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Die Insel Des Vorigen Tages

Die Insel Des Vorigen Tages

Titel: Die Insel Des Vorigen Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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zurück nach Mailand. Eine französische Garnison installierte sich in Casale, eine weitere in Susa, und der Rest von Ludwigs Armee ging über die Alpen zurück, um die letzten Hugenotten im Languedoc und im Rhonetal zu erledigen.
    Aber keiner von all diesen hohen Herren dachte daran, sich an die Verträge zu halten, und die Tischgenossen sprachen darüber, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, ja, einige billigten es ausdrücklich unter Verweis auf »la Raison d’Estat, ah, la Raison d’Estat« . Aus Staatsräson sah Olivares ein - und wie Roberto verstand, war Olivares so etwas wie ein spanischer Richelieu, nur weniger vom Glück verwöhnt -, daß er eine sehr schlechte Figur gemacht hatte, woraufhin er Gonzalo in übler Weise entließ, Ambrosio Spinola an seine Stelle setzte und zu behaupten begann, die Spanien angetane Beleidigung ziele gegen die Kirche. »Unsinn«, kommentierte der Abbé, »Urban VII. hat die Erbfolge des Nevers favorisiert.« Und Roberto fragte sich, was der Papst mit Geschichten zu tun hatte, die in keiner Beziehung zu Fragen des Glaubens standen.
    Unterdessen erinnerte sich der Kaiser - und wer weiß, wie sehr ihn Olivares dazu gedrängt haben mochte -, daß Mantua noch immer unter Zwangsverwaltung stand und daß Nevers für etwas, das er noch gar nicht bekommen hatte, weder bezahlen noch nicht bezahlen konnte. Er verlor die Geduld und sandte zwanzigtausend Mann, die Stadt zu belagern. Der Papst, der bereits protestantische Söldnerhaufen durch Italien ziehen sah, dachte sofort an eine neue Plünderung Roms und schickte Truppen an die Grenze des Mantuanischen. Spinola, ehrgeiziger und resoluter als Gonzalo, beschloß, Casale erneut zu belagern, aber diesmal richtig. Kurzum, so folgerte Roberto, wenn man Kriege vermeiden will, dürfte man niemals Friedensverträge schließen.
    Im Dezember 1629 überschritten die Franzosen erneut die Alpen, und Carlo Emanuele hätte sie vertragsgemäß durchlassen müssen, aber er brachte, nur zum Beweis seiner Loyalität, erneut seine Ansprüche auf das Monferrat vor und ersuchte um sechstausend französische Soldaten zur Belagerung von Genua, was wahrhaftig seine fixe Idee war. Richelieu, der ihn für eine Schlange hielt, sagte weder ja noch nein. Ein Tischgenosse Robertos, ein Hauptmann, der sich in Casale kleidete, als ob er bei Hofe sei, erinnerte an einen Tag im Februar des vergangenen Jahres: »Es war ein prächtiges Fest, mes amis, es fehlten nur die Musiker vom Palais Royal, aber dafür gab’s die Fanfaren! Seine Majestät, gefolgt von der Armee, sprengte vor Turm in einem goldbetreßten schwarzen Rock, eine Feder am Hut, und der Brustharnisch schimmerte, daß es eine Pracht war!« Roberto hatte die Erzählung eines Sturmangriffs erwartet, aber nein, auch hier war’s wieder nur eine Parade gewesen; der König griff nicht an, sondern machte einen überraschenden Abstecher nach Pinerolo und nahm es ein - oder nahm es wieder ein, wenn man bedenkt, daß es vor ein paar Jahrhunderten schon einmal eine französische Stadt gewesen war. Roberto hatte eine vage Vorstellung, wo Pinerolo lag, nämlich irgendwo im Südwesten von Turm, und er verstand nicht, wieso man es einnehmen mußte, um Casale zu befreien. »Werden wir vielleicht in Pinerolo belagert?« fragte er sich.
    Der Papst, besorgt über diese neue Wendung der Dinge, schickte einen Gesandten zu Richelieu mit dem Rat, die Stadt an Savoyen zurückzugeben. Bei der Erwähnung dieses Gesandten brach die Tischrunde in erregte Schmähreden aus: ein gewisser Giulio Mazzarini, ein Sizilianer, ein römischer Plebejer, ach was, viel schlimmer noch, überbot der Abbé: der Bastard eines obskuren Subjekts aus dem römischen Hinterland, man weiß nicht wie zum Hauptmann befördert, ein Mann in Diensten des Papstes, aber mit allen Mitteln bemüht, das Vertrauen Richelieus zu gewinnen, der ihm inzwischen blind vertraute; und man mußte ihn weiter im Auge behalten, war er doch im Moment gerade in Regensburg oder zumindest dorthin unterwegs, also in die Höhle des Löwen - denn dort würde sich das Schicksal von Casale entscheiden, nicht in ein paar Minengängen oder Gegengängen.
    Unterdessen nahm Richelieu, da Carlo Emanuele den französischen Truppen die Verbindungslinien abzuschneiden versuchte, auch die Städte Annecy und Chambéry, und es kam bei Avigliana, kurz vor Turin, zu einem Zusammenstoß zwischen Savoyern und Franzosen. Und währenddessen bedrohten, in dieser langsamen, langen Partie, die

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