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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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Bewährung. Es wurde uns klargemacht, daß die anderthalb Meilen von der Landestelle bis zu unserm Haus ein Vergnügen sind, wenn man ein Pfund Speck und eine Flasche Gin trägt, noch dazu auf einem landschaftlich so schönen Pfad. Etwas ganz anderes war es dagegen, einen Möbelwagen-Inhalt hier hinauf zu expedieren.
    Die von der Zivilisation angekränkelten Nachbarn auf der Südseite der Bucht hatten Gott sei Dank eine Straße. Sie erlaubten uns, ihre Straße zu benutzen. Zwar war sie steil und ausgefahren und endete schon mindestens siebzig Meter vor unsrer Bucht. Doch liehen sie uns auch drei Ruderboote und einen Außenbordmotor. Daher banden Don und Harris alle Boote aneinander und beluden sie mit unsrer ganzen Habe. Harris bestand darauf, das erste Boot zu steuern, und das war dumm, denn er schien sich’s in den Kopf gesetzt zu haben, daß wir nicht nach Vashon, sondern zurück nach Seattle wollten. Also steuerte er munter aufs offene Wasser zu, und in seinem Kielwasser strudelten verlorene Stühle, Bücher und Kissen.
    Doch war Harris nicht nur dumm. Er war auch stark, und gegen Abend hatten wir fast alle Sachen auf der Ufermauer, einige Besitztümer sogar schon im Hause und die Waschmaschine noch in einem der drei Boote. Ich lud Harris zum Essen ein, doch meinte er, wenn er sich nicht beeile, könnte die Flut den letzten handbreiten Streifen Strand überschwemmen und ihm den Rückzug abschneiden. Also zahlte Don seinen Lohn, und er verschwand.
    Nun torkelten wir alle müde den Fußweg zu unserm schönen Haus hinan, das so kalt wie eine Gruft und mit Kram vollgestopft war. Während Don und Joanie lodernde und ebenso schnell zusammensinkende Feuer aus Pappkartons in den verschiedenen Kaminplätzen anzündeten, wühlten Anne und ich aufgeregt in den verschiedensten Behältnissen, um Lebensmittel zu suchen. Am Abend vorher hatte ich noch einen Schinken und eine Kruke mit Bohnen gebacken und war mir dabei ganz historisch vorgekommen. Alles sollte am Umzugsabend gemütlich und gleich bei der Hand sein, hatte ich Don erklärt. Aber wo war das Essen geblieben? Doch wohl nicht in der Vasen-Kiste? Und bestimmt nicht zwischen den Bildern! Nachdem wir eine Stunde gesucht hatten, waren wir der Ansicht, es könnte wohl doch noch bei den Sachen auf der Ufermauer sein. Ich rief den Hund Tudor, nahm mir eine elektrische Taschenlampe und ging nach unten.
    Obwohl mir Hals, Arme, Beine und Handflächen höllisch weh taten und bei jedem Schritt auf dem kleinen unebenen Fußpfad noch schlimmer schmerzten, berauschte mich doch ein köstliches Gefühl von Geborgenheit bei dem Gedanken, daß dies hier unser Pfad war und daß ich jetzt zu unserer Ufermauer hinunterstieg.
    Als ich unten anlangte, erlebte ich eine neue große Sensation: ich hörte die Wellen gegen die hölzernen Stützpfeiler gluckern und begriff, daß es ja unsere Wellen waren.
    Ich ließ das Licht über die auf der Ufermauer hoch aufgestapelten Sachen spielen und hoffte – trotz besserer Überzeugung – daß sich ein mit «Lebensmittel» bezeichneter Karton darunter befände, oder daß der Schinken sonstwie seine Anwesenheit kundtun würde. Er tat es nicht, daher rief ich Tudor. «Komm her, Tudor!» rief ich freundlich. «Komm her, alter Knabe!» Von meiner Mutter, die eine große Hundefreundin ist, hatte ich immer gehört, daß ein Hund seinem Herrn aus der Klemme hilft. Ich erwartete also etwas von «des Menschen bestem Freund». Ich rief ihn noch freundlicher. «Hierher, Tudorchen!» Er schnupperte einen Felsen ab und beachtete mich überhaupt nicht. «Tudor!» rief ich energisch. Sofort legte er sich platt auf den Boden, vergrub den Kopf zwischen den Pfoten und erwartete einen Hieb. Da machte ich meine Stimme wieder honigsüß. «Tudor, komm her!» säuselte ich – laut genug, um die Wellen zu übertönen, aber nicht so laut, um das kleine Biest zu ängstigen. «Gutes Fressen, Tudor, alter Kerl! Gutes Fressen, Tudorchen! Such, such!» Voller Begeisterung tätschelte ich das Gebirge aus Schachteln und Kisten. Tudor hob den Kopf, warf mir einen verächtlichen Blick zu und lief nach oben.
    Tudor konnte mir also nichts nützen, doch war mir ein Einfall gekommen. Ich begann selbst an den Kisten zu schnuppern. Es war nicht so einfach, neben dem Geruch nach Seetang und Salzwasser auch noch etwas anderes festzustellen, aber dann fand ich ihn, den Schinken. Er lag unter einigen Büchern auf den Wohnzimmergardinen.
    Erst wollte ich durchaus, daß wir uns alle um

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