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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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verstockt und hilflos zu Boden geschaut, aber jetzt griff Jefe unter ihr Kinn und hielt Sanchez ihr zerschlagenes Gesicht entgegen. Ihr rechtes Auge war von Daytons letzten Schlägen schon wieder halb zugeschwollen.
    »Also ein kleiner, aufrührerischer Nigger«, bemerkte Sanchez, während er Bonnie von Kopf bis Fuß musterte, »der schnell mit dem Messer bei der Hand ist …« Er schnaubte und wandte sich dann an die beiden anderen, am Strand verbliebenen Männer. »Warum, meint ihr, Leute, sollten wir den mitnehmen?«
    Bonnie sank der Mut. Wie es aussah, würde sie an einem Galgen in Grand Cayman enden. Warum war sie auch so dumm gewesen? Sie hätte sagen können, das Blut stamme von einer ihrer Verletzungen, auch wenn sie im Gesicht zurzeit keine blutenden Wunden aufwies. Doch dann blickte sie in das grinsende Gesicht eines der Männer hinter Sanchez.
    »Weil er vielleicht genau das ist, was wir brauchen?«, fragte der Mann, ein Weißer. Er grinste.
    »Und weil grad so einer ’n guter Pirat werden kann!«, fügte der andere hinzu, ein Mulatte wie Sanchez. Damit ging er auf Bonnie zu und klopfte ihr auf die Schultern. »Wenn aus dem kleinen aufrührerischen Nigger dann mal ’n großer geworden ist, zumindest!« Auch er grinste jetzt. »Aber unser Smutje wird dich schon auffüttern …«
    In Bonnies Gesicht ging ein Strahlen auf, desgleichen in Jefes. Er mochte nicht gewollt haben, dass Bonnie sich ihm anschloss, jetzt schien er jedoch glücklich darüber – und fast ein bisschen stolz auf eine Freundin, die einen Weißen getötet hatte.
    Sanchez lächelte jetzt auch. »Dann macht nun aber schnell, Jungs! Sammelt das Zeug auf, das der Kleine mitgebracht hat, und dann nix wie weg. Sonst holen wir die dicken Frachtschiffe nicht mehr ein, die uns sein Freund auf dem silbernen Tablett serviert hat. Komm, Junge, halt keine Maulaffen feil!«
    Er schob Bonnie an, die benommen auf das Beiboot starrte. Sie konnte die Wendung ihres Schicksals noch kaum glauben, als sie dann tatsächlich neben Jefe in dem robusten Ruderbootsaß, das Sanchez und einer der anderen Piraten mit kräftigen Schlägen vom Land fort und der Mermaid zutrieben.
    Der Kapitän erwartete seine letzten Männer an Deck. »Was hat denn da so lange gedauert?«, erkundigte er sich und zwirbelte sein Barthaar. »Wir dachten schon, ihr wolltet auf diesem gastlichen Eiland bleiben.« Die Männer hinter ihm lachten.
    Sanchez schüttelte den Kopf. »Kein Bedarf, Captain. Die Huren sind hässlich und die Nigger aufmüpfig.«
    Er zwinkerte in Bonnies Richtung. Sie kletterte eben, gefolgt von Jefe, aus dem Boot und über die Reling. Jefe hatte zuerst aussteigen und ihr die Hand reichen wollen, aber Bonnie hatte ihn nur böse angeblitzt. Keine Galanterien mehr. Die Besatzung von Piratenschiffen, das hatte er ihr in der Nacht zuvor schließlich ausgiebig dargelegt, betrachtete Frauen an Bord als Garanten des Unglücks.
    »Zwei?«, fragte der Captain und musterte Bonnie unwillig. »Wollen hier alle weg von ihren schwarzen Mommys?« Der Blick, mit dem er Jefe streifte, war auch nicht viel freundlicher. »Mir hat’s eigentlich gereicht, für einen das Kindermädchen zu spielen.«
    Sanchez zuckte die Schultern. »Ging nicht anders«, meinte er dann. »Der eine konnt’ den Mund nicht halten, und der andere hat die Chance genutzt und seinen Backra einen Kopf kürzer gemacht. Zu vielversprechend, um ihn dazulassen.« Er schob Bonnie vor den Captain.
    »Ich hab auch was mitgebracht«, sagte sie leise. »Waffen und … und Geld …« Sie nestelte die Münzen aus ihren Taschen. »Wenn Sie mich nur mitnehmen, ich …«
    Seegall schüttelte den Kopf. »Das behalt mal, Kleiner. Hast es dir ja wohl verdient. Also gut, Jungs …«
    Er warf einen kurzen Blick auf das Treiben an Deck. Ein paar Männer kletterten in der Takelage herum, der Segelmeister rief Befehle. Sanchez gab ebenfalls Anweisungen. Der Kapitänschien zu dem Schluss zu kommen, dass er hier nicht gebraucht wurde.
    »Ich nehm die zwei mit runter und lass sie den Kodex unterschreiben«, rief er Sanchez zu. »Ihr wisst, wo wir hinwollen! Befehl zum Ablegen hiermit erteilt!«
    Bei den letzten Worten lachte er, und die Männer grinsten. Wahrscheinlich hätten sie das Schiff auch ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Kapitäns aus der Bucht gesteuert.
    Bonnie und Jefe folgten Seegall in den Bauch des Schiffes. Der Kapitän bewohnte eine winzige Kabine neben der Mannschaftsunterkunft. Sie enthielt ein Bett und ein

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