Die Insel des Mondes
denn zusammen mit Norias Hilfe waren stabile Stricke entstanden, mit denen die Bambusrohre aneinandergebunden werden konnten.
»Dann wollen wir doch mal sehen, ob es schwimmt.« Villeneuve legte die letzten der schweren Steine für den Probelauf auf das Floß. Sie wollten sehen, wie tragfähig es war und wie die Krokodile darauf reagierten.
»Wir sollten es taufen lassen, vor seinem Stapellauf.« Villeneuve lächelte in die Runde, und während Paula noch über legte, ob er das ernst gemeint hatte, zerrte Morten das Floß schon zum Fluss hinunter. Das war eine schwere Aufgabe, denn sie lagerten hinter einem kahlen Felsen, der zwar vor den Krokodilen sicher war, jedoch steil zum Ufer hin abfiel. Deshalb mussten sie das Floß dorthin befördern, wo man es ins Wasser schieben konnte. Paula hatte vorgeschlagen, die Steine erst unmittelbar am Fluss auf das Floß zu packen, aber Villeneuve fand, es wäre eine gute Belastungsprobe.
Morten schnaufte und keuchte, aber er schaffte es, das Floß mit den Steinen zu einer seichten Stelle zu ziehen.
»Rein mit dem verdammten Ding.« Er stieß es an, hielt es aber an einer geflochtenen Leine fest, damit die Strömung es nicht davontrieb. Paula betete, dass das Floß schwimmen würde. Ihre Konstruktion war sehr primitiv, nur eine Plattform aus aneinandergebundenen Stangen.
Es schwamm, und trotz der schweren Steine lag es sogar ganz ruhig auf dem Fluss.
Paula drehte sich zu Villeneuve und Noria. »Wir haben es geschafft!«
Aber die beiden reagierten nicht und fixierten den Fluss. Paula wandte sich wieder um und erstarrte. Obwohl kein Mensch auf dem Floß war, schwammen jetzt schon zwei große Krokodile nebenher.
»Elende Biester!«, murmelte Villeneuve.
»Ich brauche Hilfe beim Hochziehen!«, rief Morten ihnen zu. »Wir müssen uns beeilen, los, los, sonst haben wir hier gleich Besuch, und wie wollen wir dann auf das Floß aufsteigen?«
Villeneuve und Paula rannten hinunter zu Morten und halfen ihm, das Floß einzuholen.
Die Krokodile verfolgten das Floß und schnappten mit weit offenen Mäulern danach, als wäre es eine leckere Beute. Mit Schaudern betrachtete Paula die gepanzerten Echsen mit ihren riesigen Eckzähnen. Eine von ihnen sprang kämpferisch aus dem Wasser und rammte ihre Vorder füße auf das Floß, das riesige Maul mit den scharfen Zähnen stand weit offen, während ihr Schwanz wild auf das Wasser peitschte. Das Floß schaukelte gefährlich hin und her.
»Fester, schneller!«, brüllte Morten, aber nachdem das Krokodil daran hing, war das Floß noch viel schwerer. Einer der Steine löste sich aus seiner Verschnürung und klatschte ins Wasser. Doch das Krokodil gab noch nicht auf, sondern wurde nur noch wütender.
»Es sieht sehr hungrig aus.« Paula überlegte, was passiert wäre, wenn sie schon auf dem Floß gewesen wären. Kalter Schweiß lief ihr den Rücken hinunter. Endlich merkte das Krokodil, dass nichts Essbares auf dem Floß war, und entließ es so plötzlich aus seinen Klauen, dass sie, weil sie mit aller Kraft daran zogen, ins Stolpern gerieten.
»Los, los, los, wir müssen hier weg, ich habe keine Lust, gefrühstückt zu werden.« Morten klang so panisch, wie Paula sich fühlte. Mit einem letzten Ruck schafften sie das Floß ans Ufer, Morten und Villeneuve warfen die Steine hinunter und dann trugen sie das Floß hoch zu ihrem sicheren Lagerplatz.
Schwitzend und keuchend sahen sie sich an.
»Es ist unmöglich.« Morten wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel seines Hemdes trocken und starrte zurück auf den Fluss, wo die Krokodile kaum sichtbar und trügerisch träge im Wasser schwammen. »Verdammt, wir haben unsere Zeit damit verschwendet, dieses Floß zu bauen, und nun müssen wir den Fluss doch umgehen.«
»Es gibt einen Weg«, widersprach Paula. »Wir fahren zu einer Zeit, in der die Krokodile schlafen.«
»Aha, und wann schlafen sie?« Morten legte den Kopf schief und rang sich ein missmutiges Lächeln ab. Paula fragte sich, wo der tapsige, freundliche Bär hingekommen war, der ihr am Anfang ihrer Reise so gut gefallen hatte.
»Krokodile jagen in der Dämmerung oder nachts«, mischte sich Villeneuve ein.
»Ach ja? Für mich hat das gerade sehr nach Jagd ausgesehen, es ist fast Mittag, die Sonne steht schon sehr hoch.«
»Wenn ihre Körpertemperatur steigt, dann kühlen sie sich eben kurz im Wasser ab. Ich schätze mal, dass der Nachmittag am besten geeignet ist, da nehmen sie vielleicht noch ein Sonnenbad, bevor sie sich zur Jagd
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