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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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in die Grotte, während die anderen draußen tanzten.
    Jefe teilte sich eine Flasche mit Michel. »Nun wird ernst«, tat der junge Maroon mit den langen Locken kund. »Wo wird anfangen mit Mord an Heilige Abend Macandal? Muss sein große Pflanzung, wichtige Pflanzung.«
    Jefe nickte und blickte ihn grimmig, aber auch mit einem Ausdruck unbändigen Triumphes an. Es war unter anderem ihm zu verdanken, dass die Wahl auf diese Plantage gefallen war.
    »Auf Nouveau Brissac«, antwortete er, »bei den Dufresnes.«
    In den Wochen vor Weihnachten entfaltete sich im Lager der Rebellen hektische Aktivität. Die Frauen arbeiteten fast rund um die Uhr an der Erstellung der Giftpakete. Sie zogen in Gruppen in die Wälder, um nach Macandals Angaben die nötigen Blüten, Flechten und Pilzgewächse dafür zu finden, trockneten sie sorgfältig und zerstampften sie zu Pulver. Macandal kontrollierte ihre Arbeit und setzte sich mit seinen Hauptleuten zusammen, um die einzelnen Angriffspläne zu erarbeiten. Am 25. Dezember sollte dann seine Armee zuschlagen. Während die Pflanzer auf ihren Plantagen starben, würden Macandals Soldaten die Gendarmerien in den Städten und die Kasernen des Militärs angreifen. Der Plan war, Ämter, Stützpunkte und Gefängnisse zu übernehmen und damit das gesamte Gemeinwesen Saint-Domingues zu kontrollieren. Das musste natürlich generalstabsmäßig organisiert werden. Jefe, einer der wenigen, die lesen und schreiben konnten, schrieb und zeichnete sich daran die Finger wund.
    Eines Abends sprach Macandal dann zu den Sklaven, die teilweise von weit entfernten Plantagen eintrafen, um die Giftpakete in Empfang zu nehmen. Sie gingen dazu beträchtliche Risiken ein – viele Hauptleute Macandals hatten sich dagegen ausgesprochen, sie überhaupt einzuladen. Es wäre sehr viel weniger gefährlich gewesen, die Pakete durch Boten der Maroons oder die immer noch allgegenwärtigen pacotilleurs verteilen zu lassen. Etliche Gebiete der Insel erreichte man tatsächlich nur durch sie, schließlich lagen mehrere Tagesmärsche zwischen den Pflanzungen bei Port-au-Prince und dem Lager des Geistes. Macandal wollte allerdings so viele seiner Anhänger wie möglich persönlich erreichen, er selbst wollte sie für seine Sache entflammen.
    »Wenn nur einer gefasst wird, kann er den ganzen Plan verraten«, gab dagegen Jefe zu bedenken. »Und auch du, Macandal … Es ist gefährlich, wenn du dich nach Nouveau Brissac begibst. Warum bleibst du nicht hier, lässt uns das machen, und trittst erst in Erscheinung, wenn das Land in unseren Händen ist?«
    Es war ausgemacht, die Giftpakete für die Umgebung von Cap-Français in dem Schuppen zwischen Nouveau Brissacund Roche aux Brumes, in dem Jefe Macandal zum ersten Mal gehört hatte, zu verteilen, und Macandal war entschlossen, dort am Nachmittag des Heiligen Abends noch einmal zu den örtlichen Köpfen der Bewegung zu sprechen. Danach wollte er sich mit seinem gesamten Gefolge auf der Plantage der Dufresnes einschleichen und mit den Schwarzen feiern, während die Haussklaven dem Hausherrn und den Besuchern des Weihnachtsballes das Gift verabreichten. Jefe hielt das, ebenso wie viele andere Hauptleute, für ein unnötiges Risiko.
    Macandal aber lachte nur. »Mich kriegen sie nicht, Junge! Ich bin unsterblich, vergiss das nicht! Ich muss dabei sein, um den Leuten Mut zu machen. Sie müssen wissen, dass ich da bin, dass ich sie schütze, dass mein Licht auf sie fällt! Wir werden uns nicht mehr verstecken! Wir werden unseren Göttern opfern, während sie die Geburt ihres Christus feiern. Wir werden tanzen und singen und …«
    Macandals Rede vor den ausgesuchten Sklaven sollte während der Christmessen auf den Plantagen stattfinden. Letztere hielt man aus praktischen Gründen am Nachmittag ab, sodass danach die Bälle stattfinden und die Sklaven entweder bedienen oder ihrerseits feiern konnten. Zu Weihnachten hatten es die Feldsklaven besser als die Hausdiener. Für sie begann das Schlemmen schon am Heiligen Abend, während die Haussklaven den Weißen noch aufwarten mussten. Das Fehlen einiger weniger Schwarzer bei den Messen würde nicht bemerkt werden, Vertreter aller umliegenden Pflanzungen konnten in den Schuppen zwischen Nouveau Brissac und Roche aux Brumes kommen. Und wie es aussah, plante Macandal ja auch für sie eine religiöse Zeremonie. Er sprach von Opferungen, Tanz und Geisterbeschwörung.
    »Wer von uns soll denn mitkommen?«, fragte Jefe resigniert.
    Er hatte den Ort

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