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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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trieb auch der verletzte Stolz des Grenzbewohners, der sich durch die Verachtung und rücksichtslose Unverschämtheit des Schiffstyrannen gekränkt fühlte. Also war mein Verdienst um den Indianerjungen nicht so rein und groß, daß ich Ursache gehabt hätte, Arnak und Wagura wegen dieses Pfeils allzusehr zu grollen.
    Durch die Öffnung im Steinwall drang ein Strahl der aufgehenden Sonne in die Höhle. Die Zeit verging. Ich mußte die Lage klären, mußte handeln.
    „Arnak!" sagte ich zu dem Indianer. „Als du am Mast festgebunden standest, wer hat dir nachts Trinkwasser gereicht?" Der Junge blickte mich forschend an, schwieg jedoch.
    „Nun, entsinnst du dich nicht?" Sein erneuter Widerstand machte mich ungeduldig.
    „Ich entsinne mich", stotterte er leise.
    „ Wer also?"
    „Du, Herr."
    „Und weißt du, was nachher daraus entstand?"
    Er begriff die Frage wohl nicht ganz. Ich versuchte, sie ihm mit anderen Worten zu erklären:
    „Am folgenden Tage mußte die Mannschaft unweit deines Mastes antreten; das wirst du wohl bemerkt haben?" „Ja."
    „Wen wollte der Kapitän dafür totschlagen, daß er dir half?" „Dich, Herr."
    „Siehst du, wie gut du dich erinnerst. Und wer hat dir beim Sturm, kurz vor dem Untergang des Schiffes, die Fesseln zerschnitten?"
    „Du, Herr?" brachte er erstaunt hervor.
    „Ja, ich."
    „Ich wußte es nicht ...", flüsterte er.
    Vor Verlegenheit flatterten Arnak die Lider. Ich konnte ihm ansehen, wie bewegt er war.
    „Und ihr?" sagte ich vorwurfsvoll. „Ihr wolltet mich durch einen Pfeil töten!"
    Meine Worte hatten den Jungen offensichtlich verwirrt. Er gab sich Rechenschaft über die Ungehörigkeit seines Verhaltens. Ihm lag daran, seinen guten Willen zu zeigen; doch wußte er nicht, wie er es anfangen sollte. Auf meine Frage, warum sie nach mir geschossen hätten, wiederholte er schließlich noch einmal: „Weil du ein Weißer bist, Herr!"
    Wer hatte schuld daran, daß diese Wilden sich eine so schändliche Meinung über uns Weiße bildeten? War es nicht unsere eigene Schuld und nicht die ihre?
    Ich neigte mich über ihn und befreite ihn mit einem Messerschnitt von den Fesseln.
    „Du bist frei! Geh!"
    Er streckte die erstarrten Hände und Füße, ohne den verblüfften Blick von mir zu wenden, und schluckte, als sei ihm die Kehle eingetrocknet.
    „Du bist hungrig", sagte ich freundlich.
    „Ja, Herr."
    „Wir wollen die Steine am Eingang wegräumen. Du gehst als erster hinaus. Sag Wagura, er möge die Pfeile für eine bessere Gelegenheit aufbewahren ... Wir werden uns aus zwei Hasen ein Frühstück bereiten. Lauft in das Gebüsch nach Reisig für das Feuer . . ."
    Im Nu hatten wir die Steine beiseite gewälzt. Arnak eilte aus der Höhle und lief laut schreiend in die Sträucher. Ich nahm Bogen und Pfeile, ergriff den Knüppel, betastete das Messer am Gürtel und ging langsam hinter dem Jungen hinaus. Vor der grellen Tageshelle mußte ich die Augen schließen. Ich stand inmitten der Lichtung und suchte, halbgeblendet, das mich umgebende Gebüsch ab. Ich sah niemand, nichts bewegte sich. Arnak war verschwunden, als hätte ihn die Erde verschluckt.
    Ich wandte mich zur Feuerstelle. Hier kauerte ich nieder, legte die Waffen beiseite und blies in die vom gestrigen Abend noch heiße Asche. Ich befand mich im offenen Gelände; was war einfacher, als mir aus dem nahen Gestrüpp einen gutgezielten Pfeil in den Leib zu jagen? Während ich mit wachsamen Augen die Umgebung beobachtete, machte ich mich am Feuer zu schaffen, bereit, die Waffen sofort zu ergreifen und einen Überfall abzuwehren. Doch es ereignete sich nichts.
    Als die ersten Funken in der Asche zu glimmen begannen, hörte ich an den knickenden Ästen im Dickicht, daß sich die Burschen näherten. Sie brachten eine Menge trockener Zweige. Wagura kam gebückt hinter Arnak her. Der sechzehnjährige Grünschnabel verbarg nicht seine Furcht. Er schaute mich an, als wollte ich ihn fressen.
    Jetzt war jedoch keine Zeit für Angstgefühle. Ich leitete die Vorbereitungen für das Frühstück und trieb die Indianer zur Arbeit an; denn es gab allerhand zu tun.
    Wir mußten das Feuer entfachen und es am Brennen halten, die Hasen schlachten, im Kürbis Wasser aus dem Bach holen und zwei Stöcke zu Bratspießen schnitzen.
    „Hier, nimm!" rief ich und warf Arnak das Messer zu.
    Der Junge war ernstlich erschrocken, als er die Waffe in der Hand hielt. Ich lachte und erklärte ihm, worum es ging.
    „Lauf in den Wald, suche zwei gerade Äste

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