Die Insel der Verdammten
bedürfen."
„Das werden wir ihnen sagen, Jan!" versicherte Arnak. „Es ist die reine Wahrheit."
„Schon gut, schon gut ... Sie scheinen in einer bedrängten Lage zu sein, irgend etwas hat sie schwer bedrückt. Einen sinnlosen Krieg mit mir zu beginnen wäre der Gipfel der Dummheit."
„ Und wenn dieser Riese uns töten will?"
„Das ist unwahrscheinlich, schon allein Manauris wegen. Aber vielleicht ist er ein Hitzkopf, der seine fünf Sinne nicht beisammen hat! Sollte er drohen, so sagt ihm, ich lauere in der Nähe, und er bekäme, ehe er euch ein Leid antäte, eine Kugel in den Kopf. Ihr braucht nur zu schreien..."
„Paß auf, Jan. Wir werden uns in der Nähe des Lagerfeuers aufhalten, damit du uns stets im Auge hast."
„Ausgezeichnet! Was auch geschehen möge, ich werde euch wie mein eigenes Leben verteidigen. Ich habe es bereits einmal gesagt, daß ich euch in der Not nie verlassen werde."
„Jan, wir erinnern uns."
Sie gingen. Als es dunkel geworden war, schlich ich hinter ihnen her bis zum Ufer des Baches. Hier verbarg ich mich hinter einem Strauch. Das Lager befand sich einige Dutzend Schritt von mir entfernt, und ich konnte, wenn laut gesprochen wurde, nicht nur hören, sondern trotz der Dunkelheit auch sehen, da zwei kleine Feuer brannten.
Bald erreichten mich vernehmliche abgerissene Laute. Die Jungen hatten sich im Lager eingefunden. Ich sah, wie sie zur Feuerstelle schritten und die Menschenmenge um sich versammelten.
Wegen des Gedränges konnte ich nicht erkennen, was mit ihnen vorging. Ich schaute mich aufmerksam um. Nicht weit von mir befand sich eine Kokospalme. Unten wuchs der Stamm schräg und erst danach richtete er sich gerade empor. Barfüßig kletterte ich ohne Mühe daran hoch und konnte von oben das ganze Lager ausgezeichnet übersehen. Die Jungen standen, wie sie es vorausgesagt hatten, am Feuer. Uns trennten etwa achtzig Schritt; für einen Schuß in der Nacht war die Entfernung etwas zu groß. Ein Gewehr nahm ich mit nach oben, um es sofort bereit zu haben, das zweite legte ich neben dem Stamm auf die Erde.
Ich erblickte Manauri, als er die Jungen erkannte und sie gerührt begrüßte. Ebenso herzlich umarmten beide die erstaunten anderen Indianer, die offenbar demselben Stamm angehörten. Die anwesenden Neger waren nicht weniger erfreut, und sogar der Riese, der alle anderen um Kopfeslänge überragte, bewillkommnete wohlwollend die jungen Gäste. Ein Stein fiel mir vom Herzen, und guten Mutes wartete ich auf die weiteren Ereignisse. Arnak wies die ihn umringenden
Menschen mit lauter
Stimme an, sich zu setzen. Alle hockten daraufhin am Erdboden nieder, nur er, Wagura, Manauri und der große Neger blieben stehen.
Ein gewitzter Schelm! Voller Anerkennung dachte ich an den jungen Indianer, denn durch seine kluge Anordnung konnte ich die ganze Szene besser überblicken, und das hatte er offenbar beabsichtigt.
Ihre Unterhaltung, die sich bis in die späte Nacht hinzog, war lebhaft und verworren. Zuerst berichtete Arnak ausführlich über die Begebenheiten auf dem Kaperschiff und auf der Insel. Er zeigte seine vom Kapitän eingeschlagenen Zähne, Wagura dagegen die Narben auf den Schultern und das fehlende Ohr. Arnak bediente sich natürlich der arawakischen Sprache, und Manauri übersetzte seine Ausführungen nahezu Wort für Wort ins Spanische, damit alle Neger sie verstünden. Dann schilderte Manauri meinen Kameraden kurz, aber
anschaulich seine eigenen Erlebnisse; ich fühlte, daß sie mit der ausgedehnten Insel im Norden zusammenhingen, denn er wies oft in jene Richtung. Manauri sprach mit großer Beredsamkeit. Wie man sehen konnte, war er ein gereifter Mann und gewohnt, vor einem Kreis von Leuten das Wort zu führen. Zwischen den Palmen und Kakteen klang seine kräftige Stimme wie ein munterer Bergbach.
Nachdem er geendet, meldete sich Arnak aufs neue. Wahrscheinlich sprach er jetzt über mich. Während die Indianer ihm willig zuhörten, wurde unter den Negern, als Manauri übersetzte, abfälliges Murren laut. Der Riese trat vor und schimpfte entsetzlich. Die Indianer unterbrachen ihn, widersprachen. Ein gewaltiger Lärm entstand, bis es Manauri mit seinen besonnenen Argumenten gelang, die Streitenden zur Vernunft zu bringen und den Sturm zu glätten. Die Menschen einigten sich halb und halb — eine spürbare Entspannung trat ein. Arnak lief auf mein Versteck zu und fragte, wo ich sei.
Ich meldete mich. Als er zu mir trat, erklärte er in kurzen Worten die
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