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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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sagte Simaloi leise. »Da ich lieber habe es verschenkt.«
    Mehr war nicht aus ihr herauszubekommen. Jefe mochte das Thema nicht weiter verfolgen, da es Simaloi traurig machte. Sie weinte nie – anscheinend war es bei ihrem Stamm verpönt, Schmerzen und Gefühle zu zeigen –, aber er merkte, wie nahe ihr der Verlust ihrer Tochter ging.
    Jefe ließ sie also lieber von ihrem Leben bei den Massai erzählen, ihren Wanderungen und ihren Rindern, obwohl ihre spätere Geschichte für ihn natürlich aufschlussreicher war. Die Anzahl der Männer, die sie missbraucht hatten, seit sie aus ihrem alten Leben gerissen worden war, erklärte jedenfalls ihre Zurückhaltung, was körperliche Berührung anging. Sie erlaubte Jefe, sich in oder vor ihrer Hütte neben sie zu setzen, bewirtete ihn und schien sich über seine Besuche zu freuen. Aber sie wich zurück, sobald er etwas näher an sie heranrücken oder gar ihre Hand nehmen wollte.
    Nur dem Verlangen Macandals ergab sie sich – und zog den Zorn all seiner anderen Geliebten auf sich, als sie zu seiner Lieblingsfrau avancierte.
    Macandal brachte Simaloi niemals zur Sprache, wenn er mit Jefe Überfälle plante und Strategien diskutierte. Er zog den jungen Mann jetzt bei jeder Beratung mit seinen Hauptleuten hinzu, und Jefe war außerordentlich stolz, zum engeren Kreis um den Schwarzen Messias zu gehören. Bei den Besprechungen ging esausgesprochen sachlich zu. Macandal verzichtete auf jegliches Pathos und erwartete von seinen Männern die Vermeidung von Rangstreitigkeiten und Profilierungskämpfen. Frauen wurden nie erwähnt, eine Auseinandersetzung um eine Frau hätte der Rebellenführer zweifellos als unwürdig empfunden. Und ein Caesar als Rivale eines Macandal … der Schwarze Messias ließ nicht zu, dass dies auch nur für irgendjemanden denkbar wurde. Er ignorierte die sich anbahnende Beziehung zwischen seiner Geliebten und seinem Leutnant und erwartete, dass die anderen Männer im Lager das auch taten.
    Macandal zeigte Jefe jedoch sehr wohl, wem die Massai-Frau wirklich gehörte. Seit der junge Leutnant ihr die ersten Rinder gebracht hatte, erwählte der Rebellenführer Simaloi nahezu jede Nacht. Meist wanderte sein Blick kurz gelassen in Jefes Richtung, wenn sie willig seine Hand nahm, aufstand und ihm in die Grotte folgte. Die Botschaft war klar: Er , der Geist, brauchte die Frau nicht zu umwerben. Sie war da, und sie war sein.
    Jefe brachte das in Rage. »Bei mir zuckt sie schon zurück, wenn ich nur ihre Finger streife«, beklagte er sich bei Michel, der immer mehr zu einem Freund wurde, »dabei gebe ich mir wirklich Mühe. Diese Rindviecher gestern …«
    Jefe und seine Männer hatten eine weitere Plantage überfallen, und so reibungslos die Plünderung auch abgelaufen waren – die drei Milchkühe der Pflanzung hatten sich als störrische Biester erwiesen, die nicht aus ihrem Stall wollten. Sie hielten Jefe während des ganzen Weges zurück ins Lager in Atem.
    Michel lachte. » Er Geist. Alle Rinder gehören Simaloi, alle Frauen Macandal. Sie nicht dankbar, er nicht fragen.«
    Jefe bemühte sich trotzdem weiter, doch dann verlor die seltsame Rivalität des Rebellenführers und seines Leutnants um die Frau aus dem Volk der Massai plötzlich an Wichtigkeit. Einen Monat vor Weihnachten verkündete der Geist seinem Volk seinen Plan.
    »Ich habe beschlossen, an ihrem größten Feiertag zuzuschlagen – wir werden den Tag nutzen, an dem sie uns die meisten Freiheiten lassen, den Tag, an dem schon einmal ein Messias vom Himmel gesandt wurde, um die Leidenden zu erretten! In den nächsten Wochen werden wir Giftpakete ausgeben – an die Sklaven auf Hunderten, vielleicht Tausenden von Plantagen. Ich selbst werde an dem Abend, den sie heilig nennen, auf einer der größten Plantagen sein, um mit der Ausrottung der Weißen zu beginnen. Und am nächsten Tag, dem Fest der Geburt des Herrn, wird unser neues Hispaniola geboren werden! Aus den Schreien und aus dem Blut der Sklaventreiber!«
    Wie zur Bekräftigung der Rede ergoss sich das Blut der Opfertiere in Macandals Kessel. Es war bereits dunkel, die Geister waren angerufen worden, und sie materialisierten sich dieses Mal wirklich in ein paar Männern und Frauen, die über Macandals Ankündigung in Verzückung gerieten. Zur Feier des Tages kreisten Kalebassen mit Schnaps – die Maroons gerieten in Hochstimmung, und die Frauen des Geistes ließen sich an diesem Tag nicht abweisen. Gleich drei folgten Macandal und Simaloi

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