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Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages

Titel: Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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das von den niedrigen Dächern und den Baumkronen an den Seiten der Piazza begrenzt wurde, stand groß und fast kreisrund der Mond und spiegelte sich im Wasser eines Brunnens, der in der Mitte jenes menschenleeren Platzes murmelte.
    »O süßeste Diana«, sagte Saint-Savin, »wie still und friedlich müssen jetzt deine Städte und Dörfer sein, die den Krieg nicht kennen, denn die Mondbewohner leben in einer natürlichen Glückseligkeit und wissen nichts von der Sünde ...«
    »Lästert nicht, Monsieur de Saint-Savin«, tadelte ihn der Abbé, »denn selbst wenn der Mond bewohnt wäre, wie es dieser Monsieur de Moulinet in seinem letzten Roman phantasiert hat und wie es die Heilige Schrift uns mitnichten lehrt, wären jene Bewohner alles andere als glückselig, da sie nichts von der Fleischwerdung Christi wüssten.«
    »Und alles andere als gnädig wäre der Herrgott gewesen, ihnen diese schöne Offenbarung vorzuenthalten«, entgegnete Saint-Savin.
    »Versucht nicht, in die göttlichen Mysterien einzudringen. Gott hat das Evangelium Seines eingeborenen Sohnes auch den Eingeborenen der beiden Amerikas nicht gewährt, doch in seiner unendlichen Güte schickt er ihnen jetzt Missionare, auf dass sie ihnen das Licht bringen.«
    »Und warum schickt dann der Herr Papst nicht auch Missionare auf den Mond? Sind die Mondbewohner vielleicht keine Kinder Gottes?«
    »Redet kein dummes Zeug!«
    »Ich will überhören, dass Ihr mich der Dummheit geziehen habt, Monsieur l'Abbé, aber wisset, dass sich unter dieser Dummheit ein Geheimnis verbirgt, das Euer Herr Papst sicher nicht lüften will. Wenn nämlich die Missionare auf dem Mond Bewohner vorfänden und sähen, dass diese Bewohner andere Welten betrachten, die in ihrem Blickfeld liegen, nicht aber in unserem, so müssten sie sich fragen, ob nicht auch auf jenen anderen Welten ähnliche Wesen lebenwie wir. Und sie müssten sich weiter fragen, ob nicht auch die Fixsterne ebenso viele Sonnen sind, die von ihren Monden und ihren weiteren Planeten umgeben werden, und ob die Bewohner jener Planeten nicht ebenfalls wieder andere Sterne sehen, die uns unbekannt sind und die ebenso viele weitere Sonnen mit ebenso vielen weiteren Planeten wären und so fort bis ins Unendliche ...«
    »Gott hat uns nicht befähigt, das Unendliche zu denken, also begnügt Euch damit, und fragt nicht immer, warum.«
    »Das Ständchen, das Ständchen«, tuschelten die anderen. »Dort ist das Fenster.« Und das Fenster schien übergossen mit einem rötlichen Licht, das aus dem Innern eines vorstellbaren Alkovens kam. Aber die beiden Streithähne hatten sich schon zu sehr erhitzt.
    »Und fügt hinzu«, insistierte Saint-Savin höhnisch, »wenn die Welt endlich wäre und umgeben vom Nichts, dann wäre auch Gott endlich: Da es seine Aufgabe ist, wie Ihr sagt, im Himmel zu sein und auf der Erde und an jedem Ort, könnte er nicht dort sein, wo nichts ist. Das Nichts ist ein Nicht-Ort. Oder aber, um die Welt zu erweitern, müsste er sich selbst erweitern, also erstmals dort auftreten, wo er vorher nicht war, was im Widerspruch zu seiner angeblichen Ewigkeit stünde.«
    »Genug, Monsieur! Ihr leugnet die Ewigkeit des Ewigen, und das ist zu viel. Der Moment ist gekommen, Euch zu töten, damit Euer sogenannter starker Geist uns nicht länger mehr schwächen kann!« Sprach's und zog seinen Degen.
    »Wenn Ihr's denn so wollt«, sagte Saint-Savin, zog ebenfalls, grüßte und stellte sich in Position. »Aber ich werde Euch nicht töten, ich will meinem König keine Soldaten entziehen. Ich werde Euch nur entstellen, damit Ihr künftig eine Maske tragen müsst, wie es die italienischen Komödianten tun, eine Würde, die Euch gebührt. Ich werde Euch eine Narbe machen, die vom Auge bis zur Lippe geht, und ich werde Euch diesen schönen Schweinekastrierhieb erst versetzen, nachdem ich Euch, zwischen einem Streich und dem andern, eine Lektion in Naturphilosophie erteilt habe.«
    Der Abbé griff an und versuchte sofort mit großen Hieben, den Gegner zu treffen, wobei er ihm zuschrie, er sei ein giftiges Insekt, ein Floh, eine Laus, die erbarmungsloszerquetscht gehöre. Saint-Savin parierte, griff seinerseits an und trieb den Abbé rücklings gegen einen Baum, wobei er jedoch bei jedem Hieb oder Stoß philosophierte.
    »Ei ei, Mandritti und Estramaçons sind aber vulgäre Hiebe, die macht man nur, wenn man vor Wut geblendet ist! Euch fehlt es an einer Idee von der Fechtkunst. Aber Euch fehlt es auch an Barmherzigkeit, wenn Ihr

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