Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende
führte mich rasch und problemlos zu Niamors Haus, und er war sogar da. Tatsächlich lag er noch im Bett, als ich an seine Tür klopfte; Leute wie er schliefen in Gorthen-Hafen lange.
Sein anfängliches Murren verwandelte sich augenblicklich in Freude, als er sah, wer ihn aufgeweckt hatte. Als er mich hereinwinkte, tat er das mit deutlichen Hinweisen auf mögliche Vergnügungen, und dann lief er hin und her, um mir etwas zu trinken zu besorgen, während ich mich umsah. Seine Zimmer waren gemütlicher als jeder andere Raum, den ich jemals auf Gorthen-Nehrung gesehen hatte. Sie waren geräumig, sauber und gut ausgestattet. Niamor achtete darauf, dass er nicht zu kurz kam.
» Schon weitergekommen, was deine Sklavin betrifft?«, fragte er, während er mir ein Getränk reichte, das in einem geschnitzten Walknochenbecher dampfte. Es war ein Meeresalgentrunk, den ich von früheren Besuchen auf der Nehrung kannte. Er war zwar ohne Alkohol, aber trotzdem so intensiv, dass er einem den Atem verschlagen konnte.
Ich dämpfte meine Ungeduld. Wenn es um Dasrick ging, brauchte ich jede Information, die ich als Hebel oder Anreiz oder Bezahlung benutzen konnte. Ich beantwortete seine Frage mit einem Kopfschütteln. » Das Gleiche wollte ich dich fragen.«
Er schüttelte ebenfalls den Kopf. » Ich habe alle gefragt, die ich kenne, und sie alle behaupten, dass es auf der Nehrung keine cirkasische Sklavin gibt. Wenn jemand dir etwas anderes erzählt hat, dann wussten diejenigen nicht, wovon sie sprachen.«
Ich seufzte. » Oh. Nun gut. Zu schade, was? Und was ist mit dem Dunkelmeister? Hast du herausgefunden, wer es sein könnte?«
» Ich habe eine Liste gemacht mit allen, die an diesem Tag in der Trunkenen Scholle gegessen haben, und ich habe die meisten ausschließen können. Ich bin noch dabei, die Übrigen zu überprüfen und herauszufinden, wie lange sie schon auf der Insel sind. Aber du weißt, wie das auf Gorthen-Nehrung ist. Die Leute kommen und gehen wie Stinte auf dem Laichzug, und niemand bemerkt es. Ich lasse es dich wissen, wenn ich zu einem Ergebnis gekommen bin, aber der Name wird dich einiges kosten, meine Süße. Allerdings kannst du auch in Naturalien zahlen, wenn du willst. Ruhig auch im Voraus, wenn du magst.«
Er neigte den Kopf zur Seite und schenkte mir sein bezauberndes Lächeln. Einen Tag zuvor hätte ich noch ja gesagt, aber jetzt nicht mehr. Die anfängliche Anziehungskraft hatte sich so rasch aufgelöst wie die Farbe eines Seesterns in der Sonne. Was natürlich an Thor lag.
Verlegen räusperte ich mich, denn ich war mir nur zu sehr der Signale bewusst, die ich Niamor bis dahin gesendet hatte und die eine andere Geschichte erzählten. » Tut mir leid. Ich bin … äh, beschäftigt. Und, Niamor, sei bitte sehr, sehr vorsichtig. Wenn dieser Mistkerl auch nur die leiseste Ahnung hat, was du da tust …«
» Keine Sorge; ich bin sehr gut darin, auf meine eigene Haut aufzupassen … Hast du eigentlich gehört, was letzte Nacht passiert ist?«
» Dass die Cirkasin verschwunden ist? Ja.« Ich leerte den Becher und stand auf. » Ihr hübscher Freund hat es allen erzählt. Lächerlicher Junge – er hat mich mitten in der Nacht aufgeweckt, und jetzt bittet er alle, einen Suchtrupp zusammenzustellen. Er scheint das hier für eine Mittelinsel zu halten, auf der man sich an die Gesetze hält.«
» Ich habe dir ja gesagt, sie würde nicht lange auf Gorthen-Nehrung bleiben«, sagte er, während er mich zur Tür brachte. » Aber das war nicht das, was ich meinte. Davon hatte ich noch gar nichts gehört. Ich bin in den frühen Morgenstunden über Domino gestolpert. Er ist rasend vor Wut – offenbar hat jemand letzte Nacht sowohl Kill als auch Teffel getötet. Mit einem Schwert. Domino ist ganz und gar nicht glücklich. Er neigt dazu, solche Dinge sehr persönlich zu nehmen. Vielleicht bin nicht ich derjenige, der vorsichtig sein sollte.« Er neigte den Kopf leicht, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben. » Pass auf dich auf, mein hübscher Heißsporn.«
Er öffnete mir die Tür, und ich trat auf den Gang.
Ich kam nie bei dem Schiff der Wahrer an.
Sie warteten draußen auf mich, vor Niamors Haus. Und diesmal ließen sie mir nicht die geringste Chance, mein Schwert zu ziehen. Alles, was ich hörte, waren leise Schritte hinter mir, alles, was ich sah, war eine hoch erhobene Hand, die einen Knüppel hielt, als ich mich halb umdrehte und meine Hand zu spät nach dem Schwertheft griff.
10
Schmerz umfing mich, als
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