Die Insel des vorigen Tages - Eco, U: Insel des vorigen Tages
Lymphe seiner unerfüllten Befriedigung aus und verlor schließlich das Bewusstsein – zerstört von ausgetrockneter Wassersucht (schreibt er) – über jenem so innig herbeigesehnten Astralleib.
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TRAKTAT DER WISSENSCHAFT
VON DEN WAFFEN
A uch in Casale hatte er von offenen Räumen und von jener weiten Mulde geträumt, in der er das Mädchen zum ersten Mal gesehen hatte. Aber auf der Daphne war er nicht mehr krank, und so dachte er nun luzider, dass er sie nie wiedersehen würde, weil er bald tot sein würde – oder weil sie längst tot war.
Tatsächlich lag er damals gar nicht im Sterben, sondern wurde langsam wieder gesund, aber das war ihm nicht bewusst, und er verwechselte die Schwächlichkeiten der Rekonvaleszenz mit dem Schwinden des Lebens. Saint-Savin kam ihn oft besuchen, berichtete ihm die Neuigkeiten, wenn Pater Emanuele da war (der ihn ansah, als sei er im Begriff, ihm die Seele des jungen Mannes zu rauben), und wenn der Pater dann gehen musste (denn im Kloster häuften sich die Verhandlungen), sprach er als Philosoph über Leben und Tod.
»Lieber Freund, Spinola liegt im Sterben. Ihr seid schon eingeladen zu den großen Festlichkeiten, die wir bei seinem Abgang veranstalten werden.«
»Lieber Freund, nächste Woche werde auch ich gestorben sein ...«
»Das stimmt nicht, ich würde das Gesicht eines Sterbenden erkennen. Aber ich werde mich hüten, Euch vom Gedanken an den Tod abzubringen. Im Gegenteil, nutzt Eure Krankheit, um Euch dieser guten Übung zu unterziehen.«
»Monsieur de Saint-Savin, Ihr redet wie ein Priester.«
»Keineswegs. Ich sage ja nicht, dass Ihr Euch auf ein anderes Leben vorbereiten sollt, sondern dass Ihr dieses einzige, das Euch gegeben ist, gut nutzen sollt, um dann, wenn er kommt, den einzigen Tod anzunehmen, den Ihr jemals erleben werdet. Über die Kunst des Sterbens muss man sich imvoraus und viele Male Gedanken machen, damit es einem dann das eine Mal, wenn es so weit ist, gut gelingt.«
Roberto wollte aufstehen, aber Pater Emanuele hinderte ihn daran, weil er nicht glaubte, dass er schon wieder bereit sei, in den Kriegslärm zurückzukehren. Roberto gab ihm zu verstehen, dass er ungeduldig darauf brenne, eine gewisse Person wiederzufinden, Pater Emanuele fand es dumm, dass sein so geschwächter Körper sich vom Gedanken an einen anderen Körper verzehren ließ, und versuchte, ihm das weibliche Geschlecht verachtenswert erscheinen zu lassen: »Diese eitle Weiberwelt«, sagte er, »die gewisse moderne weibliche Atlasse auf dem Rücken tragen, dreht sich um die Unehre und hat als Wendekreise die Zeichen des Krebses und des Steinbocks. Der Spiegel, der ihr erster Antrieb ist, ist niemals so trübe, wie wenn er die Sterne jener lasziven Augen spiegelt, die durch die von verblödeten Liebhabern ausströmenden Dämpfe zu Kometen geworden sind, welche der Ehrbarkeit baldiges Unheil künden.«
Roberto fand keinen Gefallen an der astronomischen Allegorie, auch konnte er die Geliebte nicht im Bilde jener mondänen Hexen wiedererkennen. Er blieb im Bett liegen, strömte aber noch stärker die Dämpfe seiner Verliebtheit aus.
Andere Nachrichten erreichten ihn unterdessen von Signor della Saletta. Die Casaler überlegten, ob sie den Franzosen nicht Zugang zur Zitadelle gewähren sollten; sie hatten inzwischen begriffen, dass man, um den Feind draußen zu halten, die Kräfte vereinigen musste. Aber Signor della Saletta ließ durchblicken, dass die Casaler, während sie demonstrativ kollaborierten und die Stadt kurz vor dem Fall zu stehen schien, mehr denn je daran dachten, den Bündnispakt zu revidieren. »Mit Toiras«, sagte er, »müssen wir ohne Falsch wie die Tauben sein, aber klug wie die Schlangen, falls sein König dann hinterher unsere Stadt verkaufen will. Wir müssen kämpfen, damit es auch unser Verdienst ist, wenn Casale sich rettet; aber ohne zu übertreiben, damit, wenn es fällt, es allein die Schuld der Franzosen ist.« Und er fügte als Lehre für Roberto hinzu: »Der Kluge darf nicht nur ein Eisen im Feuer haben.«
»Aber die Franzosen sagen, dass Ihr Krämer seid: Niemand sähe Euch jemals kämpfen, aber alle sähen, dass Ihr zu Wucherpreisen verkauft!«
»Wer lange leben will, ist gut beraten, wenig zu taugen. Der gesprungene Topf ist der, der nie ganz zerbricht und der schließlich langweilt, weil er so lange hält.«
Eines Morgens, in den ersten Septembertagen, fiel ein befreiender Wolkenbruch auf Casale. Gesunde und Rekonvaleszente
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