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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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mitzunehmen.
    »Ich will auch mit!«, verlangte der Kleine. »Ich will auch picknicken im Wald!«
    Mit einem Picknick hatte Nora ihrer Tochter eben den Ausflug schmackhaft gemacht, und es erklärte auch das Proviantbündel, das sie jetzt noch mit frischen Früchten auffüllte.
    »Es dauert zu lange, Jefe«, beschied ihn Nora. »Vielleicht bleiben wir bis zum Dunkelwerden weg, und dann schimpft deine Mama. Beim nächsten Mal, Jefe. Beim nächsten Mal bestimmt!«
    Obwohl der Kleine heulte, machte sich Nora mit Dede auf den Weg und begrüßte unterwegs freundlich jeden Wachmann. Sie schenkte allen ein paar frische Mangos und erzählte von ihrem Vorhaben. Tolo erwähnte sie nicht, und die Männer schienen keinen Argwohn zu hegen. Wahrscheinlich hielten sie Akwasis Verbot an Nora, die Heilerin aufzusuchen, ohnehin für übertrieben. Einen der ihren vor möglichen Zaubereien seiner Ehefrau zu warnen, war eine Sache, den Frauen ihre Freiheit einzuschränken, eine andere. Nora verlor eine Menge Zeit durch ihre Plaudereien mit den Wachen, meinte aber, dass es die Sache wert sei. Tatsächlich wäre ihre Flucht unbemerkt geblieben, hätte sich Jefe weniger über Dedes Weggang erregt. Aber der kleine Junge war zurzeit in einer ausgeprägten Trotzphase und ergab sich keineswegs gelassen in sein Schicksal, als Nora ihm seine Schwester entzog. Stattdessen quengelte er und benahm sich schlecht – er versuchte sogar, die Zuckerrohrsetzlinge, welche die Frauen gerade in die Erde brachten, wieder herauszureißen und andere Pflanzen zu zertrampeln. Schließlich reichte das sogar der langmütigen María. Entschlossen hob sie das strampelnde Kind hoch und drückte es Mansah in die Arme.
    »Hier, nehmen ihn und bringen zu seine Mama. Soll er ärgern Máanu. Hier nur uns hält von Arbeit ab!«
    Mansah ließ sich das natürlich nicht zweimal sagen. Noch immer hasste sie die Arbeit auf den Feldern und nutzte jede Gelegenheit, sich davor zu drücken. Also zerrte sie den widerstrebenden Jefe gern Richtung Dorf und brachte ihn zu seinen Eltern. Akwasi verhandelte irgendwelche Streitigkeiten zwischen zwei Töpfern, Máanu schimpfte mit einem Weber wegen seiner unsauberen Arbeit. Sie nahm Mansah ihren Sohn nur unwillig ab.
    »Wieso kann ihn Nora nicht ruhigkriegen? Schafft sie doch sonst immer, mit Dede ist er stets friedlich«, wunderte sie sich.
    Akwasi sah auf.
    »Nora ist im Wald und sammelt Beeren«, antwortete Mansah. »Irgendwo bei Tolos Hütte. Die kommt erst heute Abend zurück – und wahrscheinlich hat sie auch keine Lust auf den kleinen Streithammel. Ich würde den mal verhauen, Máanu. Ist ja vielleicht nicht üblich in Afrika, aber sonst wird er nie ein brauchbarer Nigger …«
    Während Máanu sich noch darüber erregte, dass sie ihren Sohn keineswegs zu einem »brauchbaren Nigger«, sondern eher zu einem großen Krieger zu erziehen dachte, brachte Akwasi seine Geschäfte rasch zu Ende.
    »Sie ist bei Tolo, Mansah?«, fragte er die Schwester seiner Erstfrau. »Schon wieder?«
    Mansah zuckte die Schultern. Von dem Streit zwischen Akwasi und Nora hatte sie nichts mitbekommen.
    »Sie pflückt Beeren und Blätter vom Pimentbaum. Macht man Öl draus, hilft bei Blähungen«, gab sie freimütig Auskunft. »Ob mit Tolo oder ohne Tolo weiß ich nicht, aber sie haben die Bäume wohl gemeinsam gefunden.«
    Der Pimentbaum wuchs eigentlich eher nah der Küste. Nora betrachtete es als Glücksfall, einen in der Gegend zu finden, und sie war die Einzige, die seine Früchte zu Heilölen verarbeitete. Weder Nanny noch Tolo kannten ihre Einsatzmöglichkeiten. Vielleicht hätte Akwasi Ruhe gegeben, hätte er das gewusst. Aber die Bemerkung »bei Tolos Hütte« hatte sein Misstrauen geweckt.
    »Schick die Leute weg, wenn sie heute noch was von mir wollen«, wandte er sich an Máanu. »Ich gehe zum Wasserfall – muss doch mal sehen, was die beiden Hexen da tagelang treiben! Pimentbäume abernten! Das kann sie einem anderen erzählen!«

KAPITEL 8
    D oug Fortnam hatte seine Vorbereitungen abgeschlossen, als Nora und Dede am späten Mittag auf die Lichtung kamen. Seine Waffen und die spärliche sonstige Ausrüstung waren verpackt, und er hatte sich Tolos Erklärungen zu den Landmarken am Weg um Nanny Town eingeprägt. Für den Weißen war das oft mühsam gewesen; die Afrikanerin verwandte völlig andere Bilder und Beschreibungen der Landschaft, als er es gewohnt war, und mit der Karte, die er auf dem Boden vor ihrer Hütte einritzte, konnte sie

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