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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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die langen schwarzen Haare teilweise verdeckt. Ihre Seele war aus jener Zeit noch wund, doch zerstreute jeder Tag seit der Befreiung mehr und mehr ihre Niedergeschlagenheit. Am stärksten haftete ihnen das Mißtrauen gegen alles an, was sie umgab. Wie sehr aber hatten sie sich in der Freiheit schon geändert!
    Aus ihren Erzählungen entnahm ich, daß sie vor vier Jahren in Gefangenschaft geraten waren. Arnak hatte damals das Alter Waguras, und im Laufe von vier Jahren konnten sich
    viele Einzelheiten in seinem Gedächtnis verwischt haben. Ich machte ihn darauf aufmerksam und äußerte Zweifel an der Genauigkeit seiner Angaben.
    „ Ich entsinne mich", beteuerte der Indianer mit unerschütterlichem Ernst, „ich entsinne mich deutlich an alles aus jener Zeit."
    „Gibt es in der Nähe eurer Wohnsitze Inseln?"
    „In der Nähe nicht. Wir können viele Tage lang mit dem Kanu aufs Meer hinausfahren, ohne eine Insel zu sehen."
    „Das Karibische Meer ist mit verschiedenen Inseln besät", sagte ich zweifelnd. „Und euer Meer hat keine Inseln?" „Nein, Herr."
    Schade, daß ich in der Geographie dieser Gegend sowenig bewandert war. Aus Arnaks Worten konnte ich mir kein annähernd klares Bild machen, doch gab ich meine Bemühungen nicht auf:
    „Kanntet ihr in eurem Dorf keinerlei Inseln, auch nicht vom Hörensagen?"
    „Doch, Herr, wir hörten davon. Es gibt eine solche Insel, die von bösen Menschen bewohnt wird, von Spaniern. Sie waren es, die unser Dorf überfielen und uns in die Sklaverei verschleppten. Sie brauchen viele Sklaven, denn sie fischen Perlen im Meer. Sie verwenden die Sklaven als Taucher. . ."
    „Auf welche Weise kamst du aber auf unser englisches Schiff ,Gute Hoffnung', wenn du dich, wie du sagst, in den Händen der Spanier befandest?"
    „Die Engländer überfielen das spanische Schiff und übernahmen alle Gefangenen."
    „Erinnerst du dich, wie die Insel heißt, wo es die Perlen und die bösen Menschen gibt?"
    Arnak sprach eine Weile auf arawakisch mit Wagura und sagte dann:
    „Margarita, Herr."
    Den Namen hatte ich auf dem Kaperschiff wiederholt gehört. Die Insel lag einige hundert Meilen westlich der Orinoko-Mündung und der Insel Trinidad. Wir kannten den Reichtum der Insel, und es hatte uns sehr danach gelüstet. In ihrer Nähe hätten wir so manches spanische Schiff mit reicher Beute aufbringen können.
    „War es von eurem Dorf weit bis zu jener Insel?"
    „Einige Tagesfahrten mit einem schnellen Kanu."
    „In welcher Richtung?"
    „In Richtung der untergehenden Sonne."
    Nun dämmerte es in meinem Kopf. Das Dorf der Jungen befand sich auf dem Festland, ungefähr auf halbem Wege zwischen der Orinoko-Mündung und jener Insel Margarita.
    „Ist die Insel groß?" fragte ich.
    „Man sagt, sie sei sehr groß", erwiderte Arnak.
    Blitzartig kam mir der Gedanke, ob die Umrisse der ausgedehnten Insel im Norden, die man von meiner Anhöhe sehen konnte, gar die der Insel Margarita seien.
    „Habt ihr die Insel im Norden bemerkt?" fragte ich die Indianer.
    „Ja, Herr."
    „Glaubt ihr, das sei Margarita?"
    In den Augen der Jungen beobachtete ich Unruhe. Die bloße Vermutung, daß jene „bösen Menschen" in der Nähe wohnten, jagte ihnen Angst ein.
    „Wir wissen es nicht, Herr", murmelte Arnak. „Wir wissen es nicht . . ."
    „Und im Süden von uns, ist das eine Insel?"
    „Das ist keine Insel, Herr", verneinte der Junge lebhaft.
    „Keine Insel?"
    „Nein, das ist Festland."
    „Woher weißt du das?"
    Die Jungen waren sicher, daß es Festland sei. Ihre Gewiß- heit leiteten sie aus verschiedenen Anzeichen her, vor allem daraus, daß sich der furchtbare Beherrscher des amerikanischen Urwalds, der Jaguar, von Zeit zu Zeit auf unserer Insel aufhielt. Jaguare leben auf dem Festland, nicht auf Inseln.
    Wenn sich also ein Jaguar sehen ließ, so mußte er die Meerenge vom Süden her durchschwommen haben. Das bewiesen die Spuren am Ufer, auch hatten die Jungen es selbst einmal beobachtet.
    „Sollte es ihnen möglich gewesen sein, eine so große Wasserfläche zu durchschwimmen?" warf ich ungläubig ein.
    „Ja, Herr. Wir haben es mit eigenen Augen gesehen. Die Jaguare sind vortreffliche Schwimmer . . .”
    „Und wozu sollte er hier herübergeschwommen sein?" „Auf dem Westufer der Insel gibt es viele, viele Schildkröten. Der Jaguar frißt gern Schildkröten."
    Die Indianer galten als vorzügliche Kenner vieler Geheimnisse der Pflanzen-und Tiernatur. Die Beobachtungen der Jungen entsprachen zweifellos den

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