Die Insel Des Vorigen Tages
wetteifernd Sturmangriffe flogen auf die niedrigen Kuppeln, die ihre Arena begrenzten, dazwischen gurrende Blitze und rote und gelbe Degenhiebe, wie Fahnen, die ein Bannerträger emporwirft und im Fluge wieder auffängt.
Mürrische Chevaulegers mit dünnen langen Beinen in viel zu engem Raum knarzten herablassend ihr Kra-Kra, manchmal auf einem Bein schaukelnd und mißtrauisch umherblickend, so daß die Federbüschel auf dem vorgereckten Kopf wippten... Allein in einem nach seinem Maße erbauten Käfig saß ein Großkapitän mit himmelblauem Mantel, die Weste zinnoberrot wie das Auge und ein Federbusch aus Lilien als Helmschmuck, und er gurrte wie eine Taube. Daneben in einem kleinen Käfig drei kleine Infanteristen am Boden, ihrer Flügel beraubt, hüpfende Büschel aus kotiger Wolle mit Mäuseschnäuzchen, schnurrbärtig an der Wurzel eines langen krummen Schnabels mit Nasenlöchern, mit denen die kleinen Monster schnupperten, während sie Würmer aufpickten, die sie auf ihrem Wege fanden ... In einem Käfig, der die Form eines gewundenen Ganges hatte, stakste zögernd ein kleiner Storch mit karottenroten Beinen, die Brust aquamarinblau, die Flügel schwarz und der Schnabel blauviolett, gefolgt von einigen Jungen im Gänsemarsch, und immer wenn er am Ende seines kurzen Weges angekommen war, krächzte er ärgerlich, versuchte mit dem Schnabel zu zerhacken, was er für ein Rankengeflecht hielt, wich dann zurück und machte kehrt mit seiner Brut, die nicht mehr wußte, ob sie nun vor oder hinter ihm gehen sollte.
Roberto war hin- und hergerissen zwischen seiner Erregung über das Entdeckte, seinem Mitleid mit den Gefangenen und seinem Wunsch, die Käfige zu öffnen und den Raum erfüllt zu sehen von jenen Herolden einer Armee der Luft, um sie der Belagerung zu entheben, zu welcher die Daphne , ihrerseits belagert von ihren Artgenossen draußen, sie zwang. Er meinte, sie müßten hungrig sein, und sah, daß in den Käfigen nur noch Krümel lagen und daß die Näpfe und Schüsseln, in denen Wasser hätte sein müssen, leer waren. Doch neben den Käfigen entdeckte er Säcke mit Körnern und Streifen von getrocknetem Fisch, bereitgelegt von denen, die offensichtlich auch diese Beute nach Europa zu bringen gedachten, denn ein Schiff fährt nicht in die Südsee zu den Antipoden, ohne Zeugnisse jener Welten an die Höfe oder zu den Akademien zu bringen.
Weiter vorn fand Roberto auch ein Brettergehege mit einem Dutzend scharrender Tiere, die er der Spezies der Hühnervögel zuschrieb, obwohl er zu Hause noch nie solches Federvieh gesehen hatte.
Auch sie schienen hungrig zu sein, aber die Hennen hatten (und feierten das Ereignis wie ihre Schwestern in aller Welt) sechs Eier gelegt.
Roberto nahm sich gleich eins davon, pickte mit der Messerspitze ein Loch hinein und trank es aus, wie er es als Kind gelernt hatte. Dann steckte er sich die anderen ins Hemd, und um die Mütter zu entschädigen wie auch die so fruchtbaren Väter, die ihn böse fixierten und entrostet die Kämme schüttelten, gab er ihnen Wasser und Futter; dasselbe tat er Käfig für Käfig, wobei er sich fragte, dank welcher Vorsehung er gerade in dem Moment auf die Daphne gelangt war, in dem die Vögel nichts mehr hatten. Tatsächlich war er schon seit zwei Tagen auf dem Schiff, und spätestens am Tag vor seiner Ankunft mußte jemand die Volleren versorgt haben. Er kam sich vor wie ein Eingeladener, der zu spät auf einem Fest erscheint, gerade als die letzten Gäste gegangen und die Tische noch nicht abgeräumt sind.
Im übrigen steht nun fest, sagte er sich, daß jemand vor kurzem hier war und nun fort ist. Ob dieser jemand einen oder zehn Tage vor meiner Ankunft hier war, ändert nichts an meinem Schicksal, sondern macht es höchstens noch grotesker: Hätte ich einen Tag früher Schiffbruch erlitten, hätte ich mich den Männern der Daphne anschließen können, wohin sie auch immer gefahren sein mögen. Oder nein, vielleicht wäre ich auch mit ihnen gestorben, wenn sie jetzt tot sind. - Roberto seufzte erleichtert auf (wenigstens war es keine Geschichte mit Ratten!) und sagte sich, daß ihm jetzt immerhin auch Hühner zur Verfügung standen. Er überdachte seinen Vorsatz, die Zweibeiner edlerer Herkunft freizulassen, und kam zu dem Schluß, daß auch sie, wenn sein Exil sich in die Länge ziehen sollte, sich als eßbar erweisen könnten. Schön und farbenprächtig waren auch die Hidalgos vor Casale gewesen, dachte er, und doch haben wir auf sie
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