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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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entkommen, hielt Nora nicht für möglich. Der Wald dort war voller Krieger, die schon deshalb Wache hielten, um nicht weben oder töpfern zu müssen. Auf keinen Fall kamen ein Mann, eine Frau und ein Kind durch die Sperren.
    Aber ob Doug sie mit Dede überhaupt mitnehmen würde? Nora versuchte verzweifelt, sich keine zu großen Hoffnungen zu machen. Vielleicht war er gleich wieder gegangen, als er hörte, dass sie längst Akwasis Frau war.
    Doug Fortnam beobachtete die Lichtung von einer der Höhlen aus, die oberhalb von Tolos Hütte lagen. Die alte Frau – und vorher Leisure – hatten nicht zu viel versprochen. Die Gegend war voller idealer Verstecke. Wenn man etwas kletterte, fand man sogar Höhlen mit Ausguck. In einer lagerte Doug nun seit zwei Tagen – und wurde von Stunde zu Stunde ungeduldiger. Es konnte nicht allzu schwer für Nora sein, einen Besuch bei Tolo vorzutäuschen. Also worauf wartete sie noch? War Princess womöglich noch nicht zu ihr vorgedrungen? Wurde sie doch gefangen gehalten? Oder wollte sie ihn einfach nicht wiedersehen? Die Sache mit dem Kind lag Doug schwer im Magen. Nora würde sich entscheiden müssen, ob sie es mitnahm oder in Nanny Town ließ. Und egal, was Tolo behauptete: Vielleicht hatte sie ja längst gelernt, Akwasi zu lieben …
    In seinen dunkelsten Stunden dachte Doug an den Ausbruch von Lady Hollister. Auch sie hatte mit ihrem Mann sicher hässliche Dinge erlebt. Und dennoch stellte sie sich bedingungslos auf seine Seite. Sie musste ihn lieben … Doug rieb sich die Stirn. Das ewige Grübeln verursachte ihm Kopfschmerzen. Wenn er hier wirklich vier oder gar sechs Wochen ausharren musste, würde er wahnsinnig werden.
    Aber dann trat eine Frau auf die Lichtung und sah sich um. Sie kam aus Nanny Town, aber sie steuerte nicht zielsicher auf Tolos Hütte zu wie frühere Besucherinnen, die Doug beobachtet hatte. Und sie war kleiner als die meisten schwarzen Frauen. Sie war zierlich …
    Dougs Herz begann zu rasen. Mit aller Konzentration spähte er in die Dämmerung. Die Frau beugte sich herunter zum Teich unter der Quelle. Sie trank. Doug sah kleine, zarte Hände … Und dann löste sich der Turban, den sie wie alle anderen Frauen um den Kopf geschlungen trug, und gab eine Fülle von Locken frei. Doug konnte die Farbe nicht genau erkennen, aber das Haar war heller als das der Schwarzen – ihre Haut war auch heller.
    »Nora!«
    Doug konnte einen Aufschrei unterdrücken, aber halblaut entfuhr ihm doch ihr Name. Die Frau hob den Kopf, als habe sie ihn gehört. Doug stand auf und stieß sich dabei am Dach der halbhohen Höhle. Dann stieg er den Felsen hinab – bis es ihm zu lange dauerte. Nur nicht riskieren, dass sie wieder ging!
    Doug atmete tief durch, stieß sich seitlich ab und ließ sich in den Teich fallen, aus dem Nora gerade getrunken hatte.
    Als er prustend auftauchte, sah er direkt in ihr verblüfftes – und gleich darauf strahlendes Gesicht.
    »Ich habe die Götter oft um dein Kommen gebeten«, bemerkte Nora. »Sie haben lange gebraucht. Aber dass sie dich dann gleich vom Himmel fallen lassen …«
    Doug stieg aus dem Wasser und zog sie in die Arme. »Himmel ist, wo du bist!«, flüsterte er. »O Gott, Nora, wie sehr habe ich mich nach dir gesehnt! Ich dachte doch, du wärest tot …«
    Er küsste sie, und Nora erwiderte den Kuss, als habe sie ihn am Tag zuvor das letzte Mal in den Armen gehalten. Sie empfand ein unglaubliches Gefühl von Ganzheit und Erleichterung. Er war da, endlich da. Ein Mensch. Kein Geist, kein Traum, keine Ausgeburt ihrer Sehnsucht. Schließlich sah sie ihn an und erblickte ein Gesicht, das reifer und schmaler geworden war. Doug wirkte hagerer als früher, seine Lachfalten waren ersten Zeichen von Sorgen und Anspannung gewichen. Aber vielleicht lag das auch an dem Marsch durch die Wildnis und dem angstvollen Warten. Sein Haar jedenfalls war voll und hell wie zuvor, es fiel lang und lockig auf seine Schultern. Und sein Lächeln zeigte die Grübchen, die sie so sehr vermisst hatte. Wie schon damals musste Nora einfach sofort zurücklächeln.
    Doug betrachtete zärtlich ihr feines, feenhaftes Gesicht, jetzt braun gebrannt, fast wie bei einer Mulattin. Und darin diese leuchtend grünen Augen, die er jede Nacht in seinen Träumen gesehen hatte. Nora war dünner als früher, aber ihr Körper war schlank und fraulich geworden, Doug spürte ihre kleinen festen Brüste unter ihrer schlichten Bluse. Sie trug, was alle einfachen Frauen und Sklavinnen auf

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