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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Namen Amigo und ritt in Richtung Spanish Town.
    Der Hengst schritt fleißig aus, und Doug freute sich an der Morgensonne über dem Meer und an den schattigen Wegen zwischen den Tabak-und Zuckerrohrfeldern. Wobei ihm auffiel, dass Letztere verwaist waren. Gewöhnlich kam man hier nie durch, ohne mindestens einem Trupp Sklaven bei der Arbeit zu begegnen. Aber dann erinnerte er sich an Weihnachten. Sicher, heute war der höchste christliche Feiertag, der einzige Tag, an dem die Plantagenbesitzer den Sklaven traditionell freigaben. Doug nahm das als gutes Omen. Erstens kam er schneller vorwärts, wenn keine Maultier-und Ochsenkarren im Weg standen und keine Aufseher im Vollgefühl ihrer Wichtigkeit auf Pferden saßen, die sie mitten auf der Straße angehalten hatten. Und außerdem würde der Festtag seinen Vater milder stimmen.
    Tatsächlich ließ Amigos flotter Trab die Meilen nur so dahinschwinden. Es war noch lange nicht Mittag, als er die Grenze zwischen dem Land der Hollisters und Fortnams passierte und sein Pferd dann unschlüssig parierte. Wenn er jetzt direkt zur Farm ritt, würde er den Rest dieses verheißungsvollen, sonnigen Tages im Haus verbringen. Er müsste seinem Vater Rechenschaft ablegen – wovor er sich fast etwas fürchtete – und seine seltsame neue Stiefmutter kennenlernen. Eine Frau, die jünger war als er selbst. Doug konnte sich keinen Grund vorstellen, aus dem Nora Reed seinen Vater geheiratet hatte. Wahrscheinlich ein Arrangement zwischen Elias Fortnam und ihrem Vater – das Mädchen musste eine fügsame Langweilerin sein, wenn sie sich darauf eingelassen hatte. Wahrscheinlich würde sie jede Gelegenheit nutzen, über das Klima in ihrer neuen Heimat zu klagen, den Mangel an Gesellschaft, Kunst und Kultur … Die meisten Frauen der Pflanzer waren chronisch gelangweilt und unglücklich. Doug würde sich das früh genug anhören müssen.
    Aber hier war ein Abzweig zum Strand! Wenn er den schmalen Weg entlangritt, der die Hollister-und Fortnam-Plantagen trennte, kam er in den Dschungel, und von dort aus sollte er eigentlich die Bucht finden, die zu Cascarilla Gardens gehörte. Doug sehnte sich mit jeder Faser seines Herzens nach diesem Strand. Er hatte unzählige Nächte davon geträumt, sich immer wieder an die Stunden erinnert, die er dort mit Akwasi verbracht hatte, ihre Spiele, ihre Wettläufe, ihr Gelächter und ihr Gerangel im Sand. Das Meer war immer warm gewesen, die Sonne hatte immer geschienen … Doug lächelte und bog entschlossen ab. Seinen Vater würde er noch früh genug wiedersehen. Jetzt kehrte er erst mal heim an seinen Strand. Doug erreichte die Bucht an ihrem äußersten östlichen Ende und konnte sein Glück kaum fassen. Er hatte das Gefühl, als hätte er sie erst am Tag zuvor verlassen. Nein, es gab nichts, absolut nichts Vergleichbares in Europa! Keinen so weißen Sand, keinen so sattgrünen Dschungel, kein so blaues Meer. Doug hatte das dringende Bedürfnis, seiner Freude Luft zu machen. Er ließ Amigo angaloppieren, und der kleine Hengst schien seine Begeisterung zu teilen. Mit großen Galoppsprüngen pflügte er durch den Sand – aber dann spitzte er plötzlich die Ohren und verhielt so abrupt, dass Doug fast aus dem Sattel gefallen wäre. Er folgte dem Blick des Hengstes und erkannte ein anderes Pferd, das etwa in der Mitte der Bucht an einem Mangrovenbaum festgebunden war. Doug hätte es vielleicht gar nicht bemerkt, die starken äste und das Blattwerk des Baumes verdeckten es fast, aber der Hengst hatte es natürlich gewittert und näherte sich ihm jetzt mit unternehmungslustig erhobenem Kopf. Eine Stute, keine Frage. Und eine außerordentlich schöne! Verwundert registrierte Doug die Hochbeinigkeit des Tieres – unverkennbar die Silhouette eines Rennpferds.
    Amigo strebte entschlossen weiter, aber ein Instinkt ließ Doug die Zügel annehmen. »Nein, lass mal, Junge, wir halten uns hier erst mal diskret im Hintergrund«, wisperte er ihm zu und lenkte ihn vom Strand weg in den Dschungel.
    Energisch verbot er seinem Pferd zu wiehern, um sich nicht zu verraten, wobei er sich fast ein bisschen kindisch vorkam. Klar, mit Akwasi hatte er hier stets »Eingeborene und Piraten« oder »Pflanzer und Maroons« gespielt, aber Piraten kamen nicht zu Pferde, und Maroons banden ihre Tiere nicht am Strand an. Die freien Schwarzen aus dem Inland waren für blitzschnelle Aktionen bekannt. Sie überrannten eine Farm, töteten die Pflanzer und meist auch zumindest die Haussklaven,

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