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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Italien und schuftete in einer Ölmühle in Spanien. So mancher Stutzer unter seinen Nachbarn auf Jamaika oder seinen Kommilitonen in Oxford hätte all das sicher als unter seiner Würde empfunden, aber Doug freute sich an den schwellenden Muskelpaketen unter seiner Haut. Er war von jeher eher ein Handarbeiter als ein Denker gewesen und hatte sich auch an der Universität mehr als geschickter Fechter und Ruderer denn als eifriger Student erwiesen.
    Insofern verließ er sie jetzt auch, ohne sein Studium der Rechte vollständig zu beenden. Nach den vielen Monaten im Süden ertrug er die englische Landschaft nicht mehr, den ständigen Regen und die Kälte. Doug war jetzt vierzehn Jahre von Jamaika fort gewesen. Seine Geduld war zu Ende, und er wusste längst mehr über das See-und Handelsrecht der verschiedensten Nationen, als er für den Vertrieb des Fortnam’schen Zuckerrohrs jemals brauchen würde. Genug war genug, Doug wollte nach Hause!
    Seinen Vater setzte er im Vorfeld nicht davon in Kenntnis, dass er plante, Oxford zu verlassen. Elias Fortnam war imstande, sich gleich wieder nach England einzuschiffen, um seinen Sohn zu disziplinieren – wahrscheinlich wollte seine junge Gattin ohnehin jetzt schon wieder nach Hause. Doug jedenfalls gedachte, seinen Vater und seine neue Stiefmutter auf Jamaika zu überraschen. Und er verschwendete keinen Gedanken darauf, seinen Vater um Geld zu bitten. Stattdessen schlug er sich nach Liverpool durch und heuerte als Matrose auf einem Dreimaster an. Fast drei Monate lang kämpfte er mit dem Ungeziefer in seiner Koje unter Deck, langweilte sich beim Deckschrubben und genoss atemberaubende Momente beim Herumklettern auf der Takelage. Doug war schwindelfrei und liebte Mutproben – bald war er stets der Erste, der zum Einholen der Segel die Masten erkletterte, eine Wache ganz oben auf dem Ausguck war ihm lieber als eine schwülwarme Nacht im Innern des Schiffes.
    Als der Schoner schließlich am ersten Weihnachtstag des Jahres 1732 Jamaika erreichte, hatte er so viel Geschmack am Leben auf See gewonnen, dass er darüber nachdachte, gleich auf dem nächsten Schiff anzuheuern. Aber dann warf er den ersten Blick auf die Gestade seiner Heimat und vergaß die Idee sofort. Die weißen Strände im Licht der aufgehenden Sonne, der Dschungel, die Berge … hier, genau hierhin hatte er gewollt, und man würde schon Gewalt anwenden müssen, um ihn wieder von der Insel zu vertreiben!
    Auch Dougs Reise endete in Kingston, und er freute sich an der lebhaften Hafenstadt, die in den Jahren seiner Abwesenheit deutlich gewachsen war. An den Anblick der vielen Schwarzen – auch da mussten im letzten Jahrzehnt Tausende hinzugekommen sein – musste er sich allerdings erst wieder gewöhnen. Sein Herz schlug sofort höher, als er an Akwasi und die kleine Máanu dachte. Letztere würde er vielleicht wiedersehen – was Ersteren anging, so glaubte er das nicht. Sein Vater hatte damals geschrien, er gedenke, ein Exempel zu statuieren. Ganz sicher hatte er den Jungen verkauft. Bei der Erinnerung an diese Szene befiel Doug ein wohlbekanntes Gefühl der Schuld. Er versuchte es niederzukämpfen. All das war vierzehn Jahre her. Es war vorbei.
    Doug schlenderte die Hafenanlagen entlang. Vielleicht hatte er ja Glück, und irgendein Schiff lud Pferde aus, die zu verkaufen waren. Tatsächlich fand er jedoch nur Sklavenschiffe. Eine Sänfte mit sechs Trägern, dachte er bissig, hätte sich sofort bemannen lassen, aber an Pferden mangelte es nach wie vor in der ganzen Region. Schließlich fragte er gezielt nach einem Händler und handelte dann einen horrenden Preis für einen kleinen braunen Hengst mit ihm aus, der erst wenige Tage zuvor geliefert worden war. Das Pferd kam aus Spanien, Doug fragte lieber nicht nach, wie der Händler – oder der Seemann, der ihm das Tier verkauft hatte – wohl darangekommen war. Noch immer lieferten sich englische und spanische Schiffe mitunter Gefechte auf See, obwohl offiziell gerade kein Krieg herrschte und auch die Piraterie angeblich stark eingedämmt worden war. Der Händler forderte Dougs gesamte Heuer für das Pferd und gab nur widerwillig Sattel und Zaumzeug dazu, als Doug ihm glaubwürdig versicherte, damit sei seine Barschaft erschöpft. Doug händigte ihm sein letztes Geld mit Bedenken aus, aber dann sagte er sich, dass ihn sein Vater schon nicht aus dem Haus weisen würde. Frohgemut sattelte er das Pferd, taufte es – stolz auf seine drei Worte Spanisch – auf den

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