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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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dem Gesicht gewichen, als Nora ihn mit seinem afrikanischen Namen ansprach.
    »Nein«, sagte Doug. »Welchen Göttern ihr bei Nacht huldigt, ist mir völlig egal.«
    »Und ich frage auch nicht nach ein paar Hühnern …«, meinte Nora widerstrebend, obwohl ihr die rituelle Schlachtung äußerst zuwider gewesen war. »Aber du musst den Leuten erklären, dass auf der Hollister-Plantage …«
    Doug schüttelte leicht den Kopf und gebot ihr mit einer Handbewegung Schweigen.
    »Wir befürchten, Kwadwo«, sagte er dann ernst, »dass Lord Hollister auf seiner Plantage die Geister gereizt hat. Sie könnten sich mit dem nächsten Sturm erheben und über euer Dorf kommen.«
    »Wir nichts zu tun mit Hollister«, meinte der Obeah-Mann gelassen. »Geister sich rächen an seine Nigger.«
    »Ich fürchte, die Geister machen da keinen Unterschied«, bemerkte Doug. Hollisters eigene Sklavenquartiere waren im Übrigen nicht gefährdet. Sie lagen im Inland, nah seines Hauses. Da die Hollisters in der Regel in Kingston residierten, war es ihnen egal, ob man die Hütten vom Farmhaus aus sah oder nicht. »Ich bin wirklich sehr besorgt, Peter … Kwadwo. Eine große Flut könnte kommen, wenn der nächste Sturm tobt.«
    Kwadwo runzelte die Stirn. »Was ich machen, Backra? Wollen Zauber? Dann ich brauchen Huhn …«
    Doug rieb sich die Schläfe, und Nora hätte fast gelacht.
    »Du sollst die Leute nur warnen, Kwadwo. Sag ihnen, sie sollen nicht heulen und nicht beten, wenn der Sturm kommt, und nicht auf ihre Hausdächer klettern, wie sonst. Auch nicht auf die Bäume. Sie müssen rauf zur Windmühle – oder zum Haus, aber besser noch zur Mühle, das Wasser könnte bis zum Haus steigen, besonders, wenn es auch noch Riesenwellen gibt … wenn auch noch der Meeresgott tobt. Teil Leute ein, die den Schwachen und Kranken helfen, die kontrollieren, ob alle die Hütten verlassen haben. Leg einen Versammlungsort fest …«
    »Sag den Leuten, sie sollen sich im Zweifelsfall in der Scheune versammeln«, sagte Nora. »Lagere nicht zu viel Heu, du weißt schon …«
    Kwadwo blickte Nora prüfend an. »Die … Missis weiß viel …«, bemerkte er mit einem neuen Anflug von Angst.
    Nora verdrehte die Augen. »Die Missis weiß alles«, behauptete sie dann. »Also: Dies ist deine Gemeinde, du bist für sie verantwortlich. Und diesmal gehört mehr dazu, als einem Huhn den Kopf abzuschlagen.«
    »Du warst dabei!«, meinte Doug belustigt, als er mit Nora zum Haus zurückschlenderte.
    Sie hatten es beide nicht eilig, keinen von ihnen lockte das Abendessen mit Elias, zu dem an diesem Tag obendrein die Hollisters geladen waren. Doug würde es äußerst schwerfallen, höflich zu bleiben, und Elias hatte Nora ausdrücklich verboten, das Thema Wasserumleitung anzuschneiden. Doug gegenüber war dieses Verbot zweifellos schon Wochen früher ausgesprochen worden.
    »Leugne es nicht, Nora, du warst bei einer Zeremonie.«
    Nora nickte. »Ich hab mich eingeschlichen«, gestand sie. »Aber ich habe nicht alles verstanden. Was um Himmels willen soll das mit den Hühnern?«
    Doug lachte. »Sie sind Opfertiere«, meinte er. »Mithilfe ihres Blutes beschwört der Obeah-Mann die Geister. Und erfüllt besondere Wünsche. Wer jemanden verfluchen will oder einen Liebeszauber möchte oder so, der bringt ein Huhn mit …«
    Nora runzelte die Stirn. »Aber wer glaubt denn an so was? Das kann doch nicht wirken. Ich meine … es gäbe keine Backras mehr, wenn die Flüche der Sklaven wahr würden.«
    Doug zuckte die Achseln. »Es gibt ja auch keine Garantien. Manchmal findet sich jedoch der passende Duppy, der am nächsten Tag das Pferd des Backras erschreckt, und der Mann fällt herunter und bricht sich den Hals. Meistens nicht. Aber diese Menschen sind geduldig, sie geben den Duppies endlos Zeit, ihre Pflichten zu erfüllen: Es gilt auch als Erfolg, wenn der Backra fünf Jahre später an irgendeiner Krankheit stirbt.«
    Nora seufzte. »Mir wäre es lieber, man würde mich nicht verfluchen«, murmelte sie. »Und ich habe mich wirklich bemüht. Aber …«
    »Dich verflucht schon keiner«, tröstete sie Doug. »Im Gegenteil, die meisten beten dich an …«
    Nora schnaubte. »Máanu …«
    »Máanu ist seltsam«, stimmte Doug zu. »Sehr nachtragend, sehr … verbittert. Dabei weiß ich gar nicht, warum. Ihr ist damals doch gar nichts geschehen. Na ja, und Akwasi …«
    »Warum hast du Akwasi verraten?«, brach es aus Nora heraus. »Ich meine … du … du bist doch sonst nicht so, du …

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