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Die Insel des Mondes

Die Insel des Mondes

Titel: Die Insel des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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richtige Grab war. Jemand musste Schmiere stehen, jemand musste das Licht halten, jemand musste die schweren Steine bewegen. Außerdem wollten alle etwas von dem Gold ihrer Großmutter, deshalb würden ihre Gefährten sie keine Sekunde aus den Augen lassen, also konnte sie ihre Reisegefährten genauso gut einweihen. Doch wenn sie erwischt wurden, waren sie alle in großer Gefahr.
Auch wenn die Königin im fernen Hochland versuchte, moderne Gesetze einzuführen, hier war davon noch nicht viel angekommen. Mit Schaudern erinnerte sich Paula an die fröhlichen Gesänge ihrer Verfolger, die sie dazu gebracht hatten, mit Lázló die falsche Fährte zu legen. Wir brauchen einen Plan, einen guten Plan. Ich werde mit ihnen reden und jedem einen Anteil von dem versprechen, was wir finden.

42
    Vanille
    Unter diesem Namen kommen die vor der völligen Reife gepflückten und getrockneten, schotenförmigen Kapselfrüchte ( fälschlicherweise auch Schoten genannt) der Vanilla planifolia Andrew in den Handel. Die musartige Masse der Vanille ist der Träger des Aromas und daher der wertvolle Bestandteil derselben.
    A ls der Mond zwei Nächte später aufging, brachte Paula
den Kleinen zu Noria, weil sie ihn nicht mitnehmen wollte. Noria blieb im Lager, sie wollte ihre Ahnen mit dieser Grabräuberei nicht beleidigen. Aber immerhin hatte sie für Paula herausgefunden, welches Grab das richtige war, und würde dafür einen Anteil erhalten.
    Morten, der zwar unbedingt hatte wissen wollen, wo das Gold sich befand, hatte es ebenfalls empört abgelehnt, ein Grab zu schänden, sogar das eines Heiden.
    Und Villeneuve, mit dem sie seit dem Vorfall am Meer nur noch das Nötigste sprach, hatte versucht, ihr das alles auszureden.
    Vergeblich.
    Das Grab der Rakotovaos war Paula erstaunlich klein vor gekommen, dafür, dass sie so wichtige Funktionen im Dorf innehatten, und es war nur mit einer kleinen Steinplatte verschlossen, von der Paula hoffte, dass sie sich leicht bewegen ließe.
    Paula küsste den Kleinen. »Sie werden sich um ihn kümmern, wenn mir etwas zustoßen sollte, ja?«
    Noria nahm Nirina auf ihren Arm und nickte. Das war Paula zu wenig. »Sie werden ihn nicht wieder aussetzen, versprechen Sie mir das?«
    Noria nickte erneut. »Sie sollten gehen, solange der Mond scheint«, sagte sie, und Paula wusste, dass sie recht hatte.
    Aber es fiel ihr schwer, Nirina zurückzulassen. Sie fühlte sich sehr unbehaglich bei dem, was sie vorhatte, und ignorierte unter Aufbietung aller Kräfte ihre innere Stimme, die seit gestern nur noch hysterisch »nein, nein, nein« von sich gab. Nein, das wirst du nicht tun!
    Draußen lief sie direkt in Villeneuve hinein, der dicht hinter dem Zelteingang stand.
    »Kein Zurück?«, fragt er.
    »Nein.«
    »Dann begleite ich Sie.«
    Nicht nötig, wollte Paula sagen, aber sie unterdrückte ihren Stolz. »Sind Sie sicher?«
    »Gehen wir!« Villeneuve drehte sich um und deutete mit den Händen in die Dunkelheit. Paula trat neben ihn und marschierte los, sie war diesen Weg schon dreimal tagsüber mit Noria gelaufen und hatte ihn sich gut eingeprägt.
    Schweigend wanderten sie zum Grab. Paula hatte sich gewundert, dass der mächtigste Mann im Dorf kein größeres Mausoleum für seine Familie gebaut hatte, aber Noria hatte sie daran erinnert, dass die Menschen hier keine Könige waren und nur wenig Geld hatten.
    Paula dachte an ihre Großmutter, die diesen Weg nachts allein gegangen sein musste, und sie war sehr gespannt, was genau sie in der Kakaodose finden würde. Was es wohl für Düfte waren, die ihre Großmutter da zusammengemischt hatte?
    Es fühlte sich eigenartig vertraut an, neben Villeneuve durch die Dunkelheit zu laufen, auch wenn sie sich seit der Szene am Meer mieden. Das Donnern der Wellen klang hier im Dschungel nur noch wie freundliches Händeklatschen, das sich ab und zu mit dem Schrei eines Nachtvogels vermischte, sonst war es so ruhig, dass Paula Villeneuves Atem hören konnte. Manchmal mischte sich noch ein Rascheln darunter, aber Paula war sicher, dass das nur der kleine Lemur war, der ihr in den letzten Tagen immer wieder gefolgt war.
    Der Steinhaufen, der das Grab markierte, lag etwas exponiert auf einem kleinen Hügel, der zwischen den schlingenden Grünpflanzen im Mondlicht hell wie nackte Haut schimmerte.
    »Wollen Sie das wirklich tun?«, flüsterte Villeneuve.
    Statt einer Antwort erklomm Paula den kleinen Hügel, und als sie direkt davor stand, sah sie, dass man an einer Ecke Kerzen

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