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Die Insel der verlorenen Kinder

Die Insel der verlorenen Kinder

Titel: Die Insel der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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jagte Peter rund um den Esszimmertisch. Lizzy kreischte vor Entzücken und griff beim Zuschauen nach Rhondas Hand. Justine kam aus der Küche, einen Liebesroman mit rosa Cover in der Hand, um nach dem Grund für den Lärm zu schauen. Aggie griff in Clems Jackentasche, holte eine Packung Camel ohne Filter heraus, schüttelte eine Zigarette hervor und steckte sie mit einem Streichholz aus dem Streichholzheftchen an, das bei Clem immer unter der Zellophanhülle steckte. Mit verschränkten Armen verfolgte sie die Jagd durch eine Qualmwolke hindurch, die Augen aber weder auf ihren Mann noch auf ihren Sohn gerichtet, sondern auf die Terrassentür dahinter, die offen geblieben war. Aggie sah erwartungsvoll auf die Terrasse hinaus, als wartete sie auf die Ankunft eines Überraschungsgastes. Oder vielleicht überlegte sie auch, wie sie selbst entwischen könnte.
    Beim Rennen hüpfte der überdimensionierte Hasenkopfauf Peters Schultern und verwandelte ihn in ein riesiges Wackelkopffigürchen. Nachdem Daniel Peter erwischt hatte, hielt er ihn an den Füßen hoch und schüttelte ihn, während Peter sich wand und «Genug, Dad, ich geb auf!» kreischte. Schließlich rutschte der Hasenkopf herunter und landete sanft auf dem dicken beigen Teppich, die vergitterten Sehlöcher auf die Terrassentür geheftet, als träume auch er von einem Entkommen.
     
    Der Hase ist ein Hase und nur ein Hase. Seine Lauscher sind scharf. Seine Nase zuckt. Er kratzt sich mit der weißen flauschigen Pfote da, wo etwas juckt. Er legt den Kopf schief und lauscht. Er spricht nicht. Er sagt niemals ein Wort, er setzt nur seine Gestik ein – nickt mit dem Kopf und schüttelt ihn. Erstaunlich, wie viel man ohne Worte mitteilen kann.
    Der Hase kann kaum glauben, wie einfach es geht. Wie schnell das Mädchen Vertrauen zu ihm gefasst hat, wie sehr es ihn liebt. Sie versuchen, Mau-Mau zu spielen, weil das ihr Lieblingsspiel ist, aber er kann die Karten nicht halten. Sie lacht. Ihr Lachen löst etwas in ihm aus. Der Hase fühlt sich so lebendig wie seit langer, langer Zeit nicht mehr.
    Sie ist ein trauriges Mädchen. Vor kurzem ist ihr Daddy gestorben. Und ihre Mommy ist so in ihren eigenen Kummer versunken, dass sie wenig Trost für das Kind hat. Aber der Hase weiß, wie er sie zum Lächeln bringen kann. Er ist in ihr Leben getreten wie der Held in einem Märchen und bannt das Leid.
    Das kleine Mädchen hat ihn Peter genannt. Er sagt ihr nicht, wie sonderbar das ist. Wenn der Hase der Hase ist, hat er kein anderes, menschliches Leben. Er lässt alle Spuren seiner Persönlichkeit hinter sich zurück und wird etwas Größeres   … wird rein. Vollkommener.
    Der Hase hat dem kleinen Mädchen seinerseits auch einen Namen gegeben. Einen geheimen Namen. Vögelchen nennt er es bei sich.
    Jetzt hat er sein geliebtes Vögelchen wieder.

s?
    5.   Juni 2006
    Als Rhonda wieder in ihrem Wagen saß (der noch immer vor der Zapfsäule stand), griff sie zu ihrem Handy. Sie fühlte sich nervös und zappelig. Wie eingesperrt. So als müsse sie etwas unternehmen, wisse aber nicht, was. Auch wenn sie in Versuchung war, den Motor anzulassen und auf der Suche nach dem kleinen Mädchen und dem Hasen kreuz und quer durch den ganzen Bundesstaat zu fahren, wusste sie doch, dass sie damit nicht viel erreichen würde. Jeder Cop in Vermont war alarmiert. Und jeder Bürger, der Fernsehen sah oder Radio hörte. Aber gar nichts zu tun kam Rhonda einfach schrecklich vor.
    Beim dritten Läuten nahm Peter ab.
    «Wie war dein Vorstellungsgespräch?», fragte er.
    «Es ist was passiert, Peter.» Sie erzählte ihm von der Entführung und dass sie noch immer vor
Pat’s Mini Mart
stehe und nicht wisse, was sie mit sich anfangen solle. Als sie fertig war, hörte sie, wie er die Hand auf den Hörer legte und etwas murmelte.
    «Tack ist zu Hause?», fragte Rhonda ein bisschen entmutigt.
    «Ja, ich hab ihr gerade alles erzählt. Wir
kennen
Ernie. Suzy ist mit ihr befreundet.»
    Tack ging an einen der weiteren Apparate, vermutlich an den in der Küche. Rhonda stellte sich vor, dass Peter im Wohnzimmer auf der braunen Couch saß, die Füße auf den Couchtisch gelegt. Ob er wohl Turnschuhe oder Arbeitsschuhe trug?
    «Du lieber Himmel, Ronnie», sagte Tack. «Ein weißer Hase hat Ernie entführt?»
    «Das klingt verrückt, ich weiß, aber   …»
    «Es gibt so viel Verrücktes auf der Welt, Ronnie», fiel Tack ihr ins Wort. «Mein Gott, es ist genau wie mit dem Mädchen in Virginia. Es gibt da einfach ein

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