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Die Insel Des Vorigen Tages

Die Insel Des Vorigen Tages

Titel: Die Insel Des Vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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schwärmte Pater Caspar, während seine Augen wie Karbunkel glühten - ein Einziges Syntagma Neuester Physikalischer und Mathematischer Instrumente »mit kunstvoll disponirten Rädern und Kreysen«. Dann zeichnete er mit dem Finger einen Kreis aufs Deck oder in die Luft und sagte, Roberto solle an einen ersten runden Teil denken, der die Basis oder Grundlage darstelle, die den Immobilen Horizont anzeige mit dem Rhombus der zweiunddreißig Winde sowie die ganze Kunst der Navigation mit den Prognosen aller Stürme. »Den Mittleren Teil«, fügte er dann hinzu, »der auff dieser Basis ruhet, stell dir vor wie einen Cubus mit fünf Seiten - nein, nit mit sechs, die sechste ruht auf der Basis, und darumb siehst du sie nit. Auff der ersten Seite des Cubus, id est das Chronoscopium Universalis, siehstu acht Räder in ewiglich akkomodirten Zyklen, die den Julianischen und den Gregorianischen Kalender darstellen und anzeigen, wann die Sonntage wiederkommen, & die Epakte & den Circulum Solaris, & die Mobilen Feste wie Ostern, & die Mondphasen sowie die Quadratura von Sonne und Mond. Auff der zweiten Cubusseite, id est das Cosmigraphicum Speculum, kommt in primo loco ein Horoscopium, mit welchem man, so man hat die kurrente Zeit von Melita, jede andere Zeit auff der Erdkugel finden kann. Des weiteren findest du ein Rad mit zwei Planisphären, deren eine zeiget und lehret die gantze Wissenschafft vom Primum Mobile, die zweyte die Lehre von der Achten Sphaera und den Fixen Sternen sowie dero Bewegung. Sodann den Fluxus et Refluxus Maris oder das Auff- und Abschwellen des Meeres, so durch des Mondes Bewegung auffgewühlt wird in der gantzen Welt ...«
    Dies sei die interessanteste Seite des Kubus. Durch sie könne man jenes Horologium Catholicum kennenlernen, von dem schon die Rede war, die Weltuhr mit den Angaben der Ortszeit in den jesuitischen Missionen auf allen Meridianen; und sie erfülle auch die Funktion eines guten Astrolablums, da sie die Anzahl der Tage und Nächte angebe, die Höhe des Sonnenstandes mit den Proportionen der Geraden Schatten sowie die geraden und ungeraden Aufgänge, dazu die Anzahl der Dämmerungen, die Kulminationen der Fixsterne in den einzelnen Jahren, Monaten und Tagen. Und durch Proben und Gegenproben auf ebendieser Seite habe Pater Caspar die Gewißheit erhalten, daß er sich tatsächlich auf dem Antipoden-Meridian befand.
    Alsdann gab es eine dritte Seite, die in sieben Rädern die Gesamtheit der Astrologie enthielt, sämtliche künftigen Eklipsen der Sonne und des Mondes, alle astrologischen Figuren für die Zeiten der Agrikultur, der Medizin, der Navigationskunst, zusammen mit den zwölf Zeichen der zwölf Himmelshäuser, dazu die Physiognomie der natürlichen Dinge, die von jedem Zeichen abhängen, und das korrespondierende Haus.
    Ich habe nicht den Mut, Robertos ganze Inhaltsangabe wiederzugeben, und erwähne nur noch die vierte Seite, die alle Wunder der Medizin botanischer, spagirischer, chemischer und hermetischer Art anzeigte, mit den einfachen und den zusammengesetzten Medikamenten, gewonnen aus mineralischen oder tierischen Substanzen, sowie die »Alexipharmaka attractiva, lenitiva, Purgativa, mollificativa, digestiva, corrosiva, conglutinativa, aperitiva, calefactiva, infrigidativa, mundificativa, attenuativa, incisiva, soporativa, diuretica, narcotica, caustica et confortativa«.
    Ich kann nicht erklären und erfinde ein bißchen, was es mit der fünften Seite auf sich hatte, die gewissermaßen das Dach des Kubus war, parallel zur Horizontlinie und anscheinend wie ein Himmelsgewölbe gebreitet. Doch erwähnt wird auch eine Pyramide, deren Basis nicht gleich der des Kubus gewesen sein kann, da sie sonst dessen fünfte Seite bedeckt hätte, und die vermutlich eher den ganzen Kubus wie ein Zelt überspannte, wobei sie dann freilich aus durchsichtigem Material hatte sein müssen. Sicher ist, daß ihre vier Seiten die vier Weltgegenden darstellen sollten und für jede von ihnen die Schriften und Sprachen der dort lebenden Völker enthielten, einschließlich der Adamitischen Ursprache, der ägyptischen Hieroglyphen, der chinesischen Schriftzeichen sowie der altmexikanischen, und Pater Caspar beschreibt sie als »eine Sphynx Mystagoga, einen Oedipus Aegyptiacus, eine Monas Hieroglyphica, eine Clavis Convenlentia Linguarum, ein Theatrum Cosmographicum Historicum, eine Sylva Sylvarum aller natürlichen & künstlichen Alphabete, eine Architectura Curlosa Nova, eine Lampas Combinatoria, eine

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