Die Insel Der Tausend Quellen
Davon kann sie nicht genug haben. Aber ich erinnere mich auch noch gut an das Gefühl, ihren Kochlöffel auf meinem Allerwertesten zu spüren. Das war gar nicht angenehm.«
»Wollten wir den Aufsehern nicht die Peitschen wegnehmen?«, fragte Nora lächelnd.
Doug grinste. »Und durch Kochlöffel ersetzen? Eine gute Idee, wir sollten es den Bedingungen der Schwarzen im Friedensvertrag hinzufügen.« Nora hätte sich gern frisch gemacht, bevor sie Trelawny vor die Augen trat, aber sie hatten kein Hotel in Kingston gefunden – zumindest kein ehrbares –, und im Stadthaus der Hollisters wollte Doug lieber nicht vorsprechen. Es wäre also höchstens noch Barefoots Handelshaus in Frage gekommen, ob sich da jedoch angemessene Kleidung gefunden hätte? Schließlich schleppte sich Doug auch noch über die letzten Meilen nach Spanish Town und brachte seinen Anhang direkt zum Haus des Gouverneurs. Ihm war inzwischen alles egal, er war todmüde, und sein ganzer Körper schmerzte nach dem tagelangen Marsch über unebene Wege.
Die Wachen vor dem Gouverneurspalast schienen zunächst unschlüssig, ob sie das abgerissen wirkende junge Paar und die zwei obendrein schwarzen Kinder einlassen sollten. Der herbeigerufene Sekretär des Gouverneurs bewirkte schließlich Einlass, als Doug sie als Mr. und Mrs. Fortnam vorstellte. Trelawny empfing sie sofort.
»Sie haben … Das ist tatsächlich Ihre vermisste … äh … Stiefmutter?«, fragte der Gouverneur.
Er wirkte wie immer wie aus dem Ei gepellt – und Nora, die fünf Jahre lang keine geschminkten Männer mit Perücken mehr vor sich gesehen hatte, fand seinen Aufzug fast albern. Sie ließ allerdings zu, dass er ihr formvollendet die Hand küsste.
»Das ist meine Verlobte«, erklärte Doug. »Wir werden bald heiraten. Aber sonst … Ja, ich sagte Ihnen doch, dass ich Mrs. Fortnam befreien werde.«
Der Gouverneur ordnete eine ohnehin perfekt sitzende weiße Locke an seiner Perücke. »Womit Ihnen mehr gelungen ist als sämtlichen Armeen der Krone, die meine Vorgänger in dieses Brigantennest geschickt haben. Respekt, Mr. Fortnam! Und obendrein haben Sie ein paar Niggerkinder mitgebracht.« Er lächelte väterlich zu Dede und Jefe herunter, die ehrfürchtig die prächtigen Möbel und Teppiche in der Residenz bewunderten. »Immer an den Nachwuchs denken … Das Mädchen wird ja wohl mal eine Schönheit …« Dedes ähnlichkeit mit Nora schien dem Gouverneur nicht aufzufallen. »Aber Sie …« Er wies etwas peinlich berührt auf Dougs Krücken und seine schmutzigen Verbände. »Brauchen Sie einen Arzt?«
»Ich hatte tatsächlich einen kleinen Zusammenstoß mit ein paar Maroons«, bemerkte Doug gelassen. »Aber bemühen Sie sich nicht, die Queen selbst hat sich bereits darum gekümmert. Mistress Nanny hat mich weiterhin als Anwalt beauftragt, Ihnen dieses Vertragswerk vorzulegen. Wenn Ihre Advokaten es bitte auch noch prüfen würden – Mistress Nanny und Mister Cudjoe, die unter ihresgleichen übrigens die Titel Queen und King tragen, was uns etwas übertrieben erscheinen mag, im Interesse der guten Zusammenarbeit aber berücksichtigt werden sollte, würden dann gern Ihrer Einladung nach Spanish Town Folge leisten. Zu einer Vertragsunterzeichnung im Rahmen angemessener Feierlichkeiten. Ach ja, und es wäre der Sache nicht förderlich, wenn Sie die Bürger von Nanny Town weiterhin Briganten oder Nigger nennen. Meine Kinder hören das auch nicht gern. Darf ich vorstellen, Exzellenz: mein Sohn Jeffrey, meine Tochter Deirdre.«
Die Augen des Gouverneurs weiteten sich, und Nora schenkte ihrem Mann einen bewundernden Seitenblick.
»Also, ich hätte jetzt gern ein Bad«, mischte sie sich ein, bevor Trelawny noch antworten konnte. »Vielleicht lässt sich das ja machen. Und mein Mann braucht Ruhe. Über die Einzelheiten dieses Vertrags können Sie dann später noch verhandeln.«
Der Gouverneur sandte noch am gleichen Tag Boten nach Cascarilla Gardens, und Kwadwo ließ es sich nicht nehmen, seinen Herrn und seine Herrin selbst in Spanish Town abzuholen. Doug war so glücklich, ihn zu sehen, dass er ihn spontan umarmte.
»Alles in Ordnung auf der Pflanzung?«, fragte Doug.
Kwadwo nickte, zupfte dabei aber an seiner Lippe herum. »An sich schon. Aber es gibt … Gerüchte …« Der schwarze Vormann wirkte besorgt. »Ich sollte Ihnen das nicht sagen, aber ich bin überzeugt, dass Mr. Ian auch etwas gehört hat. Das Mädchen Máanu soll in der Gegend gesehen worden sein. Und die Leute
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