Die Insel der roten Mangroven
Cap-Français zurückkehrten.
»Sie langweilt sich hier doch so ohne weibliche Gesellschaft. Gerade jetzt, da das Kind bald kommt …«
Das Kind wurde erst in zwei Monaten erwartet, und am liebsten hätte Deirdre sich gleich so lange bei den Dufresnes auf Roche aux Brumes eingerichtet. Das war jedoch ausgeschlossen. Nora schaute schon argwöhnisch, als Deirdre und Victor sich auf eine Woche einigten.
»Was findest du denn plötzlich an dieser dummen Person?«, fragte Nora bei der Verabschiedung unverblümt. »In ein paar Wochen fahren wir wieder nach Hause, dann sehen wir uns erneut jahrelang nicht.«
Deirdre biss sich auf die Lippen. »Na ja, ich … ich war nicht sehr höflich zu Yvette in der letzten Zeit, ich sollte wirklich … Sie ist so dankbar, weißt du, und sie ist ja auch irgendwie Teil meiner Familie und …«
Nora seufzte. »Na schön, dann leiste der jungen Lady noch ein wenig Gesellschaft. Vielleicht hast du ja auch schon genug vom Elternbesuch.«
Deirdre genoss die Woche mit ihrem Caesar mit allen Sinnen. Selbstverständlich war es nicht so einfach, ihn zu treffen, wie im Stadthaus in Cap-Français. Die Liebenden spielten nicht mehr mit Deirdres Ehe und Victors Ehre, sie spielten mit dem Leben des Sklaven Caesar. Pierrot machte ihnen das eindringlich klar, als Deirdre sich in der ersten Nacht ins Sklavenquartier schlich, um Jefe zu überraschen.
»Madame, wenn man Sie erwischen, dann sie uns peitschen alle aus – und Caesar sie bringen um. Ich nicht weiß, was sagt Gesetz zu Neger, die weiße Frau schänden …«
»Ich schände sie doch nicht, ich …« Jefe wollte etwas einwenden, aber Pierrot gebot ihm zu schweigen. »Das ganz anders sehen Oublier! Und der Mèz und der Doktor! Oublier dir geben siebzig Peitschenhiebe oder hundert. Und dann du tot. Unfall, schade, großes Bedauern von alle … Und Sie, Madame, wird man lassen sehen zu. Also wegbleiben hier und nicht machen nix in Hütte von Pierrot und Abel und David!«
Jefe und Deirdre fielen schließlich zwischen Küche und Latrinen übereinander her – der reine Irrsinn, jeder, der zum Abtritt ging, hätte sie sehen können. Allerdings hatten sie Glück, es regnete wieder mal in Strömen. Deirdre und Jefe merkten das kaum, sie wälzten sich so leidenschaftlich im Schlamm wie früher im warmen Sand.
In den nächsten Nächten schlich Jefe an den Aufseherhäusern vorbei und traf Deirdre im Garten des Herrenhauses, woihnen immerhin ein Pavillon Schutz vor dem Wetter bot. Und einmal zog sie ihn entschlossen mit ins Haus und liebte ihn auf den seidenen Laken ihrer Gastgeber. Ein Wahnsinn … ein Spiel mit dem Feuer.
Pierrot sorgte sich von Tag zu Tag mehr um Jefe, der jede Nacht fortlief und am Tag immer öfter bei der Arbeit einschlief. Er deckte ihn, wo er konnte, sah jedoch, dass Jefes inneres Glühen den Freund ebenso aufzehrte wie dessen vornehme Geliebte. Beide konnten nicht genug voneinander bekommen. Deirdre kam selbst tagsüber mit ihrem Pferd auf den Bauplatz und beobachtete Jefe. Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis das auch den Aufsehern auffiel.
Jefes Freund atmete auf, als der große Schwarze am Samstag vor Sonnenaufgang zurückkehrte und missmutig berichtete, dies sei das letzte Treffen mit Deirdre gewesen. Die junge Frau würde an diesem Tag nach Nouveau Brissac und am Montag mit ihren Eltern und ihrem Mann nach Cap-Français zurückkehren. Bis zum Weihnachtsfest waren es noch viele Wochen.
»Aber am Sonntag gehe ich nach Nouveau Brissac«, verkündete Jefe. »Irgendwie schaffe ich es schon, sie da zu treffen …«
Pierrot griff sich an die Stirn. »Das verboten, du weißt – und Aufseher reiten Patrouille.«
Nach wie vor setzten die Pflanzer das Versammlungsverbot von Sklaven unterschiedlicher Plantagen mit aller Härte durch, auch Gérôme und Jacques Dufresne hielten ihre Leute strikt getrennt. Jefe wollte von den Risiken natürlich nichts hören, er brach gleich nach dem Sonntagsgottesdienst auf.
Pierrot richtete bei dieser Messe zum ersten Mal ein ehrliches Gebet an den Gott der Papisten: Er sollte Caesar und Deirdre bitte auch noch diesen letzten Tag ungefährdet überstehen lassen.
Deirdre wunderte sich kein bisschen darüber, dass ihre Eltern Amali mitbrachten, als sie an diesem Wochenende erneut nach Nouveau Brissac kamen. Die Zofe hatte natürlich Verdacht geschöpft, sie besaß einen siebten Sinn, wenn es um die Befindlichkeiten ihrer Freundin ging.
»Amali weiß etwas!«, sagte Nora
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