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Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
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Und töten durfte man sie schon gar nicht. Außerdem war Thelma Kimberlys Schwester gewesen. Ich fühlte mich fürchterlich schuldig.
    Andererseits konnte man nicht sagen, dass Thelma ihr Schicksal nicht verdient gehabt hätte. Sie hatte sich mit Wesley verbündet, der immerhin ihren eigenen Vater und den Mann ihrer Schwester auf dem Gewissen hatte. Und sie hatte zusammen mit Wesley widerlich brutale und wirklich kranke Sachen mit Billie, Connie und Kimberly angestellt. Und mit den beiden Mädchen, Erin und Alice. Davon, dass sie Wesley vermutlich geholfen hatte, die Eltern der beiden umzubringen, einmal ganz zu schweigen.

    Und als ob das immer noch nicht genug wäre, hatte sie auch mehrmals versucht, mich umzubringen - und das nicht nur damals am Wasserfall, als es statt mich beinahe Connie erwischt hätte. Ich hatte verdammtes Glück, dass ich noch am Leben war.
    Außerdem hatte ich sie nicht kaltblütig abgemurkst. Unser Kampf in der Bucht war aus meiner Sicht reine Notwehr gewesen und die Sache mit der Machete eine Art Unfall, der nicht passiert wäre, wenn sie sich nicht tot gestellt hätte - oder was immer sie da auch gemacht hatte.
    Eigentlich war sie selbst schuld an ihrem Tod.
    Irgendwie war ich sogar sauer auf Thelma, weil sie mich gezwungen hatte, sie zu töten.
    Andererseits jedoch …
    Vielleicht sollte ich das lieber nicht aufschreiben.
    Aber warum nicht, zum Teufel? Wen will ich denn beeindrucken? Ein Tagebuch ist doch dazu da, alles Geschehene festzuhalten, und zwar so wahrheitsgetreu wie möglich.
    Es stimmt schon, dass ich mich ziemlich mies gefühlt habe, weil ich Thelma getötet hatte. Besonders weil sie Kimberlys Schwester war und ich Kimberly auf gar keinen Fall noch mehr Leid zufügen wollte.
    Und dennoch …
    Ein Teil von mir fühlte sich richtig großartig, weil ich Thelma getötet hatte.
    Es war ein Kampf ums nackte Überleben gewesen, ein Kampf bis zum bitteren Ende, bei dem es hieß: Sie oder ich. Und ich hatte sie kaltgemacht!
    Klar, irgendwie war ich entsetzt darüber, hatte Schuldgefühle, fühlte mich von mir selber angewidert und war
total erschöpft - aber Herr im Himmel, die ganze Sache war auch so aufregend gewesen, dass ich innerlich noch immer zitterte, als ich über den Rasen auf das Haus zuging. Wie einer, der nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, fuchtelte ich mit der Machete triumphierend in der Luft herum und presste hinter geschlossenen Zähnen immer wieder ein »Ja! Ja! Ja!« hervor.
    Eine hatte ich erledigt. Einer war noch übrig.
    Und mit etwas Glück war dieser eine schon jetzt keine Gefahr mehr. Nach seinem bösen Treppensturz war Wesley immerhin so schlimm verletzt gewesen, dass Thelma ohne ihn meine Verfolgung hatte aufnehmen müssen. Gut möglich, dass er sich ein Bein gebrochen hatte. Vielleicht sogar das Genick.
    Irgendwie hoffte ich ja, dass der Sturz ihn nicht das Leben gekostet hatte. Er sollte nur so weit außer Gefecht gesetzt sein, dass ich leichtes Spiel mit ihm hatte.
    Im Haus brannte noch immer das Licht, das Wesley oder Thelma vorhin eingeschaltet hatten, um mich besser verfolgen zu können. Offenbar hatte es niemand ausgemacht.
    Das war ein gutes Zeichen.
    Es konnte bedeuten, dass Wesley zumindest bewegungsunfähig war.
    Auf dem Weg zur Haustür sah ich nach meinem Rucksack, der noch immer in dem Gebüsch vor der Veranda lag. Bis ich mit Wesley abgerechnet hatte, konnte er dort bleiben. Als ich zur Veranda hinaufstieg, sah ich in einer Fensterscheibe mein Spiegelbild und stellte fest, dass die Schraube des Außenborders meine Shorts noch mehr ramponiert hatte, als ich dachte. Beide Taschen waren weggerissen, und Andrews Feuerzeug, Billies Sonnencreme und
der Räucherfisch waren für immer verloren. Gut, dass ich wenigstens das Rasiermesser in die Socke gesteckt hatte. Dort befand es sich auch jetzt noch.
    Auch sonst war von den Shorts so wenig übrig geblieben, dass es sich kaum lohnte, sie noch anzuhaben. Unterhalb des Gürtels klafften riesige Löcher, durch die man meine nackte Haut und meine intimsten Körperteile sehen konnte.
    Irgendwie gefiel mir das.
    Den Broadway würde man in einem solchen Aufzug vielleicht nicht entlangspazieren, aber hier waren wir nun mal auf einer tropischen Insel, auf der es niemanden gab außer mir und meinen Frauen.
    Und Wesley natürlich.
    Den durfte ich nicht vergessen.
    Noch nicht.
    Die Machete in der rechten Hand und das Rasiermesser in der Socke betrat ich das Haus durch die weit offen stehende Vordertür. Hatte

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