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Die Insel der verlorenen Kinder

Die Insel der verlorenen Kinder

Titel: Die Insel der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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Handrücken den Schweiß von der Stirn. Rhonda, die an ihrer verletzten Hand lutschte, war fest entschlossen, nicht lockerzulassen.
    «Peter», begann sie, den Blutgeschmack noch frisch auf der Zunge. «Ich weiß, dass du am Tag von Ernies Entführung im
Inn and Out Motel
warst. Und ich glaube, dass du mit Lizzy dort warst.»
    Er wirkte bestürzt. «Ich war im Wald wandern.»
    «Nein», entgegnete sie. «Du warst im Motel. Das Nummernschild deines Wagens wurde bei deiner Anmeldung vermerkt. Du warst mit Lizzy da – oder mit einer anderenjungen dunkelhaarigen Dame, die nicht von hier kommt und sich ausgerechnet als C.   Hook eingetragen hat, Himmel nochmal – und dann war noch ein kleines Mädchen dabei. Ein kleines Mädchen, das Ernestine Florucci gewesen sein könnte.»
    «Das kann doch nicht dein Ernst sein.»
    «Sag mir einfach die Wahrheit, Peter. Es wird Zeit.»
    «Aber ich
sage
die Wahrheit», beharrte er. «Mit Ernies Entführung hab ich nichts zu tun. Ich hab erst davon erfahren, als du mich damals an dem Tag angerufen hast.»
    «Aber du warst im Motel», sagte Rhonda.
    «Verdammt nochmal, Ronnie. Lass uns damit aufhören. Lass das einfach mal ruhen, okay?»
    Rhonda wandte sich ab und ging durch den Flur ins Bad.
    «Wohin gehst du?», fragte er.
    «Mir den Schnitt auswaschen.»
    «Und was soll ich machen?», fragte er und sah über die verkeilte Kommode hinweg. «Ich stecke hier ziemlich fest.»
    «Ich weiß nicht, Peter – dir überlegen, wie wir die Kommode hier durchkriegen. Und wenn du schon beim Nachdenken bist, kannst du auch mal darüber nachdenken, mir die Wahrheit zu sagen, wenn ich zurückkomme. Hör mal,
ich
bin’s, Peter. Der Mensch, dem du früher immer alles anvertraut hast, weißt du noch?»
    Der Schnitt selbst war nicht so schlimm, aber der Metallbeschlag war mit irgendeiner schwarzen Schmiere bedeckt gewesen, die vermutlich nicht in eine offene Wunde gehörte. Rhonda drehte den Heißwasserhahn auf und fand ein altes, eingetrocknetes Stück Seife. Das Wasser biss in der Wunde,und sie beobachtete, wie es sich im Becken mit ihrem Blut vermischte und sich rosa färbte. Dann blickte sie zu Boden und keuchte erschrocken auf.
    Dort am Waschbeckenschrank stand ein Paar kleiner roter Turnschuhe. Rhonda stellte das Wasser aus, trocknete sich die Hände ab, bückte sich und hob einen der Turnschuhe auf. Er war schmutzig, die einst weiße Schuhspitze aus Gummi war abgerieben und grau, und ein Schnürsenkel war gerissen und einfach wieder zusammengeknotet. Ernies Turnschuhe! Rhondas Hände begannen zu zittern.
    «Alles in Ordnung mit dir?», rief Peter aus dem Kinderzimmer. «Du verblutest nicht gerade oder so?»
    «Geht schon», rief Rhonda zurück. «Nur die Seife beißt in der Wunde, das ist alles.»
    Denk nach, Rhonda. Denk nach.
    Wenn Ernies Schuhe hier waren, musste auch Ernie hier sein. Oder zumindest einmal hier gewesen sein.
    «O Gott», murmelte sie, als ihr endlich klar wurde, was das bedeutete.
    Sie strich über Peters Schlüsselbund in ihrer Tasche – den sie auf dem Friedhof gefunden hatte, der zu Fuß keine zehn Minuten von hier entfernt war. Zudem stand Aggies Haus leer. Hier war ein kleines Mädchen mühelos zu verstecken. Die nächsten Nachbarn waren Clem und Justine, aber dazwischen lag eine Viertelmeile dichter Wald.
    «Hilfst du mir jetzt mit der Kommode, oder wie?», rief Peter.
    «Ich komme», schrie Rhonda.
    Was jetzt? Sie musste Hilfe holen. Ihr Handy war im Auto. Sie musste es rasch holen, anrufen, dann wiederzurückkommen und Peter hinhalten. Ernie konnte hier sein, irgendwo hier in diesem Haus.
    Sie ging durch den Flur und öffnete die Tür zu Peters altem Zimmer. Schaute im Schrank nach. Unter dem Bett. Dort lagen nur dicke Staubflocken. Hatte sie wirklich erwartet, Ernie so leicht zu finden?
    «Was machst du?», rief Peter.
    «Ich suche Pflaster! Ich glaube, ich habe welche in meinem Auto.» Sie ging in Daniels und Aggies Zimmer und riss die Schranktür auf. Nichts. Kartons und alte Kleidung.
    «Rhonda, was ist los?», rief Peter hinter der Kommode hervor, die noch immer in der Tür steckte.
    «Ich lauf schnell zu meinem Wagen», sagte sie. Sie hörte einen Stuhl über den Boden scharren. Dann vernahm sie ein gleitendes Geräusch.
    Verdammt. Peter kletterte über die Kommode hinweg.
    Sie rannte zur Treppe und sprang hinunter, immer zwei Stufen auf einmal.
    «Rhonda, mach langsam. Rede mit mir. Bist du verletzt?» Peter war hinter ihr her.
    Sie erreichte das Fußende der

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