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Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
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möglichen widerwärtigen Mist geschrieben, und es hat mir wehgetan, darüber zu schreiben, eben weil es so ekelhaft oder schrecklich oder peinlich für mich war. Aber das, was jetzt kommt, ist schlimmer als alles andere. Viel schlimmer. Am liebsten würde ich jetzt auf der Stelle zu schreiben aufhören und mir den Rest ersparen.
    Aber das wäre echt feige.
    Und es ist ja nicht so, dass ich nicht gewusst hätte, was jetzt kommt. Seit Tagen weiß ich das, seit ich den Satz »Der Rest der Geschichte« niedergeschrieben habe. Ich wusste, was in dieser Nacht bei den Käfigen passiert ist, ich wusste, wie weh es mir tun würde, es niederzuschreiben. Jetzt, wo es so weit ist, kann ich es nicht einfach abblasen. Obwohl es genau das wäre, was ich jetzt gerne tun würde.
    Schließlich ist es das Ende der Geschichte, und sie aufzuschreiben hat mich bereits mehrere Kugelschreiber, mein dickes, spiralgebundenes Notizheft und den größten Teil des kleineren Heftes gekostet hat, das ich in Erins Zimmer gefunden habe. Alles seit den »letzten Worten« am
Ende meines Tagebuches steht in diesem neuen Heft. Und die ganze Arbeit habe ich mir nur gemacht, um festzuhalten, was seit dem Zeitpunkt, an dem Wesley uns zu Schiffbrüchigen gemacht hat, auf dieser Insel geschehen ist. Bestimmt habe ich siebzig oder achtzig Stunden dafür gebraucht. Das alles habe ich nicht auf mich genommen, damit ich es jetzt im letzten Augenblick mit der Angst zu tun bekomme und aufhöre, bevor ich die Geschichte zu Ende erzählt habe.
    Also mache ich weiter.
     
    Langsam schlich ich mich durch das Buschwerk von hinten an einen der sieben vom Feuerschein nur schwach beleuchteten Gorillakäfige heran. Von meinem Versteck aus war der Käfig nichts weiter als ein undeutlich erkennbarer, dunkler Fleck. Mir kam er leer vor, aber sicher wusste ich es nicht. Der Feuerschein war ziemlich weit von ihm entfernt.
    Mit Speer und Machete in Händen kroch ich zwischen den Büschen hervor und eilte an dem Käfig entlang nach rechts, wobei ich darauf achtete, dass sich mein Speer nicht in den Gitterstäben verfing. Als ich die Ecke des Käfigs umrundet hatte, sah ich, woher das Feuer kam.
    Vermutlich hatte Wesley eine hell lodernde Fackel auf einen der anderen Käfige geworfen. In ihrem Licht konnte ich erkennen, dass der Käfig vor mir leer war, ebenso der Käfig daneben. Die Fackel schien sich direkt über dem dritten Käfig zu befinden, der weiter weg war, als ich zuerst gedacht hatte.
    Jeder der Käfige hatte einen rechteckigen Grundriss und war etwa acht Meter lang, fünf Meter breit und vier Meter hoch. Zwischen den einzelnen Käfigen waren jeweils
fast zwei Meter freier Raum, was bedeutete, dass die Fackel etwa fünfundzwanzig Meter weit von mir entfernt war.
    Wegen der großen Distanz und dem ungünstigen Winkel sah ich nicht, ob sich auf dem Käfig mit der Fackel jemand befand.
    Aber ich sah, dass in dem Käfig eine Frau war. Ihr Gesicht war dunkel, aber trotz der Entfernung, der Gitterstäbe und des schwachen Lichts erkannte ich sie an ihrer Figur. Sie stand in der Mitte des Käfigs direkt unter der Fackel, und der nackte, flackernd beleuchtete Körper gehörte unverwechselbar Billie.
    Sie drehte sich langsam um die eigene Achse, als suche sie jemanden.
    Vielleicht suchte sie mich.
    Als sie in meine Richtung blickte, hatte ich das Gefühl, als blicke sie mich an, obwohl sie mich wohl kaum von der tiefen Dunkelheit hinter den Käfigen unterscheiden konnte.
    Aber wo war Wesley? , fragte ich mich. Hockte er neben der Fackel auf Billies Käfig, oder schlich er sich im Dschungel lautlos von hinten an mich heran?
    Ich brauchte eine bessere Sicht auf Billies Käfig.
    Vielleicht sollte ich auf den Käfig vor mit klettern und …
    Nein. Selbst wenn ich stark genug gewesen wäre, mich an den glatten Eisenstangen hinaufzuhangeln, hätte ich dazu den Speer und die Machete ablegen müssen.
    Und die gab ich nicht aus der Hand. Zumindest nicht, solange ich jeden Augenblick mit Wesleys Angriff rechnen musste.
    Ich behielt also meine Waffen bei mir und zog mich langsam in den Dschungel zurück. Dort schlug ich einen
Weg parallel zu den Gorillakäfigen ein, wobei ich immer die Fackel im Auge behielt.
    Zuerst plante ich, mich leise an Billies Käfig heranzuschleichen und zu schauen, ob Wesley darauf hockte. Aber wenn ich ihn sehen konnte, konnte er mich ebenfalls sehen.
    Und dann kam mir eine bessere Idee.
    Such ihn nicht - frag lieber jemanden.
    Ich blieb auf Kurs und tastete mich

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