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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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jedoch einen seltsamen, weichen Akzent.
    »Kannst du aufhören zu schreien, Kleines? Wie heißt du denn?«
    Nafias lautes Weinen wurde zu einem Schluchzen. »Nafia«, stieß sie hervor. »Und es tut so weh! Und das Glas ist kaputt … und …«
    »Nafia ist aber ein schöner Name«, sagte der Arzt und legte die Verbrühungen des Mädchens mit geschickten Händen frei, indem er sein vom heißen Wasser durchnässtes Kleidchen aufknöpfte und hinunterschob. »Wo kommt denn der her? Habe ich noch nie gehört …«
    »Aus Afrika«, gab Nafia jetzt ruhiger Auskunft. »Meine Mommy kommt aus Afrika und hat mich so genannt wie ihre Mommy.« Sie schniefte.
    Der Arzt schien über die Antwort verwundert und blickte kurz auf, wobei er den Blick von Nora oder einer anderen zu Cascarilla Gardens gehörenden Weißen, suchte. Nur wenige Pflanzer erlaubten ihren Sklaven, ihren Kindern selbst Namen zu geben, und erst recht keine afrikanischen, die bei den meisten Weißen als unaussprechlich galten. Im Allgemeinen erhielten Sklavenkinder einfache, englische Namen wie Toby oder Mandy.
    Deirdre, die Nafia immer noch im Arm hielt, nickte jedoch bestätigend – und Victor Dufresne sah erstmalig in ihre faszinierend grünen Augen. Er brauchte ein paar Herzschläge zu lange, um sich wieder von ihnen loszureißen. Doch dann räusperte er sich und wandte sich erneut an seine Patientin.
    »Ein sehr schöner Name, Kleines, für ein sehr schönes und tapferes Mädchen, das jetzt auch gar nicht mehr weinen muss. Ich weiß, es tut noch weh, aber die Verbrennung ist nicht schlimm. Wir geben da gleich eine kühlende Essenz drauf, dann wird es schnell besser. In ein paar Tagen ist es wieder heil, und eine Narbe bleibt auch nicht …«
    Der Arzt hob den Blick zu Deirdre, um ihr weitere Erklärungen zu geben, jetzt jedoch schaltete sich erst mal Nora ein.
    »Herr Doktor, könnten Sie hier vielleicht auch mal draufsehen?«, fragte sie und wies auf Lady Warringtons Hand. »Sie scheint furchtbare Schmerzen zu haben, doch ich kann gar nichts erkennen …«
    »Und der Arzt behandelt ein Niggerbalg, statt sich zu kümmern! Man glaubt es nicht …«
    Nora hörte nicht, von welchem ihrer um sie herumstehenden Gäste der Einwurf kam, aber sie wollte es auch gar nicht wissen. Den Arzt schien es nicht zu interessieren. Er nahm den Blick bedauernd von Deirdres schönem Gesicht und ihren schwarzen Locken, begutachtete Lady Warringtons Hand kurz und schüttelte dann den Kopf.
    »Da ist auch nichts. Eine kleine Rötung vielleicht, das ist bei diesem Licht schlecht zu sehen. Hauptsächlich ist es wohl der Schock … Sie sollten Mrs. …«
    »Lady!«, verbesserte Lady Lucille ungehalten. Sobald der Arzt ihr seine Aufmerksamkeit zuwandte, hörte sie auf zu schreien.
    »Lady Lucille Warrington«, stellte Nora resigniert vor.
    »Sie sollten Lady Warrington …«, der junge Arzt verbeugte sich höflich, bevor er weitersprach, »… ein großes Glas Rumpunsch bringen lassen. Sie dürfte sich beruhigen, sobald das innere Brennen das äußere ablöst …«
    Nora unterdrückte ein Lächeln. Dann wandte sie sich an ihre Gäste – und die besorgte Dienerschaft, die sich hinter den Weißen eingefunden hatte und ängstlich auf das verletzte kleine Mädchen blickte.
    »Sie hören es, Ladys und Gentlemen, ein kleiner Unfall, aber es ist nichts Ernstes geschehen. Maddie, Kesha … ihr habt den Doktor gehört. Adwea möchte einen großen Krug von ihrem wunderbaren Rumpunsch bringen lassen. Greifen Sie ruhig alle zu, meine Damen! Unsere Köchin macht den Punsch mit Fruchtsäften und Zucker – herrlich erfrischend und nicht zu stark …«
    Damit überließ sie Lady Warrington anderen Tröstern, diesich auch direkt um sie drängten. Deirdre und der junge Arzt halfen Nafia inzwischen auf die Beine.
    Nora nickte dem Mediziner zu. »Kommen Sie, Doktor … also, wenn ich Sie noch weiter beanspruchen darf. Wir haben im Küchenhaus eine recht umfangreiche Notfallapotheke. Wenn Sie der Kleinen einen Verband machen wollen …«
    Nora hätte das auch selbst gekonnt, war jedoch stets begierig, eine fachkundige Meinung zu einem Krankheitsbild zu hören. Ihr eigenes medizinisches Wissen stammte von einem Arzt, der mehr als zwanzig Jahre zuvor in den Slums von London praktiziert hatte, und von jamaikanischen und afrikanischen Kräuterfrauen.
    Der Arzt nickte. »Gern. Wenn ich mich aber erst einmal vorstellen darf: Victor Dufresne … kein Lord leider, auch wenn ich da wohl der

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