Die Insel Der Tausend Quellen
Fortnam ist nicht tot!« Doug wusste, dass es falsch war, aber er brüllte den Gouverneur an. »Sie wird da oben gefangen gehalten, und Sie sagen mir ins Gesicht, Sie wollen sie auf dem Altar eines scheinbaren Friedens opfern!«
»Eines tatsächlichen Friedens«, begütigte Trelawny. Er war wirklich ein duldsamer Mann. »Und nun mäßigen Sie sich, Mr. Fortnam. Denken Sie nach. Was könnte ich tun?«
Doug zuckte die Achseln. »Machen Sie ihre Freilassung zur Bedingung«, regte er an. »Schreiben Sie den Namen Nora Fortnam in Ihren Friedensvertrag!«
Trelawny schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Ich kann nicht die Auslieferung der Ehefrau eines ihrer Anführer verlangen. Wie würde das weitergehen? Jeder Maroon, der da oben sitzt, würde womöglich eine Sklavin von einer der Plantagen fordern. Diese Leute sind sehr empfindlich, Mr. Fortnam. Ashanti. Ein, wie ich hörte, in seiner Heimat sehr mächtiges Volk. Sehr … hm … stolz …«
Doug äußerte sich nicht zu dem Paradox, dass Trelawny die Ashanti einerseits als stolze Verhandlungspartner anerkannte, andererseits bedenkenlos versklavte, wenn sie ihm nicht frei in den Blue Mountains, sondern in Ketten angeliefert wurden. Eine Diskussion würde zu nichts führen, Trelawny war seine »Friedensmission« wichtiger als Noras Freiheit. Eine Sklavin mehr oder weniger … Diesmal eine Weiße, aber es hatte sie ja nie jemand gesehen.
»Ich lasse das nicht auf sich beruhen«, sagte Doug mühsam beherrscht. »Auch wenn Sie Nora aufgeben, ich tue es nicht. Ich werde sie selbst befreien.«
Trelawny machte eine resignierende Geste. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, meinte er abschließend. »Aber entfesseln Sie keinen Krieg. Zu einem oder zwei Bewaffneten in Ihrer Begleitung sage ich nichts – auch wenn ich bezweifle, dass Sie jemanden finden, der verrückt genug ist, eine solche Mission zu wagen. Wenn ich allerdings höre, dass Sie in größerem Stil Truppen ausheben, lasse ich Sie festnehmen.«
Doug nickte und stand auf. »Ich habe verstanden«, sagte er kühl. »Ich werde allein gehen. Und mit Nora zurückkommen oder eben gar nicht. Ihr Problem mit mir, Exzellenz, ist auf jeden Fall gelöst.«
KAPITEL 5
T ot?«, flüsterte Nora. »Er … er denkt, ich sei tot?«
Sie konnte das Zittern ihrer Hände jetzt nicht mehr unterdrücken. Fassungslos blickte sie auf Alima.
»Missy Nora tot!«, erklärte das Mädchen im Brustton der Überzeugung. »Mama auch weiß, nicht? Mama, du wissen, wo Grab von Missy Nora …«
Keitha übersetzte etwas. Khadija nickte und antwortete etwas in ihrer Sprache.
»Sicher, Frauen immer bringen Blumen«, übersetzte Keitha wieder.
»Und Reverend immer beten für Missy Nora und Backra Elias«, fügte Alima hinzu. »Wir auch beten. Weil Backra Doug gute Mann. Und Mama Adwe sagen, Missy Nora gute Frau. Aber tot.«
Das Mädchen war entschlossen, darauf zu beharren. Nora hatte Zeit, sich zu fassen, während Mansah auf Alima einredete.
»Das ist Missy Nora. Bestimmt. Sie ist nicht tot, ich schwöre!«
María sah Nora an. »Du gedacht, er dich vergessen«, sagte sie ruhig. »Du gedacht, er …«
Nora biss sich auf die Lippen. »Ich kann gar nicht mehr denken«, flüsterte sie. »Ich … ich schäm mich so … Ich hätte wissen müssen … Er hätte nie …« María nahm sie in die Arme.
Mansah hatte Alima inzwischen überzeugt – mit dem verblüffenden Effekt, dass ihre neue Freundin aufsprang und sich anschickte, zum Dorf zu rennen.
»Missy Nora leben! Sicher! Mama, ich muss sagen Papa! Muss er gehen nach Cascarilla. Oder schicken einen. Muss einer sagen Backra Doug. Dann der nicht mehr traurig!«
Doug Fortnam plante eine Expedition mit leichtem Gepäck. Er würde allein in die Berge gehen, wie er dem Gouverneur versprochen hatte – zumal ihm das auch die einzig erfolgversprechende Idee zu sein schien. Eine kleine Truppe Kämpfer konnte nie unsichtbar nach Nanny Town vorstoßen – sie wäre der Übermacht der Maroons hilflos ausgeliefert. Und eine große Streitmacht … Doug traute dem Gouverneur zu, seine Warnung wahrzumachen. Mal ganz abgesehen davon, dass frühere Gouverneure schon halbe Armeen nach Nanny Town geschickt hatten. Die Stadt galt als uneinnehmbar. Höchstens ein Einzelkämpfer konnte Chancen haben.
Das zumindest meinte Kenneth Leisure, ein Veteran, der an früheren Angriffen auf die Maroon-Siedlung beteiligt gewesen war. Doug hatte seinen neuen Freund Barefoot noch einmal kontaktiert, der ihm
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