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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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wenig enttäuscht. Sie hatte eigentlich gehofft, gleich nach Cascarilla Gardens weiterreisen zu können. Natürlich reizte sie auch die Erforschung der Stadt Kingston, aber vor allem sehnte sie sich nach der Bucht ihrer Träume. Elias’ Plantage sollte nah am Meer liegen. Nora konnte es kaum abwarten, über den Strand zu gehen und die Wärme des Sandes unter den Füßen zu spüren. Zudem war Cascarilla Gardens nicht allzu weit weg, die Pflanzung lag gut fünf Meilen südöstlich von Spanish Town und ebenso viele südwestlich von Kingston. Zwischen den Orten musste es auch annehmbar ausgebaute Verbindungswege geben, also sollte es möglich sein, Elias’ Besitzungen in weniger als einem halben Tag zu erreichen. Zu Pferd hätte Nora es in gut einer Stunde leicht geschafft, aber sie sah natürlich ein, dass man Aurora nach der langen Stehzeit auf dem schwankenden Schiff nicht direkt entladen und reiten konnte. Mal ganz abgesehen davon, was Elias dazu gesagt hätte! Er wollte seine englische Lady vorführen, und dazu eignete sich eine offene Kutsche zweifellos besser. Wahrscheinlich war dies auch der Grund, weshalb er noch einen Tag in der Stadt verbringen wollte.
    Nora seufzte. Hoffentlich plante er nicht gleich ein großes Dinner – bislang waren schließlich nicht mal all ihre Kleider ausgeladen. Sie würde Lady Hollister sogar bitten müssen, ihr einen Sonnenschirm zu leihen, wenn sie an diesem Tag noch länger im Freien verweilen sollte. Ihr eigener war nach der stürmischen Überfahrt zerfetzt. Natürlich besaß sie noch etliche weitere – man trug die Seidenschirme passend zu den Kleidern –, aber die lagen noch in ihren Reisetruhen im Bauch des Schiffes. Womöglich dauerte es gar mehr als einen Tag, alles auszuladen! Nora seufzte voller Ungeduld. Sie konnte sich mit einem kurzen Aufenthalt abfinden, aber am kommenden Tag wollte sie auf jeden Fall nach Cascarilla Gardens!
    Elias lachte, als sie diese Gedanken äußerte. »Na, du kannst es ja gar nicht abwarten, deine neue Heimat zu sehen!«, neckte er sie. »Sehr gut, sehr vielversprechend – meine erste Frau hatte Tränen in den Augen, als sie vom Schiff aus die menschenleeren Strände sah, und aus der Stadt wollte sie gar nicht weg.« Es war das erste Mal, dass er von seiner verstorbenen Gattin sprach, und Nora war es etwas peinlich, so offen mit ihrer Vorgängerin verglichen zu werden. Zumal es sich anhörte, als prüfe man hier ein Jagdpferd auf den Elan, mit dem es ein Hindernis anging … »Aber mach dir keine Sorgen, wir fahren morgen weiter, das Ausladen brauche ich nicht zu überwachen. Allerdings will ich mir von Hollister nicht auch noch Frachtwagen und Landauer leihen. Also schicken wir heute noch einen Boten nach Cascarilla, und morgen sind die Wagen dann da. Bis dahin werden auch die Pferde entladen, die können dann gleich mitlaufen.«
    Nora biss sich auf die Lippen. »Ich glaube nicht«, wandte sie ein. »Wir werden doch nicht die ganze Zeit Schritt fahren, oder? Und so eine lange Strecke traben, nach mehr als zwei Monaten absoluter Unbeweglichkeit auf dem Schiff …«
    Elias zuckte die Schultern. »Wie du meinst. Gut, dass du’s gleich sagst, dann lasse ich zwei Neger schicken, die sie rüberführen …«
    Nora runzelte die Stirn. »Führen?«, fragte sie. »So viele Meilen? Die Leute müssten Stunden neben ihnen herlaufen, und das bei dieser Hitze! Können sie nicht einfach bei deinem Freund im Stall bleiben, bis wir das nächste Mal in die Stadt kommen? Das geschieht doch sicher oft, und ich könnte Aurora dann heimreiten.«
    Elias lachte schallend. »Nora, glaub’s mir, für die Jungs ist das eine Belohnung, wenn sie mal ein paar Stunden mit so einem Pferd spazieren gehen dürfen, statt Zuckerrohr zu schneiden. Und du denkst doch wohl auch nicht, dass ich denen für den Hinweg eine Kutsche stelle! Die Schwarzen sind alle gute Läufer, keine Sorge!«
    Nora fand das befremdlich – es würde ohnehin ein Frachtwagen mitkommen, warum ließ man die Leute nicht einfach dort einsteigen? Aber dann sah sie etwas, das sie noch viel mehr erregte als die Zumutung, einen Dienstboten ein paar Meilen laufen zu lassen. Ein weiteres Schiff am Kai öffnete seine Luken zum Entladen seiner Fracht, und Menschen taumelten heraus. Schockiert starrte Nora auf die vielleicht sechzig Schwarzen – die meisten von ihnen junge Männer, aber auch ein paar Frauen darunter, die sich mühsam mit Ketten gefesselt ins Freie schleppten. Sie blinzelten. Ob man sie während

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