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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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dem Schreiben einen Passus bezüglich eines Zeugnisses hinzuzufügen. Falls Mr. Greenborough ein solches wünsche, könnte er jederzeit im Kontor Reed vorsprechen. Mr. Simpson, der Bürovorsteher, grummelte, aber Thomas Reed beschwichtigte damit sein immer noch etwas schlechtes Gewissen. Er hatte alles getan, was er für seinen aufmüpfigen Angestellten tun konnte.
    Thomas Reeds im Grunde viel aufmüpfigere Tochter hatte die Sache mit dem Hausarrest nicht sonderlich ernst genommen. In den ersten Tagen hatte das Hauspersonal sie zwar weisungsgemäß überwacht, aber als sie sich nach gut einer Woche zu Peppers in die Ställe schlich, machte dazu niemand eine Bemerkung.
    Der Kutscher saß auf einem Holzstuhl in der Sattelkammer und polierte ein Geschirr mit einer Mischung aus Wachs und Kienöl.
    »Das sieht gut aus«, meinte Nora, nachdem sie ihn begrüßt hatte. »Aber es ist viel Arbeit, bis es richtig glänzt, nicht wahr?«
    Der Kutscher, ein kleiner, vierschrötiger Mann mit gutmütigem, rundem Gesicht, grinste und blitzte Nora mit seinen wissenden hellblauen Augen an.
    »Na, nun geben Sie sich mal keine Mühe, kleine Lady«, sagte er gelassen. »Sie wollen doch nicht wirklich übers Geschirrputzen reden, oder? Was liegt an, Miss Nora? Wieder ein heimliches Rendezvous? Da kann ich Ihnen nicht mehr helfen, Ihr Vater hat mich ohnehin schon zur Rede gestellt. Nun konnt ich ehrlich alles abstreiten, gesehen hab ich ja nie nix«, er zwinkerte ihr zu, »aber jetzt geht’s nicht mehr, Miss Nora, jetzt, da Ihr Vater Bescheid weiß und es ausdrücklich missbilligt.«
    Nora nickte. »Ich … ich wollt ja auch bloß … Ich hör gar nichts mehr von Simon!«, brach es schließlich aus ihr heraus. »Und das ist gar nicht so seine Art. Er … er ist doch ein Gentleman. Aber jetzt … Er ist einfach verschwunden, grußlos, und … und da dachte ich, ob er nicht vielleicht bei Ihnen eine Nachricht …«
    Peppers schüttelte den Kopf. »Nee, Miss. Und auch nicht bei den anderen. Mr. Reed hat auch schon gefragt, aber da hat keiner was gehört und gesehen. Können Sie glauben, Miss Nora, unter uns hätt’s einer erwähnt …«
    Nora rieb sich die Nase, wie sie es immer tat, wenn sie nachdachte und verwirrt war. Peppers fand, dass sie dabei anrührend zart und verloren wirkte, wie ein Kind. Er seufzte.
    »Schauen Sie, Kleines, das Beste wäre, ihn zu vergessen«, meinte er dann väterlich. Solche Ratschläge überschritten natürlich seine Befugnisse, aber zum Teufel, er kannte diese junge Frau seit ihrer Geburt! »Der Mann ist weg. Und die guten Manieren gleich mit, der war doch nur auf Ihr Geld aus, Miss Nora …«
    »Weg?« Nora runzelte die Stirn. »Was heißt das denn? Hat mein Vater ihn entlassen?«
    Peppers schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht, dass ich wüsste. Ich hab das sowieso nur mal nebenbei mitgehört. Aber wie’s aussieht, ist er seit diesem Auftritt bei Ihrem Vater nicht mehr im Kontor erschienen.«
    Noras Augen blitzten erschrocken auf. Sie wunderte sich nicht darüber, dass die Dienerschaft von Simons Heiratsantrag wusste. So etwas blieb nie verborgen, wahrscheinlich hatte der Butler gelauscht und alles brühwarm weiterverbreitet. Aber Simon sollte dem Kontor ferngeblieben sein? Sie konnte sich das nicht vorstellen. Zweifellos hatte ihr Vater seinen Stolz verletzt, aber Simon Greenboroughs Würde hatte schon andere Schläge hinnehmen müssen. Simon war ein Gentleman, und er hatte Verpflichtungen. Zudem konnte sie nicht glauben, dass er so leicht aufgab. Er liebte sie doch nicht weniger, als sie ihn liebte. Irgendetwas musste passiert sein …
    Nora straffte sich und fasste einen Entschluss. »Fahren Sie mich zum Kontor, bitte?«, bat sie Peppers. »Ich muss … Ich muss da etwas herausfinden …«
    Peppers sah sie mitleidig an. »Kindchen, geben Sie’s doch auf. Der Kerl liebt Sie nicht!«
    Nora schüttelte den Kopf. »Nee, Peppers!«, erklärte sie in Peppers breitem Cheapside-Dialekt. »So schnell werf ich die Flinte nicht ins Korn. Und wenn Simon Greenborough mich nicht mehr liebt, dann muss er mir das schon selbst sagen!«
    Peppers spannte schließlich wirklich an – sein Herr hatte ihm ja nicht verboten, seine Tochter in sein Kontor zu fahren. Thomas Reed selbst war dort jedoch nicht zugegen. Er war an diesem Tag zu einer Reise auf den Kontinent aufgebrochen, die ihn und einen Geschäftsfreund nach Amsterdam und Lübeck führen würde. Peppers hatte ihn am Morgen zu dem Mann gefahren. Die beiden wollten

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