Die Insel der roten Mangroven
sich daran zu erinnern, was Deirdre vonihrer Heimatplantage erzählt hatte. Viel war es nicht gewesen. Er hatte nichts von der Sklaverei hören wollen, die sie obendrein verteidigte, und es hatte auch bessere Dinge gegeben, über die man reden oder die man einfach tun konnte. Spitzel waren in Deirdres Berichten sicher nicht vorgekommen. Im Haus der Dufresnes hatten die Diener sich nicht permanent gefürchtet.
Immerhin ließ Oublier den Neuen nun endlich die Ketten abnehmen. Jefe fühlte sich wie befreit, als er neben Pierrot und ein paar anderen Sklaven, die die neuen einweisen sollten, zu den Feldern ging. Oublier beaufsichtigte die Neuen an diesem Tag noch selbst. Wieder ritt er auf seinem Pferd neben ihnen her, seine Peitsche traf sofort jeden, der trödelte.
Das Feld für die Zuckerrohrsetzlinge lag in der prallen Sonne. Auch in den Pausen konnte kein Schatten aufgesucht werden, nach der Rodung war das Gelände baumlos.
»Pausen sowieso nicht viel«, kommentierte Pierrot, als Jefe das anmerkte. »Nur für Mittag. Schnell essen, dann weiter …«
Wie sich herausstellte, war der aufsässige große Schwarze auf einer Zuckerrohrplantage geboren. Die Arbeitsabläufe waren ihm also nicht fremd, auch wenn er in den letzten Jahren einem Kaffeepflanzer gehört hatte. Nun erklärte er Jefe und den anderen Neuen rasch, was von ihnen erwartet wurde.
Abel, der jüngste aus Jefes alter Gruppe und bärenstark, arbeitete wie ein Berserker. In Windeseile schnitt er Setzlinge zu und brachte sie in den Boden, fest entschlossen, sich bei Oublier beliebt zu machen. Allerdings hatte er nicht begriffen, worauf es wirklich ankam. Wie Jefe am Vortag schon angenommen hatte, war der Junge etwas zurückgeblieben, er schien nicht mal zählen zu können. Auf jeden Fall schnitt er in seinem Eifer die Halme zu kurz ab und setzte sie zu tief in die Erde. Die Anweisung, jeder Steckling müsse mindestens drei »Augen« enthalten, knotenartige Verdickungen, aus denen sich später neue Triebe entwickeln sollten, hatte er wohl auch nicht verstanden.
Pierrot fiel das erst gegen Mittag auf – Jefe und er hatten in nicht zu schnellem, aber gleichmäßigem Tempo ihre eigenen Stecklinge in die Erde gebracht. Die beiden würden vielleicht nicht das beste Ergebnis haben, aber am Abend auch nicht zu Tode erschöpft sein.
Jetzt nahm der erfahrene Sklave den Jungen erst mal zur Seite. »Abel, mir tut leid, was du da machen merde ! Musst du setzen alles noch mal. Mach vorsichtig, dass nicht sieht Mèz, sonst strafen …«
Abel würde die Scharte bis zum Abend noch auswetzen können, nur den Wettbewerb konnte er nicht mehr gewinnen. Das zumindest schien der Junge gleich zu begreifen. Er schmollte.
»Ich machen gut!«, erklärte er. »Ich machen, wie gezeigt Vorarbeiter. Du nur neidisch, weil ich schneller …«
Pierrot fasste sich an den Kopf. »Nein, Abel. Ich dein Freund. Nur nicht früher gesehen. Aber wissen, dass du machen falsch …«
Er setzte zu einer erneuten Erklärung an, doch Abel war schon aus der Hocke, in der die Männer arbeiteten, auf die Füße gesprungen und hastete nun zu Mèz Oublier. »Mèz, der da mir sagen, ich machen verkehrt. Ich so viel Zucker gepflanzt. Kommen, gucken!«
Pierrot verdrehte die Augen in Jefes Richtung, als der Aufseher nun tatsächlich Abels Arbeit inspizierte. Wie erwartet reagierte er mit einem Wutanfall.
»Kannst du denn nicht aufpassen, du dummes schwarzes Stück Dreck? Was hab ich mir da andrehen lassen? Dem Corrière werde ich was anderes erzählen! Die Hälfte renitent, die andere Hälfte dümmer als ein Grashalm!«
Seine Peitsche sauste auf Abels nackten Rücken nieder. Der Junge stöhnte auf – und begann zu klagen.
»Aber … aber Mèz, ich doch wollte nur machen richtig. Ich fragen, ich …«
»Und wer ist der Nigger, der dir den ganzen Morgen dabei zugeguckt hat, wie du Scheiße gebaut hast?« Oublier ließ die Blicke drohend über die Männer schweifen.
Abel zeigte zitternd auf Pierrot.
Der seufzte. »Mich erinnern du, Jefe, dass nicht mehr tun gute Werke …«, stieß er zwischen den Zähnen hervor, als Oublier nach drei Peitschenschlägen von ihm abließ.
Abel hatte fünf bezogen und machte sich nun heulend, mit gebeugtem und blutigem Rücken an die Korrektur seiner morgendlichen Arbeit.
»Das hättest du auch ohne Prügel haben können«, raunte Jefe ihm zu. »Lass es dir eine Lehre sein. Du bist schwarz, Junge! Wir sind deine Freunde, nicht der Mèz!«
Einer der älteren
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