Die Insel Des Vorigen Tages
Frankreich auf Beziehungsweise, es kam ihm gelegen, sie so aufzufassen, doch er unternahm nichts, weil er noch damit beschäftigt war, die Protestanten in La Rochelle zu belagern. Spanien sah jenes Massaker an einer Handvoll Ketzer zwar durchaus mit Wohlgefallen, ließ aber zu, daß Gonzalo es sich zunutze machte, um mit achttausend Mann Casale zu belagern, das nur von etwas mehr als zweihundert Soldaten verteidigt wurde. Und das war die erste Belagerung von Casale.
Da jedoch der Kaiser keinerlei Bereitschaft zum Einlenken zeigte, witterte Carlo Emanuele Gefahr und nahm während er weiter mit den Spaniern kollaborierte - insgeheim Kontakte zu Richelieu auf Inzwischen war La Rochelle gefallen, Richelieu wurde vom Hof in Madrid zu diesem schönen Sieg des rechten Glaubens beglückwünscht, er bedankte sich, holte sein Heer zurück, ließ es im Februar 29 mit Ludwig XIII. an der Spitze über den Montgenèvre marschieren und brachte es vor Susa in Stellung.
Carlo Emanuele erkannte, daß er, wenn er weiterhin an zwei Tischen spielte, nicht nur das Monferrat verlieren würde, sondern auch Susa, und so entschloß er sich zu einem Versuch, den Franzosen zu verkaufen, was sie ihm gerade wegnehmen wollten, indem er ihnen die Festung Susa im Tausch gegen eine französische Stadt anbot.
Ein Tischgenosse Robertos erzählte die Geschichte in amüsiertem Ton. Richelieu habe den Herzog in schönem Sarkasmus fragen lassen, ob er Orleans oder Poitiers vorziehe, derweil sei ein französischer Offizier vor der Garnison von Susa erschienen und habe um Quartier für den König von Frankreich gebeten. Der savoyische Garnisonskommandant, der ein Mann von Geist war, habe erwidert, vermutlich werde Seine Hoheit der Herzog überglücklich sein, Seine Majestät zu beherbergen, aber da Seine Majestät mit einem so großen Gefolge gekommen sei, müsse man ihm schon gestatten, zuerst Seine Hoheit zu avisieren. Mit nicht geringerer Eleganz habe daraufhin der Maréchal de Bassompierre, im Schnee karakolierend, den Hut vor seinem König gezogen, ihm gemeldet, daß die Musiker Einzug gehalten hätten und die Türsteher an der Tür stünden, und habe um die Erlaubnis gebeten, den Tanz zu beginnen ... Richelieu las eine Messe auf freiem Feld, die französische Infanterie griff an, und Susa wurde genommen.
Bei diesem Stand der Dinge entschloß sich Carlo Emanuele, Ludwig XIII. als seinen hochgeehrten Gast zu behandeln, ritt ihm entgegen, um ihn willkommen zu heißen, und bat ihn lediglich, keine Zeit mit Casale zu verlieren, das er schon selber besetzen werde, sondern ihm statt dessen zu helfen, Genua einzunehmen. Er wurde höflich aufgefordert, keine Unbesonnenheiten zu sagen, sodann wurde ihm eine schöne Gänsefeder in die Hand gedrückt, auf daß er einen Vertrag unterzeichne, in welchem er den Franzosen gestattete, sich in Piemont frei zu bewegen, wie immer es ihnen beliebte. Als Gegenleistung ließen sie ihm Trino und auferlegten dem Herzog von Mantua, ihm einen jährlichen Pachtzins für das Monferrat zu bezahlen. »Und so mußte der Nevers«, schloß der Tischgenosse, »um sein Erbe zu kriegen, Pachtzins an einen bezahlen, der es nie besessen hatte!«
»Und er hat bezahlt!« lachte ein anderer. »Der Idiot!«
»Nevers hat immer für seine Narreteien bezahlt«, sagte ein Abbé, der Roberto als Toiras’ Beichtvater vorgestellt worden war. »Nevers ist ein Narr Gottes, der sich für Sankt Bernhard hält. Er hat immer nur daran gedacht, die christlichen Fürsten zu einem neuen Kreuzzug zusammenzubringen. Man stelle sich vor, in Zeiten, da sich die Christen gegenseitig umbringen, meint er, es kümmere sich noch jemand um die Ungläubigen! Ihr Herren von Casale, wenn von Eurer liebenswerten Stadt hier noch ein Stein auf dem anderen bleibt, müßt Ihr Euch gewärtig sein, daß Euer neuer Herr Euch alle nach Jerusalem einlädt!« Der Abbé lächelte amüsiert und strich sich den gepflegten blonden Schnurrbart, während Roberto dachte: Sieh an, heute morgen wäre ich beinahe für einen Narren gestorben, und dieser Narr wird hier Narr genannt, weil er, genau wie ich es getan habe, von den Zeiten der schönen Melisande und des Aussätzigen Königs träumt!
Auch die weiteren Geschehnisse erlaubten Roberto nicht, sich zwischen den verschiedenen Strängen jener Geschichte zurechtzufinden. Verraten von Carlo Emanuele, begriff Gonzalo de Córdoba, daß er den Feldzug verloren hatte, anerkannte das Abkommen von Susa und führte seine achttausend Mann
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