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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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schaute versonnen über Nora und Doug hinweg, als führe sie die Unterhaltung mit sich selbst, »… aber ich …«
    »Cudjoe hat sich selbst doch auch fangen lassen«, rutschte es Doug heraus.
    Eigentlich war ihm diese Diskussion ziemlich gleichgültig, er wollte nur raus aus Nanny Town. Aber die Argumentation des schwarzen Führers schien ihm doch zu absurd.
    »Mit uns war es etwas anderes«, meinte Nanny, immer noch ohne irgendjemanden anzusehen. »Die Weißen haben unser Dorf gestürmt. Sie haben alle genommen … die Sklaven und die Ashanti … Cudjoe war fast noch ein Kind.«
    Nora lauschte aufmerksam. Dies also war der Ursprung des immer wieder gehörten Gerüchtes, Granny Nanny sei selbst eine Sklavenhändlerin gewesen, bevor man sie verschleppte. Nora hatte das für unwahrscheinlich gehalten. Nanny war zu jung gewesen. Aber wie es aussah, hatte ihr Dorf an der Elfenbeinküste tatsächlich vom Sklavenhandel gelebt. Bis ein paar besonders skrupellose Weiße nicht bezahlen wollten und sich stattdessen alles nahmen: Gejagte und Jäger.
    »Also haben alle ihr Los verdient, außer Cudjoe und seinen Geschwistern?«, fragte Doug provozierend weiter. »Das scheint mir eine eigentümliche Einstellung …«
    Nanny nickte. »Ich habe es auch nicht so gesehen«, gab sie zu. »Wenn die einen Musketen haben und die anderen Speere, dann ist der Kampf nicht zu gewinnen. Das sagt nichts aus über Stolz und Würde. Also habe ich Sklaven aufgenommen. Ich wollte ihnen ihren Stolz und ihre Würde wiedergeben. Ich wollte Afrika wiedererwecken … aber sie …«
    Nora nickte mitfühlend. Sie verstand plötzlich Nannys verzweifelte Versuche, ihre Maroons von den Weißen fernzuhalten und sich auf alte Bräuche rückzubesinnen. Und ihre Enttäuschung darüber, dass sie lieber bunte Stoffe und Eisenwaren wollten als selbst gewebte Kleider und Tongeschirr. Aber das war nichts gegen die Enttäuschung, die Akwasi und seine Männer ihr bereitet hatten.
    »Akwasi war nach einiger Zeit hier wie ein Sohn für mich«, sagte die Queen leise. »Ich sah ihn … ich sah ihn als einen großen Krieger. Natürlich brauchte er Hilfe, um zu werden, was ihm bestimmt war. Ich habe nicht alles gutgeheißen, was er am Anfang mit seiner Sklavin getan hat.« Sie sah Nora an, aber es war nichts um Entschuldigung Heischendes in ihrem Blick. Ein Krieger hatte das Recht, Sklaven zu halten, die Queen stellte das nicht in Frage. »Aber dann wurde es besser, er … Wir alle sahen ihn als einen kommenden King, vielleicht hätte es irgendwann irgendwo in den Bergen Akwasi Town geben können. Und plötzlich … «, Nanny rieb sich kurz die Augen – niemand sollte auch nur auf den Gedanken kommen, sie könnte weinen – »… plötzlich hat er sich benommen wie ein Backra! Sie alle haben sich benommen wie … wie die Weißen!«
    »Vielleicht gibt es einfach keinen Unterschied«, sagte Nora ruhig. »Vielleicht sind alle Menschen gleich, Schwarze und Weiße. Die Frage ist immer nur, wer gerade die Peitsche in der Hand hält.«
    »Aber es gibt Stolz!«, begehrte die Queen auf. »Es gibt Würde. Es gibt Dinge, die ein Mann nicht tut!«
    Nora lachte auf. »Es gibt Dinge, die ein Mensch nicht tun sollte«, berichtigte sie. »Es gibt Gut und Böse, Queen. Nicht Schwarz und Weiß.«
    Doug regte sich auf seinem Kissen. Ihm tat vom unbequemen Sitzen alles weh, und er hätte die Diskussion gern beendet, auch wenn Nora und Nanny ihre philosophische Debatte zu genießen schienen.
    »Ein Vertragsschluss zwischen Krone und Maroons ist ganz sicher gut«, mischte er sich ein. »Über die Einzelheiten könnt ihr ja noch mal nachdenken.«
    »Aber es kann nicht sein, dass Sie Menschen wie Princess demnächst zurückschicken!«, erregte sich Nora. »Oder Maalik, Khadija, Alima … Das können Sie nicht tun, Queen!«
    Nanny lachte. »Die weiße Missis will die Sklaven befreien?«, fragte sie. »Wer wird dann Ihr Korsett schnüren, Mrs. Fortnam?«
    »Ich bin in London auch nicht nackt herumgelaufen!«, gab Nora zurück. »Vor mir ist noch nie ein Dienstbote weggelaufen. Außer …« Schuldbewusst dachte sie an Máanu. Wenn das Mädchen nur nicht so verschlossen gewesen wäre.
    Nanny verzog das Gesicht. »Die zählt nicht«, sagte sie dann. »Sie ist mir auch gerade weggelaufen …«
    »Máanu ist fort?«, fragte Nora erschrocken.
    Die Queen nickte. »Ihrem Akwasi hinterher. Ganze zwei Tage hat sie’s ausgehalten ohne ihn.«
    Nora zuckte die Achseln. »Sie liebt ihn …«
    Doug rieb sich

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