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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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ein dummer Spruch mit den sieben Leben«, murmelte sie. »Aber man soll die Hoffnung einfach nicht aufgeben. Vielleicht haben es ja auch noch andere geschafft.«
    Am Abend war das Wasser so weit abgelaufen, dass man Bilanz ziehen konnte. Harry, Toby, Annie und Emma waren tot, dazu vier Männer des Arbeitertrupps des Aufsehers Truman. Die anderen, darunter Akwasi, hatten sich schwimmend und mit viel Glück auf Bäume oder Dächer retten können, ähnlich wie Nora und Doug. Sie waren durchweg kräftige junge Burschen, die nicht so leicht aufgaben. Auch Truman selbst hatte überlebt. Sämtliche Hausbedienstete außer den Mädchen Sally und Annie waren früh genug vor dem Sturm in der Küche angelangt, und bis zum Haus war die Flutwelle nicht vorgedrungen – allerdings bis knapp davor, was Reverend Stevens auf Gottes Einfluss zurückführte. Dass es nicht gereicht hatte, um das Leben der beiden wirklich gläubigen Sklaven zu retten – Toby und Emma waren dem Reverend tatsächlich gefolgt –, registrierte er gar nicht. Dafür reagierte er verhältnismäßig gefasst auf die Nachricht vom Tode seines Sohnes und spendete Ruth ein wenig Trost, indem er mit ihr betete.
    Nora brachte die junge Frau zu Bett und bereitete ihr dann eine große Tasse Kräuteraufguss zur Beruhigung. Sie hätte das gern Adwea überlassen, aber Ruth reagierte schon auf den Anblick der schwarzen Frau mit einem hysterischen Anfall.
    »Dabei wäre es am besten gewesen, eine Baarm Madda hinzuzuziehen – falls sie schon wieder schwanger sein sollte. Wenn sie jetzt noch ein Kind verliert …« Nora teilte ihre Sorgen mit der wie immer verstockt schweigenden Máanu. »Aber wenn sie nicht will … Sag mal, wäre es wohl möglich, irgendetwas zu essen zu bekommen? Ich habe das Gefühl zu verhungern – wenn ich nicht vorher einschlafe …«
    Máanu verbeugte sich leicht, eine Geste, die ihre Herrin wahnsinnig machte, wie sie sehr wohl wusste. »Sie sollten sich besser umziehen, in einer halben Stunde wird im Speisezimmer serviert.«
    »Es wird was?«, fragte Nora. »Du meinst … Hier … hier bricht die Welt zusammen, wir haben neun Tote zu beklagen, aber wir … aber er … aber mein Mann lässt sich das Dinner servieren wie jeden Tag?«
    Máanu knickste. »Einen Toten, Missis. Die anderen sind nur Sklaven. Im Übrigen auch vier tote Ochsen, Missis. Der Backra ist sehr erbost, er wird die Treiber auspeitschen lassen, weil sie die Tiere nicht von der Koppel geholt haben.«
    Nora griff sich an die Stirn. »Máanu, ich wünschte, du würdest das lassen«, murmelte sie. »Wenigstens heute. Aber gut, wenn es denn sein muss, hilf mir beim Anziehen – und mach irgendetwas mit meinem Haar. Es müsste gewaschen werden, es ist ganz verdreckt und strohig von dem schmutzigen Wasser. Aber ich möchte dir nicht zumuten, heute noch Wasser heraufzuschleppen, Máanu. Also bitte, verschon auch du mich ein wenig. Sei normal oder sei still.«
    Máanu bürstete Mengen von rotem Staub aus Noras Haar und band es dann einfach am Hinterkopf zusammen. Es sah trotzdem glanzlos und ungepflegt aus. Nora fuhr bei ihrem Anblick im Spiegel zusammen. Sie war bleich, ihre Augen lagen tief in den Höhlen, und ihre Wangen schienen eingefallen. Nora überlegte, zur Schminke zu greifen, aber dann ließ sie es sein. Sie sah einfach so erschöpft und müde aus, wie sie sich fühlte, und niemand sollte wagen, sie dafür zu tadeln. Máanu hielt immerhin den Mund und provozierte ihre Herrin nicht weiter. Sie legte ihr ein schlichtes dunkles Hauskleid heraus, dazu fand sich ein schwarzes Schultertuch. Nora fand sich damit dem Anlass angemessen gekleidet. Auf der Treppe traf sie Doug, der ebenso übermüdet wirkte. Sein blondes Haar wirkte rötlich, ihm hatte niemand den Staub herausgebürstet.
    »Du musst es morgen waschen, sonst hält man dich für einen Iren«, versuchte Nora matt zu scherzen.
    Doug lächelte ihr zu. »Wir können zusammen ans Meer gehen und alle Erde herausspülen«, bemerkte er. »Jetzt, da ich weiß, dass du schwimmen kannst …«
    Nora errötete. »Ich kann Wasser heute nichts mehr abgewinnen – nicht mal dem Meer und dem Strand«, meinte sie. »Und jetzt dieses Dinner. Findest du es nicht auch … gespenstisch?«
    Doug winkte ab. »Nicht noch mehr Götter und Geister … Wenn dieser Reverend gleich ein Tischgebet spricht und Gott für unsere Rettung dankt, schreie ich.«
    Doug schrie natürlich nicht, sondern stand das kurze, ernste Gebet des Reverends für die Seelen der

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