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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Vater. Bonnie mochte zwar nach wie vor überhaupt nicht darüber nachdenken, irgendwann jemand anderen zu heiraten als Jefe, Leon nahm sich jedoch Zeit, ihr näherzukommen. Er pflückte Blumen für sie und kaufte kleine Leckereien, die er dann im Garten mit Bonnie und Namelok teilte.Immer wieder brachte er ihr billigen Schmuck aus den Läden im Hafenviertel mit, wenn er dort zu tun hatte, und bewunderte sie, wenn sie die Ketten, Armreife und Ohrringe trug. Leon schien glücklich, wenn sie bei ihm saß und lauschte, während er die Trommel schlug und dazu sang. Er hatte eine schöne, melodische Stimme und kannte Lieder aus Afrika, obwohl er auf Nouveau Brissac geboren war und seinen Heimatkontinent nie betreten hatte.
    »Neger auf Plantage mir haben beigebracht!«, erklärte er. »Uh, war schwer lernen Worte! Aber macht Leute glücklich, wenn singen von zu Hause … Kann ich singen von dein Zuhause auch! Kennst du Lieder aus Grand Cayman?«
    Bonnie schüttelte zu dieser Frage beim ersten Mal einfach den Kopf, aber irgendwann erzählte sie auch ein wenig von ihrer freudlosen Kindheit und Jugend. Sie öffnete sich dem geduldigen Zuhörer Leon, fasste mehr und mehr Zutrauen und begann, seine Zuneigung zu erwidern.
    Und nun, so befürchtete Victor, mochte sie diese zarte, knospende Beziehung vielleicht aufgeben, um Caesar in eine ungewisse Zukunft zu folgen. Dem jungen Arzt brach schon der Gedanke fast das Herz. Sein Schützling hatte sich in den letzten Monaten derart gut entwickelt. Bonnie hatte zugenommen und schien sogar noch etwas gewachsen zu sein. Sie war in allem gelassener und sicherer geworden. Vor Kurzem hatte Victor sie dazu angestellt, seine Patienten zu empfangen und ihm während der Sprechstunde zu helfen. Die junge Frau sprach inzwischen gut Französisch, konnte fließend lesen und machte sich überall nützlich. Alle im Stadthaus der Dufresnes würden sie vermissen, wenn sie wirklich davonliefe. Und was es für die kleine Namelok bedeuten würde, nicht im sicheren Cap-Français, sondern irgendwo in einem Rebellendorf aufzuwachsen, mochte sich Victor gar nicht vorstellen.
    Nichtsdestotrotz rief er die junge Frau zu sich, als die Familie einen Tag nach der Taufe nach Cap-Français zurückkehrte. Sie lauschte angespannt, die großen schwarzen Augen weit aufgerissen, als er ihr von Jefes Aufenthalt auf der Plantage seines Bruders und seiner Flucht berichtete.
    »Ich schwöre dir, ich hab es nicht gewusst, Bonnie«, versicherte der Arzt. »Und Deirdre auch nicht. Die wäre ja sonst die Erste gewesen, die mich gebeten hätte, ihn zurückzukaufen.«
    Bonnie senkte den Kopf, als er Deirdre erwähnte. Es tat immer noch weh, sich daran zu erinnern, dass Jefe sie geliebt hatte. So sehr, dass er sogar die Mermaid für sie geopfert hatte.
    »Wo ist er denn wohl jetzt?«, fragte sie schließlich, als Victor seinen Bericht beendet hatte. »Irgendwo … auf einem Schiff?«
    Auch dieser Gedanke tat weh. Sie hätte erwartet, dass Jefe sie suchte, bevor er wieder in See stach. Aber andererseits wusste er ja ebenso wenig davon, dass sie bei den Dufresnes war, wie sie von seinem Verkauf nach Roche aux Brumes geahnt hatte. Es sei denn, Deirdre hätte ihm von ihr erzählt. Bonnie glaubte keinen Herzschlag lang daran, dass Deirdre nichts von Jefe gewusst hatte! Im Gegenteil, ein Wiederaufflackern dieser Liebe erklärte alles: Deirdres plötzlichen Wunsch, mehrere Tage auf Roche aux Brumes zu verbringen, Amalis Ärger und Unruhe … Nein, da war wieder etwas vorgefallen, und erst Jefes Flucht ohne Deirdre hatte die Affäre beendet. Ob er dabei auch nur einen Gedanken an sie, Bonnie, verschwendet hatte? Ob er auch nur versucht hatte, sie zu finden?
    »Sicher nicht auf einem Schiff, Bonnie«, antwortete Victor auf ihre Frage. »Im Hafen hätten sie ihn gefasst. Da wird streng kontrolliert. Und er hat diesen Aufseher getötet, wird also obendrein noch als Mörder gesucht. Nein, viel wahrscheinlicher ist eine Flucht in die Berge, zu diesem Macandal.«
    »Um zu kämpfen«, murmelte Bonnie.
    Sie verspürte einen Anflug von schlechtem Gewissen. Vielleicht sollte sie Jefe helfen, vielleicht sollte sie auch in die Berge … Aber wenn Macandal diesen Kampf gewann, würde Jefe zurückkommen und Deirdre holen. Und Bonnie würde nichts mehr haben außer ihrer Freiheit. Keine Arbeit, keine Familie, keinen … keinen Leon … Sie biss sich auf die Lippen.
    Victor rieb sich die Schläfe. Er wusste nicht, ob er es ansprechen sollte, aber

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