloks Mutter. Das Rätsel um Nameloks Herkunft war damit gelöst, man würde ihr später immerhin sagen können, wo in Afrika ihre Wurzeln lagen. Auch wenn sie den Namen ihrer leiblichen Mutter niemals kennen würde.
»Jetzt sie ist meine Kind«, sagte Bonnie entschlossen in Leons Richtung. »Auch wenn wundern sich alle, warum ich haben so eine schöne Kind.«
Leon lächelte sie erneut an. »Warum sich wundern? Du doch auch schöne Mädchen.«
Bonnie blitzte ihn an. »Und du sein eine Lügner!«, sagte sie.
Genau solche verlogenen Komplimente hatte Corrière ihr an diesem Morgen auf dem Sklavenmarkt gemacht. Der Fremde wirkte betreten ob ihrer harschen Worte.
»Ich nicht Lügner«, stellte er richtig, freundlich, aber bestimmt. »Leon mag Menschen. Für mich fast alle Menschen schön, wenn freundlich.« Er wirkte aufrichtig.
Bonnie rannte hinaus – es durfte nicht sein, dass sie schon wieder weinte.
Auf dem Hof zwischen Haus und Sklavenquartier lief sie Victor in die Arme. Der Arzt hatte seine Patienten versorgt und zeigte sich erfreut, Bonnie zu sehen.
»Bonnie, da bist du ja. Ich wollte dich eben suchen. Wasmeinst du, gehen wir hinauf und sagen der Herrin guten Tag? Und Namelok hast du bei dir, das ist gut, dann kannst du sie ihr gleich zeigen.«
Im Stillen hoffte er, dass das Baby eine aufmunternde Wirkung auf Deirdre haben würde. Die kleine Libby hatte sie ja zumindest am Anfang vergöttert. Andererseits mochte es ihre Depression verstärken, wenn nun auch Bonnie ein Baby hatte. Ein angenommenes Kind … Victor dachte in letzter Zeit immer häufiger auch selbst an eine Adoption. Falls er keine Kinder zeugen oder Deirdre keine haben konnte, fand sich vielleicht ein fremdes Kind, dem sie ihre Zeit und ihre Liebe würde geben können.
Deirdre saß vor dem Spiegel in ihrem Ankleidezimmer und fuhr ziellos mit der Bürste durch ihr offenes Haar. Sie hätte Amali rufen sollen, doch mit der hätte sie wieder reden müssen, und dabei war es doch nur lästig, zu plaudern. Viel lieber saß sie hier allein und hing ihren Gedanken nach. Gedanken an eine Bootsfahrt am Strand … an einen Ausritt, bei dem sie ein Regenguss überrascht hatte … an Caesars schwellende Muskeln unter seinem nassen Hemd … Mitunter auch ein bisschen daran, wie schuldig sie sich Victor gegenüber fühlte. Sie sollte sich wirklich bemühen, netter zu ihm zu sein, und manchmal suchte sie in sich nach der tiefen Liebe, die sie noch bis vor wenigen Monaten für ihn empfunden hatte. Inzwischen fühlte sie sich nur noch leer, die Welt um sie schien hinter einem dunklen Schleier zu liegen, und sie hatte keine Kraft mehr, irgendetwas zu spüren.
Als Victor jetzt die Tür öffnete, wandte Deirdre sich verwundert um. Mit ihm hatte sie um diese Zeit nicht gerechnet. Wenn, dann erschien eher Amali, um sie doch noch zu irgendwelchen Aktivitäten zu überreden. Aber die pflegte anzuklopfen.
Deirdre bemühte sich um ein Lächeln für ihren Mann, es erstarb jedoch sofort, als sie Bonnie sah. »Du?«, fragte sie. »Wo …wo kommst du her?« Sie holte tief Luft. Sollten die beiden zurück sein? Hatte Caesar es sich anders überlegt? Deirdre sah Bonnie mit glänzenden Augen an. »Wo … wo ist Caesar?«
Bonnie knickste eingeschüchtert. »Verkauft«, gab sie unglücklich Auskunft. »Wir … wir waren beide auf dem Sklavenmarkt. Und … und Monsieur Victor hat mich gefunden und gekauft, aber …«
Sie erschrak, als das Flackern in Deirdres Augen von Freude über Angst zu Unglauben und dann zu Wut wechselte. Der Blick der jungen Frau irrte von Bonnie zu ihrem Mann.
»Du … du hast was?«, fragte Deirdre tonlos in Victors Richtung, bevor sie ihren Atem wiederfand und ihr Stammeln zu einem Schreien wurde. »Sie waren beide auf dem Markt, aber du hast sie gekauft und ihn dagelassen? Du hast zugelassen, dass sie ihn … dass sie ihn … dass irgendjemand anders ihn bekommt? Ich hasse dich!«
KAPITEL 5
M èz Oublier ritt seit drei Stunden nach Südosten, und er legte
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