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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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trübsinnig drein. Nachdem ich die Vorzüge des ergebenen Freitag ausgiebig gelobt hatte, wandte ich mich an Arnak.
    „Nach dem Vorbild Robinson Crusoes gebe ich dir einen neuen Namen. Von heute an wirst du Freitag heißen."
    „Ich heiße Arnak, Herr", erwiderte der Junge bescheiden, ein wenig erheitert. „Arnak, nicht Freitag."
    „Freitag", sagte ich nachdrücklich. „Arnak ist heute gestorben, und Freitag wurde geboren."
    Er schaute mich aufmerksam an, als wolle er meine Absichten erraten. Nach einer Weile versicherte er mir mit ernstem Gesichtsausdruck:
    „Nein, Herr, Arnak lebt!"
    „Das ist nicht wahr", widersprach ich laut. „Arnak existiert nicht mehr. Du bist Freitag — ein für allemal!"
    Der Junge gab nicht nach.
    „A-r-n-a-k, Herr!” sagte er ruhig, die einzelnen Buchstaben dehnend.
    Sein unerschütterlicher Widerstand reizte mich. Es war für mich etwas Neues, Unerwartetes in seinem Wesen. Woher nahmen die jungen Rothäute soviel Unnachgiebigkeit?
    Ich beschloß, es auf eine Kraftprobe ankommen zu lassen, selbst wenn ich genötigt sein sollte, ihn wegen Ungehorsams zu verprügeln.
    „Freitag", wandte ich mich im Befehlston an Arnak. „Reich mir diesen Kürbis mit Wasser!"
    Der Kürbis lag einige Schritte von der Feuerstelle entfernt auf der Erde. Der Junge erriet, daß das eine Herausforderung sein sollte. Er erstarrte regungslos, im Begriff, sich zu widersetzen. Mit hartem Blick sah er mich an. Doch die innere Erregung, die sich wahrscheinlich in meinem Gesicht widerspiegelte, warnte ihn vor dem Sturm. Er wurde weich, stand auf, verließ mit langsamen Schritten die Feuerstelle und brachte mir den Kürbis mit Wasser.
    Ich lächelte ihm freundschaftlich zu und trank einen Schluck.
    „Ich danke dir, Freund Freitag!" sagte ich.
    Der Junge setzte sich auf seinen Platz an der Feuerstelle. Erregt strich er sich das Haar. Er schaute ins Feuer und erklärte mir höflich, wenn auch mit vorsichtigem Nachdruck:
    „Arnak brachte dir das Wasser, Herr!"
    Ein widerspenstiger Bursche! dachte ich voll Bewunderung, obwohl mich die Wut packte.
    Die Regenperiode ging vorüber. Die Sonne, die bis vor kurzem in den Mittagsstunden im Norden geschienen hatte, kehrte langsam zurück und stand wieder senkrecht über unseren Köpfen am Himmel. Die Gluthitze wurde von Tag zu Tag unerträglicher. Schwere Arbeit verrichteten wir nur morgens, von der Dämmerung an, und am Nachmittag bis zum Dunkelwerden.
    Mein Stolz, das bebaute Feld, bereitete mir nur halbe Freude. Der Mais schoß so voll und üppig in die Höhe, daß einem das Herz im Leibe lachte; dagegen versagte die Gerste völlig. Sie war nur spärlich aufgegangen, und nachdem sie eine winzige Höhe erreicht hatte, begann sie - als sei sie durch diese Dreistigkeit erschrocken —, sich zu krummen, zu verkümmern und zu vertrocknen. Sie gedieh nicht.
    Ein ungelöstes Rätsel blieb es für mich, daß sich die Gerste Robinson Crusoes auf der Insel vortrefflich vermehrt und reiche Körner getragen hatte. Bei mir war es ein Mißerfolg. Das heiße tropische Klima eignete sich offenbar nicht für Gerstenanbau. Obgleich ich nur die Landwirtschaft in Virginia und nicht in den Ländern der heißen Zone kannte, wurde mir klar, daß die Gerste als Pflanze eines gemäßigten Klimas die Tropensonne nicht vertrug.
    Wie herrlich dagegen entwickelte sich der Mais! Als er jedoch die Höhe eines Menschen erreichte und die Früchte, rundum mit unzähligen Körnern besetzte Kolben, zu reifen begannen, erwuchsen uns unverhoffte Schwierigkeiten. Allerhand gefiedertes und vierbeiniges Pack wetzte Schnäbel und Zähne nach meinem Felde und stahl mit unglaublicher Gefräßigkeit die Früchte. Wir führten eine strenge Wache ein, wobei wir uns gegenseitig ablösten. Sie dauerte anfänglich vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung und wurde bald darauf auch auf die Nachtzeit ausgedehnt, da wir merkten, daß sich auch nachts Liebhaber des leckeren Maises einzufinden pflegten.
    An der Wache beteiligte ich mich in gleichem Maße wie die Indianer. Eines Tages mußte ich während meiner Wachzeit ins Dickicht laufen, wo ich neuartige Schlingen für Hasen ausgelegt hatte. Ich befahl Arnak, der im Augenblick nichts zu tun hatte, mich zu vertreten.
    „Freitag", rief ich. „Ich muß wegen der Schlingen in den Wald gehen. Paß inzwischen auf den Mais aufl"
    Überzeugt, daß er mich gehört hatte, ging ich fort. Als ich aus dem Dickicht zurückkehrte, fand ich ihn zu meinem Erstaunen an derselben

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