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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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aus und schneide sie zurecht. Wir werden die Hasen daran braten!"
    Er verstand das ihm entgegengebrachte Vertrauen und freute sich darüber. Ich erblickte in seinem Gesicht ein kaum merkliches Lächeln. Er lief ins Gebüsch. Als er zurückkam, gab er mir das Messer sogleich wieder.

Ich bin nicht Freitag
    E s begann ein Leben zu dritt. Da ich die Gesinnung der jungen Schicksalsgenossen nicht kannte und i m allgemeinen keine allzu hohe Meinung von den Indianern hatte, hielt ich sie möglichst fern von mir. Ich befahl ihnen, neben meiner Höhle, etwa ein Dutzend Schritt davon entfernt, ein Schutzdach zu errichten, unter dem sie nachts schliefen. Ich vertraute ihnen nicht genügend, um ihnen bereitwillig Zutritt zur Höhle zu gestatten. Im übrigen beobachteten die Indianer ihrerseits die gleiche Vorsicht und zogen es vor, draußen zu schlafen.
    Ich hatte nun in meiner Wirtschaft mehr Mäuler satt zu machen, dafür fiel es uns jetzt auch unvergleichlich leichter, Nahrung zu beschaffen und überhaupt sämtliche Arbeiten zu verrichten. Die beiden leisteten mir große Hilfe. Sie waren ausgezeichnete Bogenschützen. Arnak verfehlte fast nie das Ziel. Sie kannten Lianengattungen, die sich zu Sehnen und Schnüren weit besser eigneten als die bisher von mir benutzten. Ich machte sie mit dem Gelände rund um den See des Überflusses bekannt und schickte sie auf Jagd aus. Ich lehrte sie, Wildfallen auf virginische Art zu stellen, während ich mir einige von ihren Jagdgewohnheiten aneignete.
    Großen Nutzen brachte mir ihre hervorragende Kenntnis der Pflanzen auf der Insel. Gleich am ersten Tage fand Arnak im Dickicht die fleischigen Blätter irgendeiner Agavenart, die, an meinen Arm gelegt, meine Pfeilwunde erstaunlich rasch heilten.
    Unser Küchenzettel wurde reichhaltiger. Die Jungen kannten viele wildwachsende Gemüsesorten und genießbare Wurzeln. An Kokosnüssen hatten wir keinen Mangel mehr. Die gewandten Burschen kletterten auf die höchsten Palmen und warfen die Früchte herab.
    Ihre ungewöhnliche Vertrautheit mit der hiesigen Pflanzen welt bewies, daß sie aus einer Gegend stammten, die von meiner Insel nicht weit entfernt lag. An einem der ersten Tage kamen wir auf diese für mich so wichtige Frage zu sprechen, denn ich beschäftigte mich unablässig mit dem Gedanken, wie ich die Insel verlassen könnte. Sie sagten mir, daß sie zum Stamm der Arawaken gehörten, der an der Festlandsküste zu Hause sei. Das Dorf, in dem sie lebten, liege am offenen Meer.

     

    „An der Festlandsküste?" überlegte ich. „Und kennt ihr den großen Fluß, den die Spanier den Orinoko nennen?"
     
    „Ich hörte von ihm", erwiderte Arnak. „An der Mündung dieses Flusses leben unsere Feinde, die Guarauno-Indianer."
    „Wenn es eure Feinde sind, so leben sie wohl unweit von euch?"
    „Nein, Herr, es ist weit bis zu ihnen. Unsere Krieger ruderten so viele Tage am Meeresufer entlang, wie es Finger an beiden Händen gibt, um zu den Hütten der Guarauno zu gelangen.”
    „Weißt du, in welcher Richtung die Krieger ruderten?" „Ich weiß es, Herr. In Richtung der aufgehenden Sonne; unterwegs mußten sie aber eine große Bucht überqueren."
    Daraus konnte ich schließen, daß die Heimat der Jungen im Westen der Orinoko-Mündung lag.
    Die klaren, sachlichen Antworten Arnaks gefielen mir. Ich betrachtete mit Wohlgefallen sein dunkelbraunes Gesicht, dem die regelmäßigen Züge einen eigenartigen Reiz verliehen. Er hatte schmale, ein wenig zusammengepreßte Lippen, eine gerade, wohlgeformte Nase und große, träumerische schwarze Augen, war schlank und wie viele Indianer besinnlich veranlagt, im Gegensatz zu Wagura, dem Jüngeren der beiden. Nachdem dieser sich an mich gewöhnt hatte, verlor er seine anfängliche Befangenheit und platzte oft mit lautem Lachen heraus. Er war ein untersetzter Bursche mit fleischigen Lippen, breiten Nasenflügeln und von lebhaftem Wesen; man konnte ihn an sich als häßlich bezeichnen. Obwohl er aus demselben Dorfe stammte, stellte er einen Typ dar, der von seinem älteren Kameraden völlig abwich.
    Auf dem Schiff kannte ich sie als erschrockene, getretene und durch ständige Torturen verblödete, tierähnliche Wesen. Diese schmachvolle Periode hatte deutliche Spuren an ihnen hinterlassen: Die meisten Zähne waren ihnen eingeschlagen, tiefe Narben bedeckten ihren Körper, ihre Ohren bestanden nur noch aus Fetzen. Wagura hatte man die linke Ohrmuschel ganz abgeschnitten. Zum Glück wurden diese Entstellungen durch

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