Die Insel Des Vorigen Tages
Belagerung gibt es nichts anderes zu tun, nichts als die anderen zu behindern und abzuwarten.
Am nächsten Morgen kam dann wie versprochen der Sturm auf das Fort. Roberto fand sich, die Büchse im Arm, inmitten eines undisziplinierten Haufens von Leuten, die keine Lust gehabt hatten, in Lù, in Cuccaro oder in Odalengo zu arbeiten, sowie umgeben von schweigsamen Korsen, alle zusammengedrängt auf Booten, um den Po zu überqueren, nachdem zwei französische Kompanien bereits ans andere Ufer übergesetzt waren. Toiras mit seinem Gefolge beobachtete die Aktion vom rechten Ufer aus, und der alte Pozzo winkte seinem Sohn einen Gruß zu, indem er ihm zuerst mit der Hand »Los, los!« bedeutete und sich dann den Zeigefinger ans Jochbein legte, um ihm zu signalisieren:
»Augen auf!« Die drei Kompanien verbarrikadierten sich im Fort. Der Bau war nicht fertiggestellt worden, und Teile waren schon wieder eingestürzt. Die Männer verbrachten den Tag damit, die Löcher in den Mauern zu stopfen, aber das Fort wurde gut geschätzt durch einen Graben, vor den einige Wachen postiert worden waren. Als die Nacht kam, war der Himmel so klar, daß die Wachen eindösten, und auch die Offiziere hielten einen Angriff für nicht wahrscheinlich. Doch plötzlich erklang das Trompetensignal, und spanische Leichte Reiter erschienen.
Roberto, der von Capitano Bassiani hinter einige Strohballen postiert worden war, die ein Loch in der Mauer verstopften, begriff nicht gleich, was vorging: jedem Reiter folgte ein Musketier, und als sie beim Wassergraben angelangt waren, begannen die Reiter an ihm entlangzureiten, während die Musketiere das Feuer eröffneten und die wenigen Wachen liquidierten; danach warfen sie sich zu Boden und robbten in den Graben. Während die Reiter einen Halbkreis vor dem Tor bildeten und die Verteidiger durch intensiven Beschuß zwangen, in Deckung zu bleiben, erreichten die Musketiere ohne Verluste das Tor und die schlechter verteidigten Breschen.
Die italienische Kompanie, die mit der Wache beauftragt war, ballerte ihre Waffen leer und lief dann in Panik auseinander, und dafür sollte sie noch lange geschmäht werden, aber auch die französischen Kompanien wußten nichts Besseres zu tun. Vom Beginn des Angriffs bis zur Erstürmung der Mauern waren nur wenige Minuten vergangen, und die Männer wurden von den eingedrungenen Angreifern überrascht, als sie ihre Waffen noch nicht ergriffen hatten.
Die Feinde nutzten ihren Vorteil und metzelten die Überraschten nieder, und sie waren so zahlreich, daß, während einige noch die Lebenden niederstreckten, andere schon begannen, die Gefallenen zu plündern.
Roberto, der auf die Musketiere geschossen hatte, war, als er mit Mühe nachlud, die Schulter noch schmerzend vom Rückstoß, durch den Angriff der Reiter überrascht worden, und die Hufe eines Pferdes, das über seinem Kopf durch die Bresche sprang, hatten die Barrikade über ihm zusammenstürzen lassen. Das war ein Glück für ihn, denn geschätzt durch die Strohballen war er dem tödlichen ersten Ansturm entgangen, und nun spähte er unter dem Stroh hervor und sah mit Entsetzen, wie die Feinde den Verwundeten den Rest gaben, ihnen da einen Finger abschnitten, um einen Ring zu erbeuten, und dort eine Hand, um einen Armreifen zu ergattern.
Capitano Bassiani schlug sich heldenmütig, um die Schande seiner geflohenen Männer wettzumachen, aber bald war er umzingelt und mußte sich ergeben. Am Flußufer hatte man bemerkt, daß die Situation kritisch war, und Colonel La Grange, der das Fort gerade erst nach einer Inspektion verlassen hatte, um nach Casale zurückzukehren, wollte den Verteidigern zu Hilfe eilen, wurde jedoch zurückgehalten von seinen Offizieren, die ihm rieten, lieber Verstärkung aus der Stadt zu holen. Vom rechten Ufer legten weitere Boote ab, als Toiras, aus dem Schlaf gerissen, herangaloppiert kam. Bald hatten alle begriffen, daß die Franzosen geschlagen waren und daß nichts anderes mehr zu tun blieb, als den Entkommenen durch Sperrfeuer zu helfen, den Fluß zu erreichen.
In diesem Durcheinander sah man den alten Pozzo, wie er staubaufwirbelnd zwischen dem Stab und der Bootsanlegestelle hin- und hergaloppierte, um unter den Entkommenen nach seinem Sohn zu suchen. Als so gut wie sicher war, daß keine Boote mehr kommen würden, hörte man ihn »Himmelarsch!« rufen.
Dann wählte er als ein Mann, der die Launen des Flusses kannte - und zugleich alle, die sich bisher mit Rudern abgemüht hatten, als
Weitere Kostenlose Bücher