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Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
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Mal an diesem Ort gefühlt! Da hatte ich zerschlagen, von Schmerzen gepeinigt und völlig verzweifelt ebenfalls unter dem Wasserfall gestanden. Darauf werde ich später noch detaillierter eingehen. Aber nicht jetzt. Jetzt möchte ich über das schreiben, was vergangene Nacht passiert ist.
    Ich möchte schreiben, wie ich nackt unter dem Wasserfall stand, wie ich die Augen schloss und spürte, wie mir das Wasser auf den Kopf platschte und wie warmes Öl weich über den ganzen Körper lief.
    Ich dachte daran, wie vor einigen Tagen Connie hier gestanden hatte. Sie war ebenfalls nackt gewesen und hatte sich den von Mückenstichen juckenden Körper mit ihrem zusammengeknüllten T-Shirt abgerieben. Sie hatte mir damals den Rücken zugedreht, aber jetzt, als ich so dastand, stellte ich mir vor, dass sie sich umdrehte.
    Und dann wurde ich sie.
    Ich wurde Connie, die ihren nackten, verführerischen Körper einem imaginären Rupert zeigte.
    Jetzt, wo ich es einen Tag später in mein Tagebuch schreibe, kommt mir das alles ein wenig seltsam vor.
    Sagen wir einfach, dass vergangene Nacht dort droben unter dem Wasserfall so viele verschiedene Gefühle in mir brodelten, dass ich gut und gerne komplett verrückt hätte werden können.
    Ich kann von Glück sagen, dass mir nach einer Weile wieder einfiel, weshalb ich hinauf zur Lagune gekommen war.
    Hauptsächlich, um nach Connie, Billie und Kimberly zu suchen.

    Nicht nach ihren Geistern, nicht nach den Erinnerungen an sie, sondern nach ihren realen Körpern. Ob lebendig oder tot.
    Und ich wollte herausfinden, wo Wesley und Thelma sich aufhielten.
    Und sie töten. Falls das möglich war.
    Und so trat ich unter dem Wasserfall hervor und watete hinüber zu dem flachen Felsen, auf den wir damals die verletzte Connie gelegt hatten. Dort stieg ich aus dem Wasser und fing an, neben dem Wasserfall nach oben zu klettern.
    Dabei fühlte ich mich noch immer ziemlich sonderbar. Ich war klatschnass und zitterte am ganzen Körper. Sogar mein Unterkiefer bebte. Obwohl es bestimmt nicht kälter geworden war, seit ich das Wasser verlassen hatte, kam es mir so vor, als wäre die Temperatur um zwanzig Grad gefallen. Außerdem hatte eine seltsame Mischung aus Angst und Aufgeregtheit das Gefühl von Stärke und Unverwundbarkeit ersetzt, das ich noch unter dem Wasserfall verspürt hatte.
    Oben angekommen, drehte ich mich um und warf einen Blick hinab auf die Lagune.
    Meine Lagune.
    Sie war wunderschön, und sie gehörte mir allein. Sie war mein privater kleiner See, ein Ort, an dem ich völlig frei und völlig sicher war, wo ich mich ungestört den Erinnerungen an Kimberly, Connie und Billie hingeben und sie in meiner Fantasie wieder auferstehen lassen konnte.
    Imaginäre Freundinnen und Geliebte waren immer noch besser als überhaupt keine.
    In mancherlei Hinsicht haben sie sogar Vorteile gegenüber ihren lebenden Pendants. Wenn sie nur im eigenen Kopf existieren, kann sie keiner umbringen.

    Außerdem machen sie alles mit …
    (Jetzt verliere ich mich wieder in meinen Hirngespinsten. Gut möglich, dass ich ganz knapp an einem Nervenzusammenbruch vorbeigeschrammt bin. Oder vielleicht hatte ich ja einen? Habe ihn immer noch? Haha. Wie lustig. Und dabei bin ich noch nicht mal beim SCHLIMMEN Teil dieser Nacht angelangt. Auch wenn der nicht ganz so schlimm ist wie unsere Niederlage vor ein paar Tagen, als wir angegriffen wurden und meine drei Frauen …
    Egal. Das kommt später. Jetzt muss ich erst mal die letzte Nacht zu Ende bringen.)
    Ich lasse jetzt den ganzen verrückten Mist weg, der mir durch den Sinn ging, als ich nackt und mit dem Rasiermesser in der Socke durch den Dschungel oberhalb des Wasserfalls schlich. Ich habe noch so viel aufzuschreiben, da muss ich mich nicht mit so etwas aufhalten (mal ganz zu schweigen davon, dass ich mein Notizbuch bereits zu drei Vierteln voll geschrieben habe. Es bleiben mir noch etwa hundert leere Seiten, und das auch nur, wenn ich Vorder- und Rückseite jedes Blattes zähle.)
    Also erzähle ich jetzt einfach, was vergangene Nacht passiert ist. Vom oberen Rand des Wasserfalls aus folgte ich weiter dem Lauf des Baches und stieg abwechselnd im Schatten und im Mondlicht hinauf zu der Stelle zwischen den Felsen, an der wir am Tag unserer Niederlage, die ich für mich als »unser Waterloo« bezeichne, auf Kimberly gestoßen sind. Hier war der beste Ausgangspunkt für meine Suche.

Die Ruhe vor dem Sturm
    Bevor ich weiter erzähle, was gestern Nacht passiert ist, sollte

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