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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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du …«
    »Ich habe was?«, fragte Doug ehrlich verwundert. »Verraten? Wer hat dir denn das erzählt?«
    »Du hast ihn im Stich gelassen!«, warf Nora ihm vor. »Das sagte Máanu, und es klang nicht, als ob sie löge. Du bist nach England, und …«
    »Mich zog nichts nach England, Nora!«, rief Doug heftig.
    Nora erinnerte sich, dass er auf eine ähnliche Anspielung schon einmal wütend reagiert hatte. »Ich bin nicht aus eigenem Antrieb fortgegangen.«
    »Aber du hast dich auch nicht gewehrt. Und du hast nichts für Akwasi getan. Obwohl er dir … dir gehörte …« Die letzten Worte klangen erstickt.
    Doug schüttelte den Kopf. Dann nahm er Noras Hand und zog sie in einen Seitenweg. Dieses Gespräch würde länger dauern als den kurzen Weg zum Haus. Aber sein Herz klopfte heftig. Vielleicht lag hier ja der Grund für Noras Reserviertheit. Er musste erfahren, was Máanu und Akwasi ihr erzählt hatten.
    »Himmel, Nora, was hätte ich denn tun sollen?«, fragte er. Ihre Hand lag nach wie vor in seiner, und er hoffte, dass sie sie ihm nicht entzog. »Akwasi und Máanu haben zweifellos gedacht, ich wäre allmächtig. Ich durfte alles, was sie nicht durften, ich bekam alles, was ich mir wünschte, ich war weiß …«
    »Du warst Besitzer eines Sklaven«, erinnerte ihn Nora. »Du warst verantwortlich!«
    Doug rieb sich mal wieder die Schläfe, diesmal noch heftiger als sonst. »Hat dir dein Vater nie ein Pony geschenkt, Nora?«, fragte er eindringlich. »Oder ein Hündchen? Mit dem ernsten Hinweis, du wärest jetzt dafür verantwortlich?« Nora nickte, wollte aber gleich etwas einwenden. Doug ließ sie jedoch nicht dazu kommen. Er sprach hastig weiter. »Wenn dieses Pferd dich nun jeden Tag abgeworfen hätte, oder der Hund wäre bissig gewesen, dann hätte doch wohl alles anders ausgesehen, oder, Nora? Dann hätte dein Vater das Tier verkauft, egal, wie sehr du daran gehangen hättest …«
    »Akwasi war kein Tier!«, erregte sich Nora.
    »Nein, er war ein Kind!«, rief Doug. »Und ich war auch ein Kind. Ich war zehn Jahre alt. Mir konnte gar kein Sklave gehören, ebenso wenig wie dir dein Pony oder dein Hündchen allein gehören konnte. Was hätte ich tun sollen, Nora, was?«
    »Du warst zehn?« Nora sah ihn verblüfft an. »Aber ich dachte … Man hat dich doch nach Oxford geschickt, an die Universität. Ich dachte, du wärest wenigstens sechzehn gewesen. Máanu …«
    Sie brach ab. Nein, das stimmte nicht. Máanu hatte nichts über das Alter der Jungen gesagt, als es zu dem Vorfall gekommen war. Schon gar nichts Falsches, im Gegenteil. Nora hätte aus ihrer Erzählung darauf schließen können, dass die beiden noch Kinder gewesen waren. Sie hatte vom Lesenlernen erzählt. Ich kann es nicht sehr gut … ich war ja noch so klein … Máanu war sechs Jahre jünger als Akwasi und Doug, sie wäre also zehn gewesen, hätte man die beiden mit sechzehn getrennt. Nora hatte mit zehn längst lesen gekonnt …
    »Sechzehn!« Nora und Doug hatten auf einem Baumstumpf Platz genommen, aber jetzt stand der junge Mann auf und wanderte aufgebracht umher. »Wie konntest du das glauben? Herrgott, mit sechzehn wären wir doch nicht mehr so dumm gewesen! Wir hätten uns nicht verraten. Und wenn es doch rausgekommen wäre, dann wären wir beide abgehauen. In die Berge, auf Biegen und Brechen, zu den Maroons. Aber so … Mein Vater hat uns ertappt, Nora, als ich krank war. Genau wie Máanu, wahrscheinlich die gleiche Erkältung, nur dass ich natürlich in meinem Zimmer lag und Mama Adwe ihre Tochter in der Küche hielt. Akwasi saß bei mir und las mir vor. Irgendeine Piratengeschichte. Wobei sich ja noch etwas hätte retten lassen, wenn wir geahnt hätten, was da auf uns zukam. Er hätte schließlich so tun können, als ob er las, und die Geschichte tatsächlich nur erfinden. Aber als Vater hereinkam und ihn fragte, erklärte er ganz stolz, er könne natürlich lesen, und führte es gleich vor. Und dann brach das Unheil über uns herein. Ich kam in ein Internat in England, mit dem nächsten Schiff. Und Akwasi … Ich dachte, Vater habe ihn verkauft. Er war ja zum Hausneger erzogen, er hätte eine ganze Stange Geld gebracht. Und ich tröstete mich auch immer damit, dass es Hausnegern gewöhnlich nicht schlecht ging. Aber ihn aufs Feld zu schicken … mit zehn Jahren … Er muss Furchtbares durchgemacht haben, ein wahres Wunder, dass er es überlebt hat. Nur – ich trage daran keine Schuld, Nora! Ich habe genauso geschrien und geweint wie

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