Die Insel Der Tausend Quellen
Jamaika trugen: einen verschlissenen Rock und eine abgetragene Bluse. Akwasi schien seine »Gattin« nicht zu verwöhnen …
»Du bist gekommen! Aber willst du auch mit mir weggehen?«, fragte Doug atemlos, nachdem sie sich erneut geküsst hatten.
Nora nickte. »Wenn du mich mitnimmst … Ich komme nicht allein, Doug. Tolo wird es dir erzählt haben: Ich habe ein Kind.«
Doug hätte Nora auch mit drei Kindern genommen. Er hatte sich nie so vollständig glücklich und erfüllt gefühlt wie in dieser Nacht auf der Lichtung. Eigentlich hatte er erwartet, dass Tolo sich blicken ließ, um ihre Freundin zu begrüßen, aber die alte Frau tat nichts, um Noras und Dougs Wiedersehen zu stören. Es fiel denn auch länger und inniger aus, als Doug es jemals erwartet hätte. Nora folgte ihm fast selbstverständlich die Felswand hinauf in sein Versteck – sie kletterte äußerst geschickt mit nackten Füßen wie eine Eingeborene. Es würde nicht einfach sein, sie wieder an das Leben einer weißen Missis zu gewöhnen – allein der Puder, den sie brauchen würde, um die Sonnenbräune abzudecken …
Doug lächelte bei dem Gedanken. Aber dann dachte er gar nichts mehr, sondern war nur noch Gefühl. Er ging auf in ihrer Liebe, ließ sich Zeit, ihren Körper erneut zu erkunden und zu erwecken. Dabei musste er sehr viel vorsichtiger sein als damals in ihrer ersten Nacht auf Cascarilla Gardens. Nora schreckte zurück, als er Anstalten machte, sie zu berühren, sich auf sie zu legen … Doug verbrachte Stunden damit, sie zu streicheln und zu küssen, bevor sie sich ihm endlich wieder vertrauensvoll öffnen konnte.
»Ich sollte Akwasi umbringen für das, was er dir angetan hat«, flüsterte er.
Nora schmiegte sich an ihn. »Vielleicht wirst du das müssen«, sagte sie in das weiche Haar auf seiner Brust.
Und dann erzählte sie ihm die Geschichte von Akwasi und Máanu.
»Freiwillig lässt er mich niemals gehen«, endete sie schließlich.
Doug nickte. Er war bereit zu kämpfen.
Schließlich wurde es Morgen, bis die beiden sich voneinander lösten. Doug beobachtete im ersten Sonnenlicht, wie Nora Rock und Bluse wieder überstreifte.
»Wo ist der Anhänger?«, fragte er verträumt. »Das Mädchen hat ihn dir doch gegeben?«
Nora nickte. »Ich habe mich unendlich gefreut. Aber … er … er sollte nicht zwischen uns stehen …«
Doug runzelte die Stirn.
Nora lächelte. »Ich habe es dir doch erzählt«, sagte sie leise, »das mit Simon …«
»Und?«, fragte Doug.
Nora zog die Gemme aus der Tasche. Sie hatte sie natürlich bei sich, sie war entschlossen, sich nie wieder davon zu trennen.
»Siehst du nicht, dass es ein Siegel ist?«, fragte sie sanft. »Was meinst du, wofür das G steht?«
Nora verstand nicht, warum Doug nach kurzem Nachdenken in lautes Lachen ausbrach.
»Oh, Nora!« Er konnte kaum an sich halten und zog sie dabei ausgelassen noch einmal an sich. »Nora, Liebste, ich habe fünf Jahre lang den falschen Geist beschworen!«
Als Nora sich endlich auf den Weg zurück zur Siedlung machte, tanzte sie vor Freude. Alles würde gut werden! Doug hatte nichts dagegen, Deirdre mit in die Freiheit zu nehmen, und Tolo hatte Noras Vermutung bestätigt: Es würde nicht einfach werden, aber es gab Pfade, mittels derer sich Nanny Town oberhalb der Siedlung umgehen ließe. Natürlich würden sie aufpassen müssen, auf dem Weg zur Nordostküste nicht den Spähern von Cudjoe oder Accompong in die Arme zu laufen, aber Nanny erwartete keine Angriffe von hinten. Oberhalb der Siedlung gab es keine oder nur sehr wenige Wächter. Das Einzige, was Nora dabei beunruhigte, war der eilige Aufbruch. In Anbetracht von Dougs Erfahrungen im Gefolge von Princess und Tolos Erklärung dafür hatte er beschlossen, die Flucht gleich am nächsten Tag anzugehen. Solange Nanny und Quao unterwegs waren, stand es um die Disziplin der Wächter nicht zum Besten. Nora vermutete, dass die gewieften Rebellenführer regelmäßige Kontrollen durchführten, was Akwasi unterließ.
Nora und Dede mussten also innerhalb eines Tages reisebereit sein, was ihr überstürzt schien. Aber andererseits gab es wirklich nicht viel zu packen. Sie würde nur ein Bündel mit der nötigsten Kleidung und vor allem Reiseproviant schnüren. Ihre Hütte und ihren gesamten Hausstand, so plante sie schon auf dem Weg zurück nach Nanny Town, konnte Princess übernehmen. Das Schwierigste war sicher, Dede davon zu überzeugen, Nanny Town ohne Abschied von Jefe zu verlassen. Am besten
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