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Die Insel des Dr. Moreau

Die Insel des Dr. Moreau

Titel: Die Insel des Dr. Moreau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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mit all meiner Kraft und schoß in die Luft.
    Ich hörte jemanden rufen. »Der Herr!« Der verworrene schwarze Haufen zerfiel, die einzelnen Gestalten stoben auseinander, das Feuer leuchtete auf und sank zusammen. Die Schar des Tiervolks floh in plötzlicher Panik vor mir den Strand hinauf. In meiner Aufregung feuerte ich auf ihre Rücken, als sie zwischen den Büschen verschwanden. Dann wandte ich mich zu der schwarzen Masse am Boden.
    Montgomery lag auf dem Rücken, und der graue, haarige Tiermensch hockte über seinem Körper. Die Bestie war tot, hielt aber noch Montgomerys Hals mit ihren krummen Klauen umklammert. Unmittelbar daneben lag M’ling ganz still auf seinem Gesicht; sein Nacken war durchgebissen, und er hielt den oberen Teil der zerschmetterten Brandyflasche in der Hand. Zwei weitere Gestalten lagen nah beim Feuer, die eine regungslos, die andere hob, stoßweise stöhnend, dann und wann langsam den Kopf und ließ ihn wieder fallen.
    Ich packte den grauen Tiermenschen und zerrte ihn von Montgomerys Körper herunter; seine Klauen ließen den zerrissenen Hals nur widerstrebend los.
    Montgomery war schwarz im Gesicht und atmete kaum noch. Ich spritzte ihm Seewasser ins Antlitz und bettete seinen Kopf auf meinen ausgebreiteten Rock. M’ling war tot. Das verwundete Geschöpf am Feuer - es war ein Wolfmensch mit bärtigem, grauem Gesicht - lag, wie ich sah, mit dem Oberkörper auf dem noch glühenden Holz. Das elende Ding war so furchtbar verletzt, daß ich mich erbarmte und ihm eine Kugel gab. Das andere Tier war einer von den weißbandagierten Stiermenschen. Es war tot.
    Das Feuer neben mir war zusammengesunken, und nur verkohlte Holzscheite glühten noch in der Mitte, gemischt mit der grauen Asche des Buschholzes. Ich fragte mich, woher Montgomery dieses Holz hatte. Dann sah ich, daß die Dämmerung angebrochen war. Der Himmel war heller geworden, der untergehende Mond erblaßte und stand glanzlos im leuchtenden Tagesblau. Der Himmel war im Osten rot umrändert.
    Plötzlich hörte ich hinter mir einen dumpfen Knall und ein Zischen; ich sah mich um und sprang mit einem Schreckensschrei auf die Füße. Große wirbelnde Massen schwarzen Rauchs quollen aus der Ummauerung empor, und durch die sich drehenden, dunklen Qualmfetzen schossen flackernde Fäden blutroter Flammen. Dann fing das Strohdach Feuer. Ich sah, wie die Flammen das Stroh erfaßten. Ein Feuerstrahl schnellte aus dem Fenster meines Zimmers hervor.
    Ich wußte sofort, was geschehen war. Ich entsann mich des Krachs, den ich gehört hatte. Als ich Montgomery zu Hilfe geeilt war, hatte ich die Lampe umgestoßen.
    Ich erkannte, wie aussichtslos es war, irgend etwas aus dem ummauerten Hof retten zu wollen. Mein Fluchtplan fiel mir wieder ein, und ich wandte mich rasch und blickte dahin, wo die beiden Boote auf dem Strande gelegen hatten. Sie waren fort! Zwei Beile lagen neben mir im Sand, Splitter und Holzstücke waren rings verstreut, und die Asche des Feuers gloste rauchend in der Dämmerung. Montgomery hatte die Boote verbrannt, um sich an mir zu rächen und unsere Rückkehr zu den Menschen zu verhindern.
    Ein plötzlicher Wutkrampf schüttelte mich. Am liebsten hätte ich ihm den Schädel eingeschlagen, wie er mir da hilflos zu Füßen lag. Dann bewegte sich plötzlich seine Hand - so schwach, so jämmerlich, daß meine Wut verschwand. Er stöhnte und öffnete einen Moment die Augen.
    Ich kniete neben ihm nieder und hob seinen Kopf. Er starrte schweigend in die Dämmerung; dann begegnete sein Blick meinen Augen. Die Lider fielen. »Leid«, sagte er dann mit Anstrengung. Es schien, als versuchte er zu denken. »Das letzte«, murmelte er, »das letzte von dieser albernen Welt. Was für eine Wirrsal ...«
    Ich horchte. Sein Kopf sank hilflos zur Seite. Ich dachte, etwas Wasser könnte ihn beleben, aber es war kein Trinkwasser zur Hand. Er schien plötzlich schwerer zu werden. Mir wurde das Herz kalt.
    Ich beugte mich nieder und steckte die Hand durch den Riß in seinem Hemd. Er war tot; und gerade, als er starb, tauchte der Rand der Sonne weißglühend im Osten über der Bucht auf, schleuderte Strahlen über den Himmel und verwandelte das dunkle Meer in einen wogenden Aufruhr blendenden Lichts. Wie eine Glorie umgaben die Strahlen das eingefallene Gesicht.
    Ich ließ Montgomerys Kopf sanft auf das notdürftige Kissen gleiten, das ich für ihn gemacht hatte, und stand auf. Vor mir lag die glitzernde Öde des Meeres, die furchtbare Einsamkeit, unter

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